- Die jüngsten Umsatzzahlen aus der Chipschmiede AMD lassen auf einen weitaus dramatischeren Nachfrageeinbruch schließen als gedacht
- Die Aktie des US-Chipherstellers hat in diesem Jahr aus Sorge vor einer Rezession rund 60 % ihres Wertes verloren
- AMD war in Auf- und Abschwungphasen stets auf dem Radar der Analystengemeinde, da das Unternehmen in solchen Phasen erfolgreich Marktanteile erobern konnte
Der jüngste Geschäftsbericht des Halbleiterherstellers Advanced Micro Devices (NASDAQ:AMD) hat gezeigt, dass der Einbruch der Nachfrage weitaus dramatischer ist als gedacht. Das hat die Hoffnung auf eine schnelle Erholung des angeschlagenen Aktienkurses im Keim erstickt.
Das in Kalifornien ansässige Unternehmen gab letzte Woche seine vorläufigen Umsatzzahlen für das dritte Quartal bekannt, die um mehr als 1 Milliarde Dollar hinter den Prognosen des Marktes zurückblieben. Der Umsatz für den am 30. September zu Ende gegangenen Zeitraum betrug etwa 5,6 Mrd. USD und lag damit unter der durchschnittlichen Analystenschätzung und der eigenen Prognose von 6,7 Mrd. USD.
Der steile Umsatzrückgang bei einem der beliebtesten Chiphersteller macht deutlich, dass die sich eintrübenden makroökonomischen Bedingungen die Nachfrage rasch zerstören und die Unternehmen zur Kürzung ihrer Ausgaben drängen. Besonders betroffen ist nach Angaben von AMD der PC-Markt, auf dem sich die Käufer von Chips wegen der nachlassenden Nachfrage und des Aufbaus von Lagerbeständen stark zurückhalten.
Quelle: InvestingPro
Die Angst vor einer Rezession drängt Technologieunternehmen zur Stornierung oder Verschiebung von Aufträgen, was eine deutliche Kehrtwende gegenüber der Zeit nach der Pandemie darstellt, als die Unternehmen in Erwartung einer steigenden Nachfrage ihre Lagerbestände aufbauten.
Am Tag nach der Bekanntgabe der vorläufigen Geschäftszahlen rauschte der Kurs der AMD-Aktie um etwa 14 % in die Tiefe, konnte sich aber am Montagabend wieder etwas stabilisieren. Seit Jahresbeginn hat der Titel nun fast 60 % an Wert verloren. Diese Verluste sind schlimmer als die des Philadelphia Semiconductor Index, der in diesem Jahr um 39 % eingebrochen ist.
Nach der erheblichen Schwäche im PC-Segment richten die Anleger ihr Augenmerk nunmehr auf die Nachfragesignale aus den Bereichen Cloud Computing, Automobil und Fabrikautomation, um zu beurteilen, ob die derzeitige Abschwächung marktbreit angelegt ist und auch Bereiche treffen könnte, die sich bisher als solide erwiesen haben.
Diese Unwägbarkeiten erschweren eine Bodenbildung im Chipsektor, der für seine starken Schwankungen berüchtigt ist und dessen Schicksal extrem eng mit der Gesamtwirtschaft verknüpft ist.
Dennoch sind viele Analysten der Meinung, dass sich die derzeitigen Marktbedingungen bereits im Aktienkurs von AMD widerspiegeln, der inzwischen nur noch mit dem 13-fachen der voraussichtlichen Gewinne gehandelt wird. Die Bank of America (NYSE:BAC) hat AMD letzte Woche trotz der enttäuschenden Umsatzprognose erneut zum Kauf empfohlen.
In einer Umfrage auf Investing.com unter 45 Analysten stufen mehr als 60 Prozent die Aktie als "Buy" mit einem Konsensziel ein, das einem Renditepotenzial von 77 % entspricht.
In einer kürzlich veröffentlichten Anlegernotiz erklärte Stifel, dass AMD seine Rentabilität und Marktanteile auch in einem sich abschwächenden Nachfrageumfeld im Vergleich zur Konkurrenz weiter ausbauen wird.
In der Notiz heißt es:
"Trotz der kurzfristigen Nachfrageschwankungen rechnen wir mit Marktanteilsgewinnen, die zu einem Wachstum deutlich über dem Marktdurchschnitt führen werden. Zudem dürften sich sowohl die Bruttomarge als auch die operative Marge weiter erhöhen, was unserer Einschätzung nach letztlich zu einer Expansion des Multiple führen sollte."
AMD gehörte in den bisherigen Auf- und Abschwungphasen zu den Lieblingen der Analysten, schließlich ist es dem Unternehmen stets gelungen, dem Branchentitan Intel Corp (NASDAQ:INTC) Marktanteile abzujagen. Obwohl AMD nicht immun gegen makroökonomischen Gegenwind ist, ist es durchaus realistisch, dass das Unternehmen seine grundlegende Outperformance aufrechterhalten kann.
BMO Capital Markets lieferte seinen Kunden in diesen Tagen ähnliche Argumente für eine optimistische Einschätzung der langfristigen Aussichten zu AMD.
In der Studie heißt es:
"Wir sehen einen Pfad zu nachhaltigen Marktanteilsgewinnen zulasten von Intel... und dafür braucht es keine Fehlentscheidung von Intel. Wir haben den Eindruck, dass die Glaubwürdigkeit von AMD bei den Kunden dank mehrerer wichtiger architektonischer Innovationen des Unternehmens und der Einführung einer Produktpalette, die es dem Unternehmen ermöglicht hat, Lücken nicht nur zu schließen, sondern in vielen Fällen sogar weitergehende Verbesserungen zu erzielen.“
Fazit
Eine schrumpfende Nachfrage und fallende Aktienkurse lassen kaum Optimismus für den Chipsektor aufkommen. Langfristig orientierte Anleger sollten sich jedoch langsam auf die Suche nach geeigneten Aktien machen, die das Potenzial haben, schnell wieder auf den Wachstumspfad zurückzukehren. Meiner Meinung nach zählt AMD sicherlich zu solchen Titeln.
Offenlegung: Haris Anwar besitzt keine Aktien von AMD. Die in diesem Artikel dargelegten Ansichten geben ausschließlich die Meinung des Verfassers wider und sind nicht als Anlageberatung zu verstehen.