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Jetzt auch noch Aurubis (ETR:NAFG): Der hunderte Millionen Euro schwere Metallbetrug zulasten des Traditionsunternehmens markiert mehr als nur einen Verlust. Nach dem Skandal bei Trafigura und weiteren Vorfällen ist das Vertrauen in die gesamte Branche erschüttert.
Der Hamburger Recyclingspezialist Aurubis hatte erst im Juni über einen 20 Mio. EUR schweren Diebstahl berichtet. Eine Bande hatte über einen Zeitraum von mehreren Jahren edelmetallhaltige Zwischenprodukte gestohlen. Einen Zusammenhang mit dem aktuellen Fall gibt es dem Unternehmen zufolge „wahrscheinlich“ nicht.
Recyclingmaterial enthält weniger Edelmetall als angegeben
Der aktuelle Fall – dabei geht es um mehr. Auf mehrere hundert Millionen EUR wird der Schaden taxiert. Die genaue Höhe soll bis Ende September durch eine Sonderinventur geklärt werden. Die Ergebnisprognose für das Geschäftsjahr 2022/2023 in Höhe von 450 bis 550 Millionen EUR wurde jedenfalls kassiert, die Aktie rauschte um zeitweise 20 % in die Tiefe. Auch die Aktie von Salzgitter (ETR:SZGG) – das Unternehmen hält knapp 30 % der Anteile an Aurubis – gab deutlich nach.
Was war passiert? Offenbar enthielten zum Recycling bestimmte Lieferungen dauerhaft und systematisch weniger Edelmetall als durch die Lieferanten angegeben. Möglich war dies – jedenfalls in der im Raum stehenden Größenordnung – nur durch die Hilfe von Insidern.
Angestellte in der Haupthütte in Hamburg haben offenbar Metallgehaltsproben manipuliert. Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt wegen schweren Diebstahls, es gab erste Festnahmen und Freistellungen.
Integrität der Lieferketten steht auf dem Spiel
Es ist schon der zweite Skandal bei Aurubis in diesem Jahr. Dass die Meldung durch Märkte und Medien so stark wahrgenommen wird, liegt jedoch auch an weiteren Skandalen aus der jüngeren Vergangenheit.
Im Frühjahr wurde bekannt, dass der Rohstoffhändler Trafigura um Nickel im Wert von einer halben Milliarde US-Dollar betrogen worden war. Das Unternehmen, dessen Mitarbeiter laut NZZ „als gewitzte Geschäftspartner gefürchtet und bewundert“ werden, fand bei der Öffnung von Containern in Rotterdam kein Nickel, sondern Kohlenstoffstahl vor.
1104 Container enthielten schlussendlich nicht das, was ausgewiesen war. 25.000 t Nickel waren verschwunden – aufgrund eines „systematischen Betrugs“. Trafigura musste 577 Mio. USD abschreiben.
Ob davon zumindest ein Teil zurückkehrt, ist ungewiss, gerichtliche Verfahren laufen. Trafigura vermutet den indischen Geschäftsmann Prateek Gupta und mehrere durch diesen kontrollierte Unternehmen hinter der Angelegenheit.
Nach Trafigura meldet auch Kataman Metals Betrug
Aurubis und Trafigura werfen die Frage nach der Integrität der Lieferketten im Metallhandel auf. Müssen die Märkte Unternehmen künftig mit einem Abschlag bewerten, um die latenten Betrugsrisiken korrekt einzupreisen? Die Frage danach dürfte jedenfalls gestellt werden.
In der aktuellen Situation erfahren auch Unregelmäßigkeiten bei kleineren und weniger bekannten Unternehmen sofort ein großes Echo. Dies galt etwa, als der US-Rohstoffhändler Kataman Metals im August meldete, bei einer Lieferung von Nickel um 3,3 Mio. USD betrogen worden zu sein. Die Vorwürfe richten sich gegen New Alloys Trading Pte.
New Alloys hatte Kataman im August 2022 offenbar 167 t LME-ausgezeichnetes Nickel verkauft, das im selben Monat von Singapur nach Dubai geliefert werden sollte. Die Container verblieben jedoch bis März im malaysischen Port Klang. Als die Container schließlich geöffnet wurden, konnte nur wertloses Material darin vorgefunden werden.
Metallbetrug gab es schon im Altertum
Die Branche muss eine Antwort auf ein Problem finden, das zugegebenermaßen alles andere als neu ist. Die Beschwerdetafel an Ea-nāṣir wird auf das Jahr 1750 v. Chr. taxiert. Die in akkadischer Keilschrift verfasste Tontafel dokumentiert eine Beschwerde eines Kunden namens Nanni an einen Händler namens Ea-nāṣir über eine zu geringe Qualität gelieferten Kupfers.