Der EUR eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0899 (05:27 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0833 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 151,76. In der Folge notiert EUR-JPY bei 165,40. EUR-CHF oszilliert bei 0,9426.
Märkte: Warten auf die US-Wahl
Am Finanzmarkt finden die finalen Positionierungen vor den US-Wahlen statt. In der Grundtendenz sind diese Anpassungen Ausdruck leicht erhöhter Risikoaversion basierend auf den mit den US-Wahlen einhergehenden globalen ökonomischen, außenpolitischen, aber auch innenpolitischen Risiken in den USA. So wurde Im US-Bundesstaat Washington die Nationalgarde wegen möglicher Ausschreitungen nach der US-Wahl aktiviert.
Laut aktueller Umfragen liegt Harris in den "Swing States" vor Trump. Ob diese Umfragen belastbar sind, wird sich zeigen. 2016 lieferten die Umfragen pro Clinton nur eine Irritation. Datenpotpourri: Der am Freitag veröffentlichte US-Arbeitsmarktbericht fiel ernüchternd aus. Demnach wurden im Oktober nur 12.000 neue Stellen geschaffen. Die Prognose lag bei 113.000. Zudem wurde der Vormonatswert von 254.000 auf 233.000 revidiert. Anzumerken ist, dass sich die Streiks und die Hurrikane belastend auswirkten. Dieser Datensatz ist vor diesem Hintergrund nicht extrapolierbar, sondern muss zunächst als eine Anomalie gewertet werden.
Staatshaushalte: Der Anstieg der Kapitalmarktrenditen insbesondere in den USA (per Oktober 10-jährige Treasuries von 3,79% auf 4,28%) kann nur noch schwerlich als technische Reaktion interpretiert werden. Der Anstieg reflektiert meines Erachtens zwei Aspekte. Erstens ist weder bei einer Präsidentschaft Harris noch bei einer Präsidentschaft Trump ansatzweise das Thema US-Haushaltskonsolidierung auf der Agenda. Die Haushaltslage spitzt sich weiter zu.
Per Oktober kam es laut US-Treasury zu einer Neuverschuldung in Höhe von 486 Mrd. USD!
Aktienmärkte: Late Dax +0,77%. EuroStoxx 50 +0,69%, S&P 500 +0,43%, Dow Jones +0,65%, US Tech 100 +0,71%. Aktienmärkte in Fernost Stand 05:52 Uhr: Nikkei (Japan) Feiertag, CSI 300 (China) +0,72%, Hangseng (Hongkong) +0,11%, Sensex (Indien) -1,30% und Kospi (Südkorea) +1,48%. Rentenmärkte: Die 10-jährige Bundesanleihe rentiert heute früh mit 2,41% (Vortag 2,39%), während die 10-jährige US-Staatsanleihe eine Rendite in Höhe von 4,31% (Vortag 4,28%) abwirft. Devisenmärkte: Der USD (EUR +0,0021 ) verlor weiter leicht an Boden.
Gold (-10,50 USD) und Silber (-0,07 USD) gaben trotz des schwächeren USD nach.
Deutschland: Fast jeder zweite Industriebetrieb will im Ausland expandieren
Fast jedes zweite Industrieunternehmen will laut einer Studie (Umfrage unter 115 Topmanagern) von Ernst & Young im Ausland expandieren. 45% wollen demnach neue Standorte außerhalb Deutschlands errichten. Lediglich 13% wollen in Deutschland neue Standorte aufbauen (Aspekt Geschäftsmodell gebunden an Standort).
Kommentar: Diese Daten sind prekär. Unternehmen stimmen bezüglich der Rahmenbedingungen, die von unseren politischen Eliten geschaffen worden sind, mit "ihren Füßen" ab.
Diese Daten sind ein Apell an die deutsche Politik, eine massive Neuausrichtung in Gang zu setzen. Wer der Wirtschaft keine Zukunft gibt, zerstört die Grundlage der Einkommen für Staat und private Haushalte und vernichtet die Zukunftsfähigkeit des Standorts, denn ohne Wirtschaft (Einkommen) geht nichts, gar nichts (gilt auch für Energie!)!
Mit der Expansion ins Ausland ist laut E&Y regelmäßig die Verlagerung von Arbeitsplätzen verbunden: 29% der Unternehmen planen das. Dass Arbeitsplätze aus dem Ausland zurück nach Deutschland verlagert werden, kommt selten vor: 4% erwägen einen solchen Schritt.
Kommentar: Wir reden von einem Delta von 25% (29% -4%). Das ist massiv. Es ist erst der Anfang, wenn keine Neuausrichtung erfolgt.
O-Ton Ernst & Young: "Die deutsche Industrie sendet Alarmsignale. Angesichts düsterer Konjunkturaussichten auf dem Heimatmarkt orientieren sich viele Unternehmen ins Ausland, um dort von besseren Rahmenbedingungen zu profitieren. Für den Standort heiße das weniger Umsatz, weniger Arbeitsplätze, weniger Investitionen."
