Von Geoffrey Smith
Investing.com - Die Hoffnung auf eine gütige Einigung im US-Handelsstreit mit China lässt die Weltbörsen am Freitag steigen.
Gute Vorgaben von der Wall Street und aus Asien gaben auch den europäischen Börsen Auftrieb, nachdem Gao Feng, Sprecher des chinesischen Handelsministerium, am Donnerstag gesagt hatte, er "hoffe", die USA würden die geplante Zollerhöhung auf China-Waren ab 1. September aussetzen und an den Verhandlungstisch zurückkehren. Seine nebulösen Aussagen waren ausreichend, um die Weltbörsen auf eine spätsommerliche Rallye zu schicken.
Das Wort "Hoffnung" hat in den letzten 24 Stunden die Bullen losgelassen, die ihrerseits alles niedertrampelten, was sich ihnen in den Weg stellte. Das Problem dabei ist, dass sie ihre Augen vor der Realität verschließen, da am Wochenende eine neue Serie von US-Zöllen auf chinesische Waren in Kraft tritt. Daran dürfte auch nichts der neue Kuschelkurs des chinesischen Handelsministeriums ändern.
Der STOXX Europe 600, der die 600 größten europäischen Unternehmen umfasst, stieg um 0,7 Prozent auf 379,48 Zähler, aber immer noch gut 2 Prozent unter dem Niveau vor Trumps Zollankündigung Anfang August.
Der britische FTSE 100 gewann 0,5 Prozent, während der deutsche DAX 1,0 Prozent zulegte.
Mit Ausnahme von Italien, das aus seiner jüngsten politischen Krise mit einem blauen Auge davon gekommen zu sein scheint, und Dänemark, sind alle europäischen Börsen für diesen Monat im Minus. Die Tatsache, dass der Schweizer SMI nur um 0,1% gefallen ist, während der High-Beta-Index aus Russland über 5% kollabiert ist, sagt viel über den Zustand an den Märkten aus.
Auch der September verheißt keine unmittelbare Besserung. In zwei Wochen dürfte die Europäische Zentralbank ein "Paket" von Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft vorlegen, darunter eine Senkung des Einlagesatzes, eine günstigere langfristige Finanzierung (die so genannten TLTROs) und - möglicherweise - eine Wiederaufnahme der quantitativen Lockerung.
Der Chef-Ökonom der ING, Carsten Brzeski, erwartet, dass die EZB wieder Anleihen in einem monatlichen Volumen von 30 Milliarden Euro kauft. Allerdings haben sich drei der größten Falken der EZB im geldpolitischen Rat in dieser Woche gegen die Neuauflage der QE ausgesprochen. Für den Niederländer Klaas Knot ist die Wirtschaft noch nicht schwach genug für neue Anleihekäufe. "Die Markterwartungen sind übertrieben", sagte Knot.
Ein Thema, bei dem die Hoffnung auf neue Impulse größer sein dürfte, ist der Brexit. Sterling war trotz der immer extremer werdenden Maßnahmen von Premierminister Boris Johnson, der eine Politik betreibt, deren wahrscheinlichstes Ergebnis ein ungeordneter "No-Deal" Brexit ist, nicht bereit, deutlich unter 1,22 Dollar oder 1,10 Euro zu fallen. Das deutet darauf hin, dass eine Vielzahl von schlechten Nachrichten an der Brexit-Front bereits eingepreist sind. Wenn durch ein Wunder ein harter Brexit vermieden werden kann, sollte es viel Platz für eine Erholungsrallye geben.