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Finanzlektionen aus Argentinien – auch Deutschland sollte aufpassen!

Veröffentlicht am 04.01.2019, 15:12
Aktualisiert 04.01.2019, 15:20
© Reuters.  Finanzlektionen aus Argentinien – auch Deutschland sollte aufpassen!
SBUX
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GAZP
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Es ist Hochsommer in Argentinien, und fast scheint es so, als sei die Welt hier noch völlig in Ordnung. Die Einheimischen flanieren an der Uferpromenade von Puerto Madero, dem modern glitzernden Wohn- und Bürodistrikt im einstmals baufälligen östlichen Hafen von Buenos Aires. Kinder schlecken Eis, Hunde haben reichlich Auslauf, und die Erwachsenen gönnen sich an einer der vielen Promenadentheken ein kühles Bier.

Für ausländische Besucher wie mich ist es alles andere als offensichtlich, dass Argentinien ein krisengeschütteltes Land ist. Die modernen Bürogebäude funkeln und glitzern wie in jeder anderen Weltmetropole, Luxushotels wie das Hilton drängeln sich dicht an dicht mit trendigen Boutiquehotels wie dem Faena y Universe, und die üblichen Kaffeeketten wie Starbucks (NASDAQ:SBUX) sind so modern und sauber wie sonst nur in Asien oder der Schweiz.

Es war ein Werbeposter am Rande der Kopfsteinpflasterpromenade, das mich daran erinnerte, dass Argentinien derzeit kein normales Land ist. Jedenfalls nicht, wenn es um Wirtschaft und Finanzen geht.

Grob übersetzt, las sich das Plakat ungefähr so: „Zeitlich begrenztes Angebot: 25% Zinssatz p.a. Jetzt erhältlich in Ihrer HSBC Pop-Up Filiale an Samstagen und Sonntagen in den beiden lokalen Luxus-Einkaufszentren“

Zunächst wusste ich gar nicht, wie ich die Anzeige interpretieren sollte.

Hatte ich nicht gerade irgendwo gelesen, dass die Inflationsrate des Landes bei 70% p.a. lag?

Waren die 25% Zinssatz für Guthaben oder für Kredite?

Machten diese Zahlen überhaupt irgendeinen Sinn?

Als ich näher herantrat und das Kleingedruckte las, klärte sich das Ganze. Das Werbeposter war für Guthaben, es war aber auch bereits acht Monate alt. Als es herauskam, lag die Inflation bei „nur“ 25.6% p.a. Effektiv bewarb die Anzeige also einen negativen Zinssatz.

Woraus ich dann zwei Dinge schloss:

1: Es ist überall auf der Welt das gleiche Elend, Sparer werden betrogen und Schuldner belohnt. Die Welt ist verrückt geworden!

2: Wenn erst einmal eine Finanzkrise ausgebrochen ist, ist es immer extrem schwierig, die Dinge wieder unter Kontrolle zu bringen. Zuletzt lag die Inflationsrate tatsächlich bei 70% p.a. Mein lokales Lieblingscafe im netten Palermo-Distrikt von Buenos Aires führte vor wenigen Tagen gerade die monatliche (!) Preisanpassung an. Mein Kaffee kostet seit dem 2. Januar nicht mehr 60 Pesos, sondern 65 Pesos. Die Bedienung meinte schon, im Februar würden es sicher 70 Pesos werden… Und entsprechend diesem atemberaubenden Tempo hatte offenbar auch HSBC einfach aufgegeben, diese Werbeplakate überhaupt noch zu aktualisieren.

Vielleicht fragen Sie sich jetzt, wieso ist irgendetwas von diesen Vorgängen für Sie relevant? Schließlich ist Argentinien ein vergleichsweise unbedeutendes Land am äußersten Rand der zivilisierten Welt.

Tatsächlich liefert das Land aber gerade einige wertvolle Lektionen, die man insbesondere auch für die vermeintlich „sicheren“ Länder West-Europas auf dem Radarschirm behalten sollte.

