Es ist ein großes Risiko, das Autohersteller wie Volkswagen (ETR:VOWG) (WKN: 766403) und Mercedes-Benz (ETR:MBGn) (WKN: 710000) auf sich nehmen. Parallel zur rasanten Umstellung auf Elektromobilität steigen sie in ein ganz neues Geschäftsfeld ein: die Produktion von Lithium-Ionen-Batteriezellen.
Bisher galt in der Autoindustrie das Auslagern auf Zulieferer als Königsweg. In den vergangenen Jahren scheint sich die Dynamik umgekehrt zu haben: Vertikale Integration entlang der Wertschöpfungskette ist nun die bevorzugte Strategie bei immer mehr Autoherstellern.
Übernehmen sich Autohersteller wie Volkswagen und Mercedes-Benz mit diesem Strategieschwenk? Bedeutet das größere Risiken für die VW-Aktie und die Mercedes-Aktie? Oder könnten die Aktienkurse eines Tages vielleicht sogar von der eigenen Batterieproduktion profitieren?
Batteriezellen sind kein Blech Bis vor wenigen Jahren lautete die Devise der Autohersteller: Batteriezellen kann man günstig von Zulieferern beziehen, wie jedes andere Bauteil auch. Es galt als visionär, wenn man einen langfristigen Liefervertrag mit großen Volumina abschloss, um sich für die nächsten Jahre mit Batteriezellen einzudecken.
Doch schon damals warnte der eine oder andere angesichts der Bedeutung der Batteriezelle vor dieser Outsourcing-Strategie. Schließlich ist der Akku die wertvollste Komponente im Elektroauto. Gut, dass sich die Pläne einiger Autohersteller in den letzten Jahren deutlich geändert haben. So ist das Risiko deutlich geringer, dass es zu einer ungesunden Abhängigkeit kommt.
Was die deutschen Autohersteller vorhaben Volkswagen hat von den drei deutschen Autokonzernen die ehrgeizigsten Pläne. Allein in Europa sollen in den nächsten Jahren Batteriefabriken mit einer jährlichen Produktionskapazität von 240 Gigawattstunden entstehen. Der Bau der ersten Fabrik in Salzgitter (ETR:SZGG) läuft bereits – 2025 soll sie die ersten Zellen ausspucken.
Mercedes-Benz unterhält zwar eine eigene Forschung zum Thema Batteriezellen, wird aber keine eigenen produzieren. Dafür haben sich die Schwaben an der Automotive Cells Company (ACC) beteiligt, die von der Opel-Mutter Stellantis (NYSE:STLA) und dem Ölkonzern Total (EPA:TTEF) ins Leben gerufen wurde. Auch ACC will in den nächsten Jahren mehrere Batteriefabriken hochziehen.
Zurückhaltend zeigt sich BMW (ETR:BMWG) (WKN: 519000): Generell erwecken die Münchner in Sachen Elektromobilität den Eindruck, die Dringlichkeit noch nicht ganz verstanden zu haben. Bei den Batteriezellen ist es ähnlich – der Autohersteller möchte sie wie bisher von Zulieferern kaufen und gibt dieses wichtige Glied der Wertschöpfungskette nach Asien ab.
Volkswagen und Mercedes-Benz handeln richtig Der scheidende Volkswagen-CEO Herbert Diess brachte es kürzlich mit einem Zitat auf den Punkt, warum Autohersteller auch zu Batterieherstellern werden müssen: „Es ist entscheidend, dass wir die Werttreiber der Zukunft selbst beherrschen.“
In den letzten Monaten ist klar geworden, welche Risiken von global verstreuten Wertschöpfungsketten ausgehen können. Ein Engpass bei Batteriezellen könnte die Elektroauto-Offensive eines unvorbereiteten Autoherstellers abrupt zum Stillstand kommen lassen. Volkswagen und Co. sorgen hier klugerweise vor.
Aber es geht nicht nur um Lieferkettenrisiken, sondern auch um Kosten. Wer seine Batteriezellen selbst produziert, spart sich die Gewinnmarge des Zulieferers, Frachtkosten und Zölle. Alle sind sich einig, dass die Kosten für Elektroauto-Akkus sinken müssen, damit sich eines Tages jeder einen Stromer kaufen kann. Eine eigene Batterieproduktion ist ein guter Schritt in diese Richtung.
Außerdem bietet dieser Schritt eine Gelegenheit, noch tiefer in die Wertschöpfungskette hineinzugehen und auch die Gewinnung der Rohstoffe in die eigenen Hände zu nehmen. Denn diese könnten in den nächsten Jahren zu einem noch größeren Hindernis für die Elektroauto-Ambitionen der Autohersteller werden.
Christoph Gössel besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Volkswagen AG . The Motley Fool empfiehlt BMW.
Motley Fool Deutschland 2022