Kommentar: E&Y liegt richtig, aber vergisst die Einkommen für den Staat und private Haushalte. Wie wird sich der gesellschaftspolitische Konsens und in der Folge der politische Konsens entwickeln, wenn unsere üppigen Sozialsysteme nicht mehr finanzierbar sind. Dieses Risiko steht bei Fortführung dieser Politik wie ein Elefant im Raum!
Unterm Strich werden nach Einschätzung von 63% der Manager in den kommenden Jahren Arbeitsplätze in Deutschland verloren gehen. 84% bewerten die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung hierzulande negativ, davon 23% sogar sehr negativ. 48% rechnen mit einer Verbesserung in den kommenden fünf Jahren, genau so viele erwarten keine Verbesserung.
Kommentar: Die normative Kraft des Faktischen wird uns früher oder später in eine Reformpolitik zwingen. Je länger wir warten, desto teurer und politisch riskanter wird es werden.
Vor gut 10 Jahren haben wir unseren europäischen Freunden die bittere Medizin der Reformpolitik verordnet. Seinerzeit standen wir auf dem ersten Platz in Europa. Jetzt, wo wir den letzten Platz einnehmen, gibt es politische Eliten, die der Realitätsverweigerung das Wort reden. Meine liebe Frau Conny will adhoc mit mir die Begriffe Absurdität, Verantwortung und Demut vor Verantwortung diskutieren.
Lindner fordert Kehrtwende in Wirtschafts- und Finanzpolitik
Finanzminister Lindner fordert in einem 18-seitigen Grundsatzpapier ein völliges Umsteuern in der Wirtschafts- und Finanzpolitik und distanziert sich in Teilen von der gemeinsamen Ampel-Politik der vergangenen Jahre. Die Herausforderungen wie ein Investitionsstau, eine geringe Produktivität oder ein Sonderweg beim Klimaschutz seien in den vergangenen Jahren von der Politik nicht nur nicht adressiert, sondern zum Teil "vorsätzlich herbeigeführt" worden. Deshalb ist eine Wirtschaftswende mit einer teilweise grundlegenden Revision politischer Leitentscheidungen erforderlich, um Schaden vom Standort Deutschland abzuwenden.
Kommentar: Erkenntnis scheint in Teilen unsere Politik zu erreichen, was Hoffnungen stützt.
Konkret schlägt Lindner einen sofortigen Stopp aller neuen Regulierungen vor und einen Abbau von Nachweis- und Berichtspflichten auf ein notwendiges Minimum.
Kommentar. Das ist sinnvoll auch mit Blick beispielsweise auf das Lieferkettengesetz (Kostenverlagerung außenpolitischer Ziele auf Unternehmen). Die Liste der Regulierungen ist aber länger. Das bisherige Bürokratieentlastungsgesetz ist vergleichbar mit einem "Mückenstich auf dem Achtersteven eines Elefanten" (höfliche Formulierung!).
Als Sofortmaßnahe sollte der Solidaritätszuschlag entfallen. Parallel sollte die Körperschaftssteuer 2025 um 2 Prozentpunkte reduziert und in weiteren Schritte 2027/2029 gesenkt werden. Das Papier kritisiert den deutschen Sonderweg in der Klimapolitik.
Kommentar: Das ist erforderlich, um die Steuerbelastung der Wirtschaft aus der Spitzengruppe der Welt zurück in das Mittelfeld zu führen (Leistungsanreiz versus Anspruchsanreiz).
Der deutsche Ansatz in der Klimapolitik überfordert die Wirtschaft, da er unsere Wirtschaft stärker als anderswo in Europa und dem Rest der Welt belastet. Es bedarf pragmatischer und nicht ideologischer Grundausrichtungen. Im Gegenteil macht die ideologische Fortführung der Klimapolitik eine Erreichung der Ziele unrealistisch, denn die Transformation ist extrem teuer.
Mit erodierendem Kapitalstock ist das nicht zu schaffen, nur mit einem starken Kapitalstock!
Mit Blick auf den Bundeshaushalt 2025 fordert Lindner weitere Einsparungen. Die Einnahmebasis habe sich um 11 Mrd. EUR verringert. Gleichzeitig würden sich aber die Ausgaben für das Bürgergeld und die Kosten der Unterkunft sowie für die Förderung der Erneuerbaren Energie weiter erhöhen. Die Aufgabe könne nur gelöst werden, wenn der Weg der qualitativen Konsolidierung konsequent fortgesetzt werde. Eine entsprechende weitere Absenkung der Ausgaben würde zudem dazu beitragen, die Vorgaben zur Einhaltung der europäischen Fiskalregeln zu erfüllen.
