Investing.com - An den Börsen in den USA ging es am Donnerstag zunächst weiter bergab. Sorgen bereitete den Anlegern vor allem das Protokoll der Fed-Sitzung, wo die Diskussionen über ein Tapering des Kaufprogramms in Höhe von monatlich 120 Milliarden Dollar in diesem Jahr zunahmen. Erfreuliche Daten vom US-Arbeitsmarkt konnten die Stimmung bisher nicht merklich aufhellen, wohl auch weil Goldman Sachs (NYSE:GS) vor den Auswirkungen der Delta-Variante auf das US-Wirtschaftswachstum im dritten Quartal warnte.
Der Dow Jones sank bis 15.47 Uhr MEZ um 59 Punkte oder 0,17 % auf 34.901 Punkte und der S&P 500 büßte 0,18 % auf 4.392 Zähler ein. Für den technologielastigen NASDAQ Composite ging es um 0,29 % nach unten. Ging es nach der Börseneröffnung am Donnerstag zunächst steil nach unten, erholten sich die Aktienindizes in den letzten Minuten und machten einen Großteil ihrer Verluste wieder wett.
Aktien von Technologieunternehmen wie Microsoft (NASDAQ:MSFT), Netflix (NASDAQ:NFLX) und Nvidia (NASDAQ:NVDA) stiegen zurück ins Plus und halfen dem Leitindex S&P 500, sich von seinen anfänglichen Tiefs zu lösen. Die Papiere von Nvidia legten zu, nachdem die Quartalsergebnisse und der Umsatz des Chipriesen die Schätzungen der Wall Street dank starker Absatzzahlen bei Grafikkarten übertrafen.
Defensive Werte wie Basiskonsumgüter und Titel aus dem Gesundheitswesen gewannen ebenfalls an Wert und begrenzten die Verluste.
Dennoch bleibt der Markt angesichts der Aussicht auf ein baldiges Zurückfahren der geldpolitischen Stimulus-Maßnahmen sowie der weiter steigenden Corona-Fallzahlen in den USA im Risk-Off-Modus. Der US-Dollar kletterte gegenüber dem Euro auf den höchsten Stand seit neun Monaten, was Erdöl und andere Rohstoffe unter Druck setzte. Für den VIX, dem so genannten Angstbarometer der Wall Street, ging es nach plus 20 % gestern um weitere 1,2 % nach oben.
Die US-Notenbank Fed signalisiert den Finanzmärkten zunehmend, dass sie ihre Unterstützung für die Wirtschaft in diesem Jahr zurückfahren wird. Die meisten Fed-Vertreter sagten, dass dieser Schritt "angemessen sein könnte", wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Protokoll der Juli-Sitzung hervorgeht. Die Minutes waren ein Vorgeschmack auf die mit Spannung erwartete Rede des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell auf der jährlichen Konferenz in Jackson Hole in der kommenden Woche. Die Frage lautet nun, wie sehr er sich auf die Überlegungen seiner Kollegen einlassen wird, die massiven Anleihekäufe der Zentralbank schon bald zu drosseln, um dann im September eine endgültige Ankündigung zu machen.
Die Fondsexperten von apano hatten "in der Erwartung, dass diese FED-Sitzung wegweisend gewesen sein könnte, der Veröffentlichung des Protokolls vorgegriffen und in den letzten beiden Tagen den Nettoinvestitionsgrad ein Stück abgesenkt." Den Rücksetzer am Aktienmarkt gedenken sie derzeit nicht zu für Rückkäufe zu nutzen, "denken stattdessen über eine weitere Risikoreduktion nach."
"Für Verunsicherung an den Börsen sorgt, dass nicht kommuniziert wurde, ob das Tapering strikt linear abläuft oder ausgesetzt wird, falls die Wirtschaftserholung wieder ins Stocken gerät. Die US-Notenbank sieht zugleich erhebliche Unsicherheit über die konjunkturellen Perspektiven der nächsten 12 Monate- sowohl Covid sei eine Herausforderung als auch die Inflation", fügten die Analysten hinzu.
Powell könnte in Jackson Hole dennoch einen gemäßigteren Kurs einschlagen, da die Fed immer noch auf "substanzielle" Fortschritte am US-Arbeitsmarkt wartet. Anfang des Jahres sagte der Notenbankchef, er wolle eine "Reihe von Monaten" mit sehr starkem Beschäftigungswachstum sehen. Aktuell liegen erst ein paar Monate mit starken Stellenzuwächsen hintereinander hinter uns. Dennoch sollte jedem klar sein, dass wir einer Tapering-Entscheidung näher kommen, sofern die Delta-Variante nicht für ernsthaften Gegenwind sorgt.
Die Delta-Variante nahm der Chefvolkswirt von Goldman Sachs, Jan Hatzius, zum Anlass, um seine BIP-Prognose für das dritte Quartal von 9% auf 5,5% zu senken. In einer Kundenmitteilung am Mittwochabend erklärte er, dass die mit der Delta-Variante einhergehenden Gesundheitssorgen zu einem Rückgang der Verbraucherausgaben führen würden.
"Die Ausgaben für Restaurantbesuche, Reisen und einige andere Dienstleistungen werden im August wahrscheinlich zurückgehen, auch wenn wir erwarten, dass der Rückgang gering und nur von kurzer Dauer sein wird. Die Produktion leidet immer noch unter den Störungen in der Lieferkette, insbesondere in der Automobilindustrie, was wahrscheinlich zu einem geringeren Lageraufbau im dritten Quartal führen wird", heißt es in der Mitteilung.
Die Delta-Variante in den USA hat landesweit zu einem sprunghaften Anstieg der Fallzahlen geführt und einige Krankenhäuser in den südlichen Bundesstaaten zur Einstellung elektiver Operationen und zur Bereitstellung zusätzlicher Betten gezwungen. Die Angst vor dem Virus wurde als treibende Kraft für den dramatischen Rückgang der Verbraucherstimmung in der vergangenen Woche angesehen.
Für das Gesamtjahr 2021 und 2022 rechnet Hatzius nun mit einem Wachstum von 6 % bzw. 4,5 %. Zuvor hatte er mit 6,4 % und 4,4 % gerechnet.