Börsen-Zeitung: Zyprisches Roulette, Kommentar zur Euro-Rettung von
Detlef Fechtner
Frankfurt (ots) - Was die Abgeordneten des zyprischen Parlaments
gestern Abend geritten hat, als sie die Abstimmung über das
Hilfsprogramm zu einer Demonstration des Unmuts über die Euro-Partner
machten, ist unklar. Es sei eine 'Frage der Ehre', gegen das
Hilfsangebot zu stimmen, wurden gleich mehrere Abgeordnete zitiert.
Keiner hatte danach die Courage, dem Programm zuzustimmen. In Worten:
keiner. Klar ist, dass das zyprische Parlament ein gewaltiges Risiko
eingegangen ist. Denn wer sich so polternd gegen die Bedingungen der
Milliardenhilfe auflehnt, muss damit rechnen, dass ihn die
Kapitalgeber dafür doppelt hart rannehmen werden - wenn nicht gar
fallen lassen.
Vieles von dem, was jüngst aus Nikosia zu hören war, erweckt den
Eindruck, Zypern vertraue darauf, dass die Eurogruppe das Risiko
eines Abschieds des Landes aus dem Euro nicht eingehen und deshalb
letztlich einlenken werde. Diese Überlegung ist nachvollziehbar, da
die Eurogruppe in der Vergangenheit ja immer wieder Wege gefunden
hat, um Griechenland durchzuschleppen, selbst wenn Hellas Zusagen
nicht eingehalten hatte.
Im Fall Zypern allerdings ist dreierlei anders. Erstens ist die
Geduld der Euro-Partner im Jahr 4 des Euro-Rettungsmanagements - und
wenige Monate vor der Bundestagswahl - begrenzt. Zweitens haben die
Griechen ihre Kapitalgeber nie so offen vor den Kopf gestoßen, wie es
das zyprische Parlament gestern getan hat. Und drittens darf nicht
vergessen werden, für wen und was sich die Parlamentarier da gerade
verkämpfen: für ein fragwürdiges Geschäftsmodell, das vermögenden
Ausländern erlaubt, Guthaben auf Konten zu bunkern, ohne dass die
Herkunft der Gelder und die Steuerehrlichkeit ihrer Besitzer streng
geprüft werden. Mag sein, dass es für die zyprisch-russischen
Beziehungen belastend wäre, den Steuersatz auf Einlagen von mehr als
100000 Euro weit nördlich von 10% anzusetzen. Aber zum einen hätten
15% locker gereicht, um die Rechnung wieder stimmig zu machen und
trotzdem Kleinsparer zu verschonen. Und zum anderen muss man das
Paket, das unter anderem von nicht sehr wohlhabenden Steuerzahlern in
Estland und Slowenien mitfinanziert wird, ja nicht in Bausch und
Bogen zurückweisen.
Es wäre voreilig, Zyperns Euro-Mitgliedschaft mit der gestrigen
Abstimmung bereits abzuschreiben. Die Eurogruppe wird gewiss
versuchen, doch noch einen Kompromiss zu finden. Aber die Zeit
verrinnt, denn ewig wird Nikosia keine Bankfeiertage anordnen können.
Originaltext: Börsen-Zeitung
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gestern Abend geritten hat, als sie die Abstimmung über das
Hilfsprogramm zu einer Demonstration des Unmuts über die Euro-Partner
machten, ist unklar. Es sei eine 'Frage der Ehre', gegen das
Hilfsangebot zu stimmen, wurden gleich mehrere Abgeordnete zitiert.
Keiner hatte danach die Courage, dem Programm zuzustimmen. In Worten:
keiner. Klar ist, dass das zyprische Parlament ein gewaltiges Risiko
eingegangen ist. Denn wer sich so polternd gegen die Bedingungen der
Milliardenhilfe auflehnt, muss damit rechnen, dass ihn die
Kapitalgeber dafür doppelt hart rannehmen werden - wenn nicht gar
fallen lassen.
Vieles von dem, was jüngst aus Nikosia zu hören war, erweckt den
Eindruck, Zypern vertraue darauf, dass die Eurogruppe das Risiko
eines Abschieds des Landes aus dem Euro nicht eingehen und deshalb
letztlich einlenken werde. Diese Überlegung ist nachvollziehbar, da
die Eurogruppe in der Vergangenheit ja immer wieder Wege gefunden
hat, um Griechenland durchzuschleppen, selbst wenn Hellas Zusagen
nicht eingehalten hatte.
Im Fall Zypern allerdings ist dreierlei anders. Erstens ist die
Geduld der Euro-Partner im Jahr 4 des Euro-Rettungsmanagements - und
wenige Monate vor der Bundestagswahl - begrenzt. Zweitens haben die
Griechen ihre Kapitalgeber nie so offen vor den Kopf gestoßen, wie es
das zyprische Parlament gestern getan hat. Und drittens darf nicht
vergessen werden, für wen und was sich die Parlamentarier da gerade
verkämpfen: für ein fragwürdiges Geschäftsmodell, das vermögenden
Ausländern erlaubt, Guthaben auf Konten zu bunkern, ohne dass die
Herkunft der Gelder und die Steuerehrlichkeit ihrer Besitzer streng
geprüft werden. Mag sein, dass es für die zyprisch-russischen
Beziehungen belastend wäre, den Steuersatz auf Einlagen von mehr als
100000 Euro weit nördlich von 10% anzusetzen. Aber zum einen hätten
15% locker gereicht, um die Rechnung wieder stimmig zu machen und
trotzdem Kleinsparer zu verschonen. Und zum anderen muss man das
Paket, das unter anderem von nicht sehr wohlhabenden Steuerzahlern in
Estland und Slowenien mitfinanziert wird, ja nicht in Bausch und
Bogen zurückweisen.
Es wäre voreilig, Zyperns Euro-Mitgliedschaft mit der gestrigen
Abstimmung bereits abzuschreiben. Die Eurogruppe wird gewiss
versuchen, doch noch einen Kompromiss zu finden. Aber die Zeit
verrinnt, denn ewig wird Nikosia keine Bankfeiertage anordnen können.
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