HEIDELBERG (dpa-AFX) - Bei der Gasrechnung werden manche Verbraucherinnen und Verbraucher im kommenden Jahr wohl in einem Punkt entlastet. Denn die Gasnetzgebühren sinken dann voraussichtlich um zwei Prozent, wie das Vergleichsportal Verivox am Samstag mitteilte. Grundlage der Schätzung sind Daten von Netzbetreibern, die gut die Hälfte aller deutschen Haushalte betreffen. Zur anderen Hälfte liegen noch keine neuen Angaben vor.
Allerdings soll nach dem Willen der Bundesregierung die zeitweise auf 7 Prozent abgesenkte Mehrwertsteuer auf Gas mit dem neuen Jahr wieder auf den normalen Satz von 19 Prozent angehoben werden. Damit dürften mögliche Einsparungen aufgefressen werden. Hinzu kommt aktuell ein Anstieg der Beschaffungspreise am europäischen Erdgasmarkt. Also des Preises, der beim kurzfristigen Einkauf für Versorger (NYSE:XLU) fällig wird.
Verivox-Konkurrent Check24 geht ebenfalls von sinkenden Gasnetzgebühren aus, kommt bei seinen Berechnungen aber nur auf ein Minus von einem Prozent. Als einen Grund für die Absenkung nannte Check24-Fachmann Steffen Suttner die vereinheitlichten Entgelte der Fernleitungsnetzbetreiber.
Die Netzgebühren werden erhoben, um Leitungen auszubauen und instandzuhalten sowie um Zähler zu installieren und zu erneuern. Je nach Verteilnetz in einer Gegend fallen sie unterschiedlich aus. Netzentgelte machen etwa ein Viertel des Gaspreises aus, den Haushaltskunden zahlen.
Auf einen Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden entfallen im Jahr 2024 Verivox zufolge voraussichtlich 390 Euro netto an Netzkosten. Das ist der bundesweite Schnitt. In den "neuen" Bundesländern - also Ostdeutschland ohne Berlin - ist der Wert mit 429 Euro deutlich höher als das Durchschnittsentgelt von 382 Euro im Westen (inklusive Berlin als "altes" Bundesland). Immerhin fällt die Senkung in Ostdeutschland mit 4,5 Prozent stärker aus als im Westen (1,5 Prozent). Nicht überall sinken die Entgelte, in manchen Gegenden steigen sie.
Mit Blick auf den Bundesschnitt sagte Verivox-Experte Thorsten Storck, dass beim Gas zumindest bei den Netzkosten nicht mit steigenden Preisen zu rechnen sei. "Allerdings könnte der Wegfall der reduzierten Mehrwertsteuer trotzdem zum Jahreswechsel für einen Anstieg der Heizkosten sorgen."
In der SPD regt sich Widerstand gegen die geplante Wiedereinführung des vollen Mehrwertsteuersatzes auf Gas zum Januar. "Zurück von 7 auf 19 Prozent Mehrwertsteuer für Gas mitten in der Heizperiode stellt ein großes Problem dar", sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). "Wir sollten den geringeren Mehrwertsteuersatz für Wärme bis zum geplanten Auslaufen der Energiepreisbremsen beibehalten, also bis April kommenden Jahres."
Im vergangenen Winter sei es gelungen, durch die Abfederung der Energiepreise "massive Verwerfungen in der Gesellschaft zu verhindern", sagte Miersch. "Das muss uns auch in diesem Winter gelingen. Und deswegen sollte das Geld dafür mobilisiert werden."
Wegen der hohen Energiepreise nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hatte die Bundesregierung den Mehrwertsteuersatz vorübergehend von 19 auf 7 Prozent gesenkt und Gas so billiger gemacht. Nun soll diese Sonderregelung drei Monate früher als geplant bereits zum Jahreswechsel auslaufen. Experten erwarten dadurch mitten in der Heizsaison wieder höhere Gaspreise.
Die Senkung sei immer nur als kurzfristige Entlastung geplant gewesen, hieß es aus dem Finanzministerium. Die Preise seien zuletzt gesunken, der Energiemarkt habe sich beruhigt.
Allerdings ziehen die Preise am europäischen Erdgasmarkt derzeit wieder an. Am Freitag kostete der richtungweisende Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat an der Börse in Amsterdam bis zu 56,10 Euro je Megawattstunde (MWh). Das ist der höchste Stand seit etwa acht Monaten. Getrieben werden die Preise durch Angebotsrisiken wie etwa die zeitweise Schließung eines großen Erdgasfelds im Mittelmeer und Wetterprognosen, die auf niedrigere Temperaturen hindeuten. Hinzu kommt der Konflikt zwischen der islamistischen Hamas und Israel.
Trotz der jüngsten Zuwächse liegt der Preis für europäisches Erdgas aber immer noch deutlich unter dem Niveau, das er im Zuge des russischen Krieges gegen die Ukraine erreicht hatte. Im vergangenen Jahr wurden zeitweise mehr als 300 Euro je Megawattstunde fällig.