Je größer der Hype, desto tiefer der Fall

Vielleicht kennen Sie den alten Witz: „Wie begeht ein Argentinier Selbstmord?“

„Er klettert auf sein Ego und springt herunter.“

Wir Deutschen haben dafür ja unser eigenes Sprichwort: „Hochmut kommt vor dem Fall.“

Ich will gar nicht mal von der Zeit sprechen, zu der Argentinien noch zu den 10 reichsten Ländern der Welt gehörte. Das war in den 1930er Jahren und liegt somit schon zu weit zurück, um noch als guter Vergleich zu taugen.

Ich erinnere mich allerdings noch gut an die 90er Jahre, als Argentinien gerade als „heiße“ Investmentdestination galt. Ausländisches Geld floss in großen Mengen in das Land und Investoren waren davon überzeugt, dass das riesige Land am Südzipfel des südamerikanischen Kontinents vor einer Renaissance stand.

Hätten diese Anleger damals nur etwas gesunden Menschenverstand angewandt, wäre ihnen eine Menge schmerzlicher (und teurer) Erfahrungen erspart geblieben.

Der Wert von gesundem Menschenverstand wird ja gerade in Finanzangelegenheiten oft unterschätzt.

Alle Warnzeichen waren deutlich zu sehen (auch für Anfänger und Nicht-Experten)

Ende der 90er Jahre lagen die Auslandsschulden Argentiniens bereits bei atemberaubenden 50% des Bruttosozialprodukts.

Falls Ihnen diese Kennzahl nicht viel sagt (und wer kann mit solchen Abstrakta schon viel anfangen?), dann führt Ihnen die folgende Kennzahl die damalige Situation leicht vor Augen.

Jeder 7. Dollar, der seinerzeit von westlichen Finanzmärkten in die Emerging Markets floss, landete in Argentinien. Das Land mit seinen 30 Mio. Einwohnern trug seinerzeit nur 1.5% zum Weltbruttosozialprodukt bei, war aber ein überdurchschnittlich großer Empfänger von ausländischem Investmentkapital, das auf der Jagd nach Rendite um den Globus geschickt wurde.

Das Verhältnis war natürlich völlig aus den Fugen geraten und endete damit, dass die Argentinier mehr Schulden aufnahmen, als sie je zurückzahlen konnten. Die Argentinier hatten ja sowieso keine gute Vergangenheit, was Schulden, Inflation und Staatshaushalte anbelangte. Die Blase musste früher oder später platzen. Und eigentlich konnte den Argentiniern auch niemand einen Vorwurf machen, dass sie die billigen Kredite annahmen, die man ihnen in so großem Volumen praktisch aufdrängte.

Seinerzeit wollte einfach wieder einmal niemand hören. Experten und Finanzdienstleister behaupteten, das sei schon alles so in Ordnung.

Die meisten Investoren, die damals Geld an Argentinien liehen, verloren zwei Drittel (oder noch mehr) ihres Einsatzes.

Auch die einheimische Bevölkerung verlor rund zwei Drittel ihres Vermögens und Einkommens. Als die Regierung Ende 2001 schlichtweg „Game Over“ erklärte und einen Staatsbankrott verhängte, verlor die argentinische Mittelklasse den Großteil ihres zuvor gewonnenen Wohlstandes.

Das Land sollte sich bis heute nicht wirklich erholen. Wie am gegenwärtigen Zustand der Landeswährung leicht zu erkennen ist, wurde aus Argentinien nur mehr eine weitere Fallstudie darüber, dass Länder oft 15 oder 20 Jahre benötigen, um sich von einer solchen tiefen Finanzkrise zu erholen.

Könnte dies auch andernortens passieren?

In meinen 25 Jahren Finanzmarkterfahrung habe ich mich regelmäßig darüber gewundert, wie wenig Leute sich einfach mal auf Basis von gesundem Menschenverstand und althergebrachten Werten mit den grundlegenden Zahlen beschäftigen.

Ich bin weder ausgebildeter Ökonom, noch kann ich Ihnen aus dem Kopf alle aktuellen Bilanzierungsvorschriften oder Zentralbankdaten zitieren. Was Sie mir gerne als Schwäche entgegenhalten können.

