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Fed kehrt 2024 zur Nullzinspolitik zurück – EZB zieht nach

Veröffentlicht am 22.09.2023, 16:55

Investing.com – Die ganze Welt fiebert dem Ende des Fed-Zinserhöhungszyklus entgegen. Niedrigzinsen und regelmäßig neue Allzeithochs an den Finanzmärkten sind es, von denen die Investoren nachts träumen. Doch das könnte noch einige Jahre auf sich warten lassen, falls es überhaupt noch einmal dazu kommt, so zumindest die Ansicht von Rabobank-Analyst Michael Every.

Die US-Zentralbank senkte mit ihren jüngsten Prognosen bereits die Anzahl der erwarteten Zinssenkungen für 2024 bis 2026. Gleichzeitig wurde der für 2026 angenommene Leitzins auf 2,9 Prozent angehoben. Damit ist die Kluft zur Nullzinspolitik selbst in drei Jahren noch viel größer als der aktuelle Weg der Inflation bis zum Ziel von 2 Prozent.

Every verweist darauf, dass die Zinssenkungen kommen werden, aber nicht in dem Umfang wie die Märkte noch immer erwarten. Der Analyst Philip Marey sieht die Untergrenze mit 3,5 Prozent sogar noch über den von der Fed für 2026 angepeilten 2,9 Prozent. Damit werden es bestimmte Teile der Wirtschaft selbst 2026 noch schwer haben, weil die Banken nicht gewillt sind, ihren Kunden billiges Geld anzubieten.

Vor allem am Kunstmarkt wird deutlich, welche Auswüchse die Geldpolitik von EZB und Fed im vergangenen Jahrzehnt hatte. Selbst für eine an eine Wand geklebte Banane waren Menschen bereit, Geld auszugeben.

Ein dänischer Künstler hatte von einem Museum 67.000 Euro für sein neuestes Kunstprojekt mit dem Titel "Take the Money and Run" erhalten, die er nun zurückzahlen muss. Das Kunstobjekt bestand aus zwei leeren Leinwänden, und das Gericht verurteilte den Künstler zur Herausgabe seiner Gage.

Während der Niedrigzinsphase konnte man mit derartiger Kunst Geld verdienen, aber das ist vorbei, erklärt Every.

Was in diesem speziellen Sektor noch nicht einmal skurril wirkt, hat auf den globalen Märkten viel schlimmere Auswirkungen. Every spricht von Naivität, wenn man annimmt, dass die Fed bereit sein wird, jede Karre aus dem Dreck zu ziehen. Und es stecken viele bis über beide Ohren im Schlamassel, allen voran die EZB.

Sollte die Fed ihren Straffungszyklus nicht rückgängig machen und die Zinsen gegenüber der Niedrigzinsphase hochbleiben, dann werden die ganzen Eurodollar-Kredite kollabieren, so Every.

Und dass dies passiert, dafür spricht vieles. Die Inflationsprognose des FOMC basiert auf der Annahme, dass sich das nominale Lohnwachstum erheblich verlangsamt. Was unwahrscheinlich ist, wenn man bedenkt, dass beispielsweise die United Auto Workers für ihre Mitglieder Lohnerhöhungen von 40 Prozent fordert.

Den Prognosen liegt außerdem zugrunde, dass es keine weiteren Angebots- und Nachfrageschocks gibt, wie Every sagt. Eine ebenso naive Annahme wie die der Märkte, dass die nächste Nullzinsphase unmittelbar bevorsteht.

Russland hat ein Exportverbot für Benzin und Diesel verhängt, während Indien den Reisexport erheblich einschränkt. Zeitgleich hält die OPEC an ihren Produktionskürzungen fest, während Investitionen in die Infrastruktur fehlen und eine kostspielige Schattenwirtschaft zur Umgehung der Sanktionen entsteht.

Eine Studie des IWF belegt, dass Inflationsschocks nur in 60 Prozent der Fälle innerhalb von 5 Jahren gelöst werden können. Basieren diese auf Handelsschocks, wie bei der Ölkrise 1973 bis 1979, dann ist die Erfolgsquote noch schlechter und das Ende liegt außerhalb des Fünfjahreszeitraums.

Die USA unterzeichneten mit 32 Atlantik-Anrainern ein Bündnis, um Chinas Belt und Road-Initiative etwas entgegensetzen zu können. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump will den Fentanyl-Import mit dem Einsatz der US-Marine stoppen und sich auf ein Gesetz aus dem Jahr 1798 berufen, was es ihm erlaubt, Internierungslager zu errichten und Massendeportationen zu veranlassen.

China beschränkt bereits die Ausfuhr von Seltenen Erden und ist jederzeit bereit, die Welt von dem für die Energietransformation und die Chipindustrie (ETR:VVSM) wichtigen Rohstoff abzuschneiden.

Parallel dazu haben die Republikaner ein Paper veröffentlicht, welches einen umfassenden Umbau der US-Wirtschaft zum Ziel hat. Neben jährlich steigenden Importzöllen beinhaltet es auch die Forderung, dass mindestens 50 Prozent der Wertschöpfung eines Produktes innerhalb der USA stattfinden.

Wie kann die Zentralbank unter solchen Voraussetzungen Prognosen treffen, die all dies nicht berücksichtigen?

Die Antwort darauf ist einfach, es spielt keine Rolle, was die Fed sagt. Es kommt nur darauf an, was sie letztlich macht, wie Michael Maharrey erklärte. Obwohl die US-Zentralbank die Zinssätze selbst kontrolliert, liegt sie mit ihren Zinsprognosen nur in 37 Prozent der Fälle richtig.

Im Jahr 2006 wurde trotz aller Hinweise darauf bestanden, dass es keine Immobilienblase gibt. Als man dies nicht mehr verleugnen konnte, hieß es, dass sich das Problem nur auf den Subprime-Sektor beschränkt. Als Bernanke 2008 begann, den Markt mit Geld zu fluten, schwor er, dass sämtliche Anleihen wieder abgestoßen werden, sobald die Notlage im Griff ist. Doch bis heute ist das nicht geschehen, so Maharrey.

Basierend auf dieser Erfolgsbilanz kommt Maharrey zu einem interessanten Fazit. Gerade deshalb, weil die Fed davon spricht, dass die Zinsen länger hoch bleiben, ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Zinsen zum Ende nächsten Jahres bei Null liegen und sich die Wirtschaft in einer großen Rezession befindet, größer, als dass sich die Fed Prognosen erfüllen.

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