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Thyssen am Scheideweg - Stahlbündnis und Aufspaltung auf Prüfstand

Veröffentlicht am 25.04.2019, 11:48
© Reuters. A logo of Thyssenkrupp AG is pictured at the company's headquarters in Essen
TKAG
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- von Tom Käckenhoff

Düsseldorf (Reuters) - Thyssenkrupp (DE:TKAG) steht in den nächsten Wochen vor entscheidenden Weichenstellungen.

Ein Dreivierteljahr nach seinem Amtsantritt muss Konzernchef Guido Kerkhoff dem Aufsichtsrat die Karten auf den Tisch legen, ob sein Plan für eine Aufspaltung des Mischkonzerns in eine Materials AG und eine Industrials AG noch der richtige Weg ist. Die neue Chefin des Aufsichtsrats, Martina Merz, wolle Klarheit, sagten mehrere mit der Situation vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Auch das andere große Vorhaben - die Gründung eines Stahl-Joint-Ventures mit Tata Steel - ist keineswegs gewiss, weil die EU wettbewerbsrechtliche Bedenken hat und Zugeständnisse fordert. "Bringt es uns um, wenn es nicht stattfindet? Nein", spielte Kerkhoff die Bedeutung bereits herunter.

Ein Scheitern des seit Jahren von Kerkhoff und seinem Vorgänger Heinrich Hiesinger vorangetriebenen Stahlbündnisses wäre daher keine Überraschung. Eine Rücknahme der Aufspaltungspläne oder eine Verschiebung hingegen schon. "Die Verunsicherung ist groß. Es ist unklar, wie es weitergeht", sagte ein Insider aus dem Konzern. Bei dem Stahl-Joint-Venture will die EU-Kommission bis Juni entscheiden. Über die Zukunft der Aufspaltungspläne könnte im Mai der Aufsichtsrat beraten, sagten mehrere mit den Überlegungen vertraute Personen.

Bei dem Stahl-Joint-Venture mit Tata sei offen, ob die Zugeständnisse an die EU-Kommission reichten. Zu viel mehr sei man aber nicht bereit, hatte ein Insider deutlich gemacht. Die Arbeitnehmervertreter von Thyssen haben Kerkhoff gewarnt, das Bündnis mit Tata um jeden Preis durchzusetzen. Der Duisburger Stahlbetriebsrat fordert für den Fall eines Scheiterns der Pläne die gleichen umfassenden Schutzrechte für die Beschäftigten wie sie auch für eine Fusion gelten sollen. Dem Europäischen Betriebsrat von Tata gehen die Zusagen an die EU jetzt schon zu weit.

NEUER AUFSICHTSRAT MACHT DRUCK

Kerkhoff hat es im Aufsichtsrat mit neuen Mitgliedern wie dem früheren Evonik-Finanzchef Wolfgang Colberg zu tun, der heute für den Finanzinvestor CVC tätig ist. Der ehemalige Siemens-Vorstand Siegfried Russwurm wird noch folgen. Vor allem aber hat Thyssenkrupp mit der ehemaligen Bosch-Managerin Martina Merz seit Februar eine Aufsichtsratschefin, die ihre Kontrollfunktion gegenüber dem Vorstand rasch hervorgehoben hat. "Der Aufsichtsrat muss seiner Verantwortung gerecht werden - er bestellt und kontrolliert den Vorstand, und er berät ihn", betonte sie in einem internen Text für die Mitarbeiter, der der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt. Ein einfaches Absegnen seiner Strategie kann Kerkhoff von Merz daher nicht erwarten. Sie werde das Kontrollgremium zu einem offenen Austausch ermuntern. "Das ist Diskurs und Debatte. Dann eine Entscheidung. Und dann geht es beim nächsten Thema weiter mit Diskurs und Debatte."

Kerkhoff müsse dem Aufsichtsrat nochmal Vor- und Nachteile der Aufspaltung darlegen, zumal sich seit dem Beschluss Ende September die Welt weitergedreht habe, sagen Insider. Die Konjunktur schwächt sich ab, was der stark auf die Automobilindustrie fokussierte Konzern zu spüren bekommt. Die Anfangseuphorie über die Pläne ist am Markt verpufft und der Aktienkurs in den Keller gerauscht. Dies liege allerdings weniger an den Plänen, sondern daran, dass die Performance der einzelnen Sparten weiter zu wünschen übriglasse, hieß es bei Branchenkennern. Thyssenkrupp sei stark mit sich selbst beschäftigt. "Mit der Aufspaltung in ein Werkstoffgeschäft und ein Industriegütergeschäft und dem Glauben daran, dass dadurch alles von allein besser wird, ist es nicht getan", hatte Winfried Mathes von Deka Investment bereits auf der diesjährigen Hauptversammlung kritisiert. "Wie die Zahlen des abgelaufenen Geschäftsjahrs zeigen, ist Wettbewerbsfähigkeit das Hauptthema."

© Reuters. A logo of Thyssenkrupp AG is pictured at the company's headquarters in Essen

HOHE KOSTEN

Der "Platow Brief" verwies in einem am Dienstagabend veröffentlichten Bericht zudem auf die Kosten der Aufspaltung, die laut Kerkhoff im "höheren dreistelligen Millionenbereich" liegen. Aufsichtsratschefin Merz wolle vom Management deshalb wissen, ob sich ThyssenKrupp diese Ausgaben überhaupt leisten könne und welche Vorteile die Aufspaltung bringt. Thyssenkrupp wollte dies am Mittwoch nicht kommentieren.

Kerkhoff hat betont, dass der Aufsichtsrat die Aufspaltungspläne einstimmig unterstützt. Neben den mächtigen Arbeitnehmervertretern, die ihm ganz genau auf die Finger schauen, wird es für den Manager darauf ankommen, wie sich die Großaktionäre verhalten. Der schwedische Finanzinvestor Cevian, der rund 18 Prozent der Anteile hält, wollte sich dazu am Mittwoch nicht äußern. Cevian-Gründer Lars Förberg hatte sich Ende September klar hinter die Pläne gestellt, dies aber mit der Erwartung verbunden, dass zwei unabhängige Unternehmen entstehen: "Dies wird die Komplexität reduzieren und den Geschäften ermöglichen, durch mehr unternehmerische Freiheit und Flexibilität ihr volles Potenzial auszuschöpfen." Die Krupp-Stiftung, die mit 21 Prozent größter Einzelaktionär ist, betonte am Mittwoch: "Die Stiftung steht selbstverständlich weiterhin zu im Aufsichtsrat getroffenen Beschlüssen."

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