Was ich jedoch immer wieder erlebt und am eigenen Leib erfahren habe, ist der große Nutzen, gelegentlich mal einen Schritt zurück zu machen und sich die Dinge aus einer 33.000-Fuß-Perspektive anzuschauen. Meistens wird einem dann das Wesentliche schon relativ schnell klar, woraus man dann wiederum am Kapitalmarkt die richtigen Schlüsse ziehen und Geld verdienen kann.

Genau deswegen habe ich gerade mal wieder, während ich mir in Argentinien das eine oder andere (billige) Eis gönne, einen Blick nach Deutschland geworfen. Von meiner Herkunft ganz abgesehen, ist das Land als größte Volkswirtschaft Europas ja so oder so immer ein Faktor, den man im Auge behalten muss.

Viele meiner Landsleute (außerhalb des Finanzsektors – Profis wie Sie nehmen wir mal aus!) lehnen sich gerade selbstzufrieden zurück, was die Aussichten Deutschlands anbelangt:

Relativ zur Bevölkerungsgröße ist Deutschland die erfolgreichste Exportnation der Welt: Exportweltmeister! Bundesanleihen gelten gemeinhin als so ziemlich sicherste Anlage der Welt. Immer, wenn irgendwo in Europa jemand Geld benötigt, ist Deutschland das solvente Land, an das man sich wenden muss. Deutschland hat die dicksten Taschen!

Ähnlich gut haben sich sicher auch die Argentinier gefühlt, als sie 1998 noch oben auf der Welle schwammen.

Ein Blick auf einige derjenigen Faktoren, auf denen das Land letztlich fußt, lässt jedoch gewisse Zweifel aufkommen:

Von den 83 Mio. Einwohnern Deutschlands gehen 44 Mio. einer bezahlten Beschäftigung nach. Allerdings sind von den 44 Mio. Beschäftigten nur 25 Mio. sogenannte Nettosteuerzahler, zahlen also mehr in die Staatskasse ein als sie an Leistungen empfangen. Von diesen 25 Mio. sind 13 Mio. auf die eine oder andere Weise im Staatsdienst: Lehrer, Beamte, usw. Damit bleiben 12 Mio. Leute übrig, die finanziell gesehen für die Staatsfinanzierung den Karren ziehen. Von diesen 12 Mio. sind wiederum nur 8 Mio. jünger als 45 Jahre. Insgesamt hört sich das für mich nach einer ziemlich dünnen Schicht an Leistungsträgern an, und einer unglaublich breiten Schicht an Leistungsempfängern. Wenn man die Staatsschulden einmal auf die 8 Mio. echten Leistungsträger umlegt, müsste jeder rund 250.000 Euro an Schulden abbezahlen, was ungefähr sieben Brutto-Jahresgehältern entspricht. Die Zahlen hierfür variieren, je nachdem welcher Statistik man Glauben schenkt. Das ungefähre Zahlenverhältnis ist aber so oder so enorm. Deutschland verliert netto jedes Jahr 80.000 qualifizierte Leute, vor allem an Länder wie die USA, die Schweiz und Australien. Wegen der Einwanderungsbestimmungen der meisten Länder ist ein Großteil dieser Abgänge eher relativ jung, was die Zahl der Leistungsträger in Deutschland nur weiter aushöhlt. Dann gibt es da noch die versteckten Verbindlichkeiten, wie der seit November 2007 aufgebaute Target 2 Saldo von nunmehr 1 Billion Euro. Bekanntlich sind diese Gelder primär für die Unterstützung von Italien und Spanien benötigt worden. Der Saldo macht mittlerweile 28% des Bruttosozialprodukt Deutschlands aus.

Deutschlands Wohlstand und Wirtschaftswachstum – eine durch Bilanztricksereien und Schulden finanzierte Fiktion?