Kommentar: Die Themen generationengerechte Gestaltung des öffentlichen Haushalts, nachhaltige Balance zwischen Staatseinnahmen und Staatsausgaben und Erhaltung des Kapitalstocks beginnt in Berlin zu verfangen, nachdem einige Länderhaushalte (u.a. Niedersachsen) sich für die Politiker unerwartet als löchrig erweisen. Hier beginnt die Kraft des normativ Faktischen zu greifen. Ohne Wende ist es nur der Anfang einer zunehmenden Krise!
Realitätsnähe der Politik ist zu begrüßen, aber warum erst jetzt zu einem Zeitpunkt, wo die Schäden generiert wurden? Hätte man vielleicht früher auf warnende Stimmen hören sollen? Hätte man den politischen und medialen Echokammern im Sinne des unverzichtbaren Pluralismus in einer Demokratie nicht vorher den "Saft" abdrehen müssen? Hätte man die kritischen, die der Realität verpflichteten Stimmen nicht "medial diskriminieren" sollen?
Lindner schlägt zusätzlich vor, die Subventionen für das Halbleiterwerk von Intel (NASDAQ:INTC) in Magdeburg nicht nur zu verschieben, sondern ganz zu streichen. Der Klima- und Transformationsfonds (KTF) sollte ausgelöst werden.
Kommentar: Mit diesem Grundsatzpapier liefert Finanzminister Lindner Sprengstoff für die Regierung. Die ersten reflexartigen Reaktionen seitens der Granden der SPD und der Grünen implizieren, dass diese Ansätze nicht goutiert werden. Was sagt das aus?
Fazit: Wer an realitätsfernen Narrativen, die durch die Datenpotpourris längst faktisch widerlegt sind, die jedoch in Echokammern der Partikularinteressen weiter gepflegt werden, festhält, wird von der Realität voraussichtlich an den Wahlurnen eingeholt.
Dieses Grundsatzpapier geht in vielen Feldern der Politik in die richtige Richtung. Die in diesem Report, aber auch von den Wirtschaftsverbänden zuletzt auf „Nummer 1“ gesetzte Themen der nachhaltigen energetischen Versorgungslage und der nicht konkurrenzfähigen Energiepreise ist jedoch nicht adressiert. Es ist das Thema, dass die schnellste positive Traktion entwickeln könnte. Es ist außenpolitisch sicherlich das „heißeste Eisen“ (interessenorientierte Politik)!
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Eurozone: Griechenlands PMI legt zu
Griechenland: Der Einkaufsmanagerindex des Verarbeitenden Gewerbes lag per Oktober 51,2 nach zuvor 50,3 Punkten.
Schweiz: Verbraucherpreise (J) nur noch bei 0,6%
Die Verbraucherpreise verzeichneten per Oktober im Monatsvergleich einen Rückgang um 0,1% (Prognose 0,0%) nach zuvor -0,3%. Im Jahresvergleich stellte sich Anstieg um 0,6% (Prognose 0,8%) nach zuvor 0,8%. Einzelhandelsumsätze nahmen per September im Jahresvergleich um 2,2% nach zuvor 2,7% (revidiert von 3,2%) zu. Der Einkaufsmanagerindex des Verarbeitenden Gewerbes lag per Oktober unverändert bei 49,9 Punkten (Prognose 49,8).
UK: Hauspreise (J) steigen um 2,4% - finaler PMI enttäuscht
Die Hauspreise legten per Oktober im Monatsvergleich um 0,1% (Prognose 0,3%) nach zuvor 0,6% (revidiert von 0,7%) zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 2,4% (Prognose 2,8%) nach zuvor 3,2%. Der Einkaufsmanagerindex des Verarbeitenden Gewerbes lag per Oktober im finalen Wert bei 49,9 Zählern (Prognose und vorläufiger 50,3 Punkte).
USA: Schwacher Arbeitsmarktbericht verzerrt durch Hurrikane?
Voraussichtlich ist das Ergebnis des Arbeitsmarktberichts durch die Hurrikane und Streiks verzerrt.
Der S&P Einkaufsmanagerindex des Verarbeitenden Gewerbes lag gemäß finaler Berechnung per Oktober bei 48,5 Punkten (vorläufiger Wert 47,8). Der ISM Einkaufsmanagerindex des Verarbeitenden Gewerbes stellte sich per Oktober auf 46,5 (Prognose 47,6) nach zuvor 47,2 Punkten. Die Bauausgaben verzeichnete per September einen Anstieg um 0,1% (Prognose 0,0%) im Monatsvergleich. Der Vormonat wurde von -0,1% auf +0,1% revidiert.
Russland: Einkaufsmanagerindex zurück auf Wachstumsterrain
Der S&P Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe nahm per Oktober von zuvor 49,5 auf 50,6 Zähler zu.
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine negative Tendenz. Ein Überschreiten der Widerstandszone bei 1.0990 – 1.1020 negiert dieses Szenario.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe