WIESBADEN (dpa-AFX) - Die Verdienste der Tarifbeschäftigten in Deutschland sind im ersten Quartal 2014 im Schnitt fast doppelt so stark gestiegen wie die Verbraucherpreise. Einschließlich der tariflich vereinbarten Sonder- und Einmalzahlungen hatten die Arbeitnehmer nach Angaben des Statistischen Bundesamtes vom Freitag brutto 2,3 Prozent mehr auf dem Gehaltszettel als in den ersten drei Monaten des Vorjahres. Die Verbraucherpreise legten im gleichen Zeitraum nur um 1,2 Prozent zu. Unter dem Strich dürfte damit von den Tariferhöhungen etwas übrigbleiben. Die Statistik bezieht sich nach Angaben der Wiesbadener Behörde auf 13,5 Millionen Arbeitnehmer.
Schon 2013 hatten die Tariflöhne mit einem Plus von 2,4 Prozent deutlich schneller zugelegt als die Inflation (1,5 Prozent). Dennoch waren gemessen an der gesamten Arbeitnehmerschaft die Reallöhne, die auch Boni und nicht-tarifliche Gehälter beinhalten, erstmals seit dem Krisenjahr 2009 wieder gesunken, wenn auch nur um 0,2 Prozent. Arbeitsmarktexperten erklärten das damit, dass sich viele Unternehmen 2013 wegen der lauen Konjunktur bei Sonderzahlungen zurückhielten.
Bei den tariflichen Monatsverdiensten gab es im ersten Vierteljahr das stärkste Plus im Handel mit durchschnittlich 3,5 Prozent. Dies sei unter anderem auf die Tarifeinigungen im Einzelhandel zum Jahreswechsel 2013/2014 zurückzuführen, erklärte das Bundesamt.
Ebenfalls vergleichsweise kräftig erhöhten sich die Tarifverdienste im Verarbeitenden Gewerbe mit durchschnittlich 3,0 Prozent. Dort war das Gefälle zwischen einzelnen Branchen allerdings enorm: Das höchste Tarifplus gab es für die Beschäftigten in der Tabakverarbeitung (plus 5,4 Prozent). Unterdurchschnittlich fiel dagegen die Erhöhung bei Herstellern von Lederwaren und Schuhen (plus 0,4 Prozent) und im Textil- und Bekleidungsgewerbe (plus 0,7 Prozent) aus.
Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung macht den Arbeitnehmer nach einer ersten Bilanz der Tarifrunde 2014 Hoffnung: "Diese vorläufige Tarifbilanz zeigt, dass die Tariflöhne auch in diesem Jahr in vielen Bereichen im Durchschnitt real spürbar steigen werden", erklärte Reinhard Bispinck, Leiter des Tarifarchivs des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Stiftung, am Freitag in einer Mitteilung.
Nach einer vor zwei Wochen veröffentlichten Aufstellung des Statistischen Bundesamtes weisen die jüngsten Tarifabschlüsse - etwa in der Chemieindustrie und im Öffentlichen Dienst von Bund und Gemeinden - meist eine Drei vor dem Komma auf. Allerdings berücksichtigt diese Statistik zum Beispiel nicht die unterschiedliche Laufzeit der Verträge: Drei Prozent auf ein Jahr sind wesentlich mehr als drei Prozent auf zwei Jahre.b