All dies sind nur Beispiele, und über jede dieser Zahlen könnte man kontrovers debattieren. So würden mich diverse Politiker sofort darüber belehren, dass Target 2 ja nur „Zahlungssystemsalden auf dem Papier“ darstellen. Im Hinblick darauf, wie Italien und Spanien in der Vergangenheit mit der Rückzahlung von finanziellen Verbindlichkeiten umgegangen sind, kann ich da nur sagen: Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

Man wundert sich als außenstehender Beobachter schon, ob in Deutschland nicht irgendwann auch der Hochmut vor dem Fall kommt. Etliche der Zahlen, die man heute über die deutsche Wirtschaft und Gesellschaft findet, sind ziemlich beunruhigend. Noch sieht die Fassade super aus. Aber wie sieht es dahinter aus?

Natürlich will auch hiervon derzeit fast niemand etwas wissen.

Wenn man sich jedoch ein Land wie Argentinien einmal vor Ort anschaut und dadurch überhaupt erst einmal versteht, welche Konsequenzen solche aufgestauten Strukturprobleme verursachen können, wird man aber schon etwas nachdenklich.

Deutschland, pass mir auf!

Welche Konsequenzen Sie hieraus ziehen sollten

Bill Gates sagte einmal, die meisten Leute würden überschätzen, welchen technologischen Wandel man in einem Zeitraum von einem Jahr erreichen könnte. Sie würden aber auch unterschätzen, zu welchem technologischem Wandel es in einem Zeitraum von zehn Jahren komme könne.

Das Gleiche gilt auch für Investments, Volkswirtschaften und Politik.

Ich bin in meiner bisherigen Börsenkarriere immer wieder fasziniert gewesen, welche unglaublichen Reichtümer in zehn oder zwanzig Jahren geschaffen oder auch vernichtet werden können.

Deshalb beschäftige ich mich auf Undervalued-Shares.com heute auch vor allem darum, so genannte „Big Ideas“ (große Ideen) aufzuspüren. Damit meine ich Trends und Opportunitäten, an denen man über einen längeren Zeitraum verdienen kann. Für jeden, der sich nicht gerade als Vollzeitberuf mit der Aktienanlage beschäftigen möchte, ist es die viel bessere Lösung, sich einige Papiere langfristig wegzulegen. Wer hat schon die Zeit und Nerven, sich jede Stunde die Kurse anzuschauen?

Deutschland nahm ich heute nur als Beispiel dafür, wie sich ein Land, das heute als extrem sicher gilt, auf überraschende Weise verändern kann. Was natürlich nicht heißen soll, dass man nicht in Deutschland investieren sollte. Ganz im Gegenteil, ich analysiere gerade einige deutsche Aktien, da es in meiner alten Heimat auch echte Schnäppchen gibt.

Allerdings sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass man seine bestehenden Vorstellungen und Sichtweisen regelmäßig einer kritischen Prüfung unterziehen muss. Die Welt verändert sich ständig, und was heute noch als sicher und aussichtsreich gilt, kann morgen schon in einer Krise stecken und rasend schnell abfackeln.

Gott sei Dank kann fast jeder diese Dinge einigermaßen gut einschätzen, wenn man nur etwas gesunden Menschenverstand anwendet. Und man muss ja auch nicht immer richtig liegen, sondern nur in der Mehrzahl der Fälle.

Länder, Unternehmen und Finanzinstrumente zu finden, mittels derer sich an solchen Veränderungen verdienen lässt, ist die Hauptaufgabe von Undervalued-Shares.com.

Ich habe etliche Ideen im Köcher, über die ich Ihnen in den nächsten Monaten noch mehr erzählen werde!

Viele Grüße

Swen Lorenz
Undervalued-Shares.com

P.S.: Eines der Unternehmen, das viele Jahre in einem Seitwärtstrend gefangen war und 2019 zu neuen Ufern aufbrechen dürfte, ist Gazprom (MCX:GAZP). Wieso das neue Jahr für Gazprom-Aktionäre so spannend ist, habe ich in einer 94-seitigen Studie über das Unternehmen beschrieben. Diese umfangreichen Studien gibt es für zahlende Mitglieder. Eine kurze Inhaltsübersicht finden Sie hier, und die Mitgliedschaft für ein Jahr kostet nur 49 US-Dollar.

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Ein Beitrag von Swen Lorenz.

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