- Zoom ringt um Wachstum in einem Umfeld, in dem die Menschen zu ihrem normalen Tagesablauf zurückkehren
- Die Neuausrichtung des Unternehmens auf Enterprise-Lösungen wird sich angesichts des knallharten Wettbewerbs nicht so schnell rentieren
- Bis das Unternehmen seine Position auf diesem umkämpften Markt gefestigt hat, sollten Anleger diesen Titel besser meiden
Nachdem sich Zoom Video Communications Inc (NASDAQ:ZM) während der Corona-Pandemie zu einem der meistgenutzten Internet-Tools entwickelt hatte, scheint es seinen Fanclub verloren zu haben. Die Aktie gehört in diesem Jahr zu den Tech-Namen mit der schlechtesten Performance. Seit Januar ist Zoom um mehr als 55 % gefallen, und es gibt kaum Anzeichen dafür, dass ein Ende der Talfahrt in Sicht ist.
Die Abkehr der Anleger von der Aktie kommt nicht von ungefähr. Das in Unternehmen mit Sitz in San Jose, dessen Umsätze während der Pandemie explodierten, während Privatpersonen und Unternehmen in Scharen zu Videokonferenzen strömten, hat es schwer, das Wachstum in einem Umfeld anzukurbeln, in dem die Menschen zu ihrem normalen Alltag zurückkehren.
Im jüngsten Ergebnisbericht des Unternehmens zeichnete sich dieser Trend deutlich ab. Im 2. Quartal stieg der Umsatz um 7,6 % auf 1,1 Mrd. USD, das langsamste Wachstum im Jahresvergleich, das Zoom in der Unternehmensgeschichte verzeichnet hat. Außerdem wurde die Jahresumsatzprognose auf etwa 4,4 Mrd. USD gesenkt, nachdem sie im Mai noch bei 4,55 Mrd. USD angegeben wurde.
Eine weitere Sorge der Anleger ist, dass es Zoom schwer fällt, seine gewerblichen Umsätze zügiger zu steigern, um die Verluste bei den Online-Verkäufen auszugleichen. Zoom versucht, größere Kunden im Enterprise-Segment zu gewinnen, um das Wachstum in der Zeit nach der Pandemie anzukurbeln.
Um diese Kunden zu gewinnen, hat sich Zoom auf neue Produktbereiche, wie z. B. Software für Kundenkontaktzentren, konzentriert. Im Juni führte das Unternehmen ein neues Servicepaket, Zoom One, ein, mit dem es seine Angebote wie Telefone mit Internetanschluss und physische Konferenzräume bewirbt.
Die größte Bedrohung in diesem Bereich geht jedoch vom Tech-Riesen Microsoft (NASDAQ:MSFT) aus, der attraktive Optionen für Premium-Videokonferenzen bereits im Programm hat. Mit den Premium-Tarifen von Microsoft Teams erhalten Kunden die App für virtuelle Meetings sowie Zugriff auf andere Microsoft-Software.
Kein einfaches Pflaster
John Butler, Analyst von Bloomberg Intelligence, kommentiert die Situation so:
"Das Enterprise-Geschäft ist nicht so einfach zu erobern, insbesondere dann nicht, wenn man bedenkt, dass Microsoft in der Lage ist, Teams in einen Office 365-Verkauf einzubinden.
Zoom hat seinen Wachstumsschwerpunkt auf das Enterprise-Segment verlagert, wo ich allerdings nicht glaube, dass der starke Markenname dem Unternehmen so sehr helfen wird wie auf dem Online-Markt, der Endverbraucher anspricht."
Trotz der starken Konkurrenz durch Microsoft kann Zoom im Enterprise-Bereich immer noch ein gesundes Wachstum verzeichnen. Für dieses Jahr prognostiziert das Unternehmen ein Umsatzwachstum von mehr als 20 %. Für das am 31. Juli zu Ende gegangene Geschäftsjahr meldete Zoom 204.100 Unternehmenskunden, 18 % mehr als im Vorjahr, aber weniger als im vorangegangenen Quartal (24 %).
Einige Analysten und Anleger sind der Meinung, dass Zoom in der neuen Arbeits- und Bildungsumgebung relevant bleiben wird und langfristige Anleger die derzeitige Schwäche des Unternehmens ausnutzen sollten.
Auch die Tech-Investorin Cathie Wood glaubt an die langfristige Attraktivität von Zoom. Ihre ARK Investment Management Fonds kauften am 24. August mehr als 800.000 Aktien im Wert von 68,25 Mio. USD, kurz nachdem die Aktie im Anschluss an die Veröffentlichung der Geschäftsergebnisse eingebrochen war.
Im Rahmen einer Umfrage auf Investing.com unter Wall-Street-Analysten wurde jedoch deutlich, dass die meisten angesichts der unsicheren Wachstumsaussichten und der sich verschlechternden makroökonomischen Bedingungen eine neutrale Haltung gegenüber Zoom an den Tag legen.
Quelle: Investing.com
BTIG Research, das die ZM-Aktie kürzlich auf "neutral" herabgestuft hat, erklärte in einer Kundenotiz:
"Insgesamt ist der Rückgang der Rentabilität und des FCF im Geschäftsjahr 23 angesichts der weiteren Verlangsamung des Umsatzwachstums besorgniserregend. Daher stufen wir die Aktien von ZM vor dem Hintergrund deutlich reduzierter kurzfristiger Erwartungen auf Neutral herab."
Weiter hieß es:
"Der Markt [für Contact Center as a Service] ist bereits hart umkämpft und technisch komplex, und wir sind uns nicht sicher, ob die im Entstehen begriffene Plattform von Zoom denselben Erfolg auf breiter Ebene haben wird, den Zoom Phone in letzter Zeit erlebt hat."
Fazit - Anleger die Füße stillhalten
Nach dem massiven Kurseinbruch in diesem Jahr erscheint die Zoom-Aktie auf den ersten Blick durchaus attraktiv. Noch ist aber nicht klar, wie erfolgreich das Unternehmen bei seinem Bemühen um ein Standbein im Enterprise-Geschäft wirklich sein wird.
Daher sollten Anleger die Zoom-Aktie vorerst meiden, bis das Unternehmen seine Position auf diesem wettbewerbsintensiven Markt gefestigt hat.
Disclosure: Der Autor ist in MSFT-Aktien investiert, nicht aber in ZM-Aktien.