Investing.com - Für den Dax geht es auch am Donnerstag unaufhaltsam weiter nach oben. Grund dafür sind die positiven Entwicklungen an der Handelsfront. Jetzt gehen die Blicke aber auf die geldpolitische Entscheidung der Europäischen Zentralbank, die heute um 13.45 Uhr ihre Beschlüsse bekanntgeben wird. Alles außer ein großes Lockerungspaket wäre eine Enttäuschung.
Der deutsche Leitindex (der Dax-Future) wird gut eine Stunde vor Handelsbeginn in Frankfurt mehr als 37 Punkte im Plus bei 12.425 Zähler gehandelt. Gestern schloss der Dax mit einem Kursaufschlag von 0,74 Prozent auf 12.359 Zählern.
Für den Euro Stoxx 50-Future geht es um 0,45 Prozent nach oben. Der französische CAC 40-Future wird 0,49 Prozent höher gehandelt, der spanische IBEX 35-Future verliert 0,19 Prozent.
Verantwortlich für die Kursgewinne über Nacht war ein Tweet von US-Präsident Donald Trump, der Hoffnung auf eine Lösung im Handelskrieg zwischen den USA und China schürte. Trump sagte, er werde die Zollerhöhung von 25 auf 30 Prozent auf chinesische Importwaren im Wert von 250 Milliarden Dollar vom 1. Oktober auf den 15. Oktober als „Geste des guten Willans“ an China verschieben.
Der Grund für die Vertagung sei eine Anfange von Chinas Vize-Premier Liu He, so Trump. Darüber hinaus feiert die Volksrepublik China ihren 70. Geburtstag.
Die Zölle sollten Anfang Oktober von 25 auf 30 Prozent erhöht werden. Für Anfang Oktober sind Gespräche zwischen Washington und Peking geplant, um eine Lösung im monatelangen Handelsstreit zu finden.
China hatte bereits am Mittwochmorgen eine Liste von US-Produkten veröffentlicht, die von den Strafzöllen, die im letzten Jahr erhoben wurden, ausgenommen werden sollen. Dies gelte als "Geste des guten Willens", so die Global Times. Wichtige Agrarprodukte wie Sojabohnen, Schweinefleisch oder Mais gehörten aber nicht dazu. Darüber wird in Peking aber aktuell diskutiert, nachdem Trump sich Entgegenkommen gezeigt hat.
Zuvor hatte Trump seinen Sicherheitsberater John Bolton entlassen, der als China-Hardliner gilt.
Anleger richten nun ihren Fokus auf die Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB). Eine Senkung des Einlagenzins um mindestens 10 Basispunkte gilt als ausgemachte Sache (marktbasierte Wahrscheinlichkeit von 63 Prozent). Das würde die Einlagenfazilität auf -0,50 Prozent bringen - zu diesem Zinssatz parken die Banken ihr Geld bei der EZB. Interessant ist, dass die zweijährige Rendite deutscher Bundesanleihen gestern bei -0,80 Prozent schloss. Falls die Währungshüter also nur um 10 Basispunkte senken, droht ein Ausverkauf beim Kurs der deutschen Bundesanleihe, was die Rendite auf einen Höhenflug senden könnte. Einige am Markt rechnen aber auch mit einer Senkung um 20 Basispunkte. Zugleich dürfte die EZB ein so genanntes Tiereng-System einführen, um die negativen Effekte der Minuszinsen teilweise zu negieren - falls das kommt, ist das ein Zeichen dafür, dass die niedrigen Zinsen noch eine Weile bleiben werden.
Gemäß den marktbasierten Erwartungen stehen die Chancen zudem gut, dass die EZB eine Neuauflage der Bond-Käufe bekannt geben wird. Das gilt aber nicht als ausgemacht, da vor allem die Nordländer zuletzt dagegen rebelliert haben (Insgesamt sind das aber nur 6 von 25 Mitgliedern, also eine deutliche Minderheit). Nachdem gestern Reuters unter Berufung auf zwei Insider jedoch berichtet hatte, dass die Währungshüter für dieses und nächstes Jahr jetzt nur ein Wachstum voraus, das knapp oberhalb von ein Prozent liegt, steigen die Chancen auf ein Lockerungspaket, das auch ein neues QE umfasst.
Einen finalen Akt der EZB erwartet ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski. Für ihn besonders interessant war eine Rede von EZB-Chefvolkswirt Philip Lane letzte Woche, der zudem als ein enger Vertrauter vom scheidenden EZB-Präsidenten Mario Draghi ist, die Einblicke in die Gedanken der Notenbanker gab. "Nach Schätzungen von Lane hatten die unkonventionellen Maßnahmen der EZB seit 2014 sowohl das Wachstum als auch die Inflation um rund 0,5 Prozent angehoben. Interessanterweise resultierte fast die Hälfte der positiven Auswirkungen aus der QE. Vergessen sollte man auch nicht, dass die Mitarbeiter der EZB bei Beginn der QE im Jahr 2015 eine Beschleunigung der Inflation von 0,5 Prozent im Jahr 2014 auf 1,3% im Jahr 2016 prognostiziert haben. Derzeit ist das Risiko, aus einem Umfeld de facto wirtschaftlicher Stagnation und niedriger Inflation in eine Deflation zu fallen, wahrscheinlich so hoch wie 2014/5."
Darüber hinaus liegen die Inflationserwartungen (wie gestern hier erwähnt), die an der so genannten 5-Year, 5-Year Forward Inflation Expectation gemessen werden, zuletzt bei 1,20 Prozent und bleiben damit weiterhin ohne Elan, während die Verbraucherpreise mit 1 Prozent die gedämpfte Inflation in der Euro-Zone unterstreichen. Inflation ist für das Wirtschaftswachstum essentiell, zumindest sagen das die Zentralbanken, deren vorrangiges Ziel die Gewährleistung von Preisstabilität ist.
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Vor der EZB-Entscheidung werden noch die deutschen Verbraucherpreise sowie die Industrieproduktion aus der Euro-Zone veröffentlicht. Jenseits des Atlantiks stehen ebenfalls Inflationsdaten sowie die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe auf der Agenda.
von Robert Zach