Finanzwerte sind in der vergangenen Woche erheblich unter Druck geraten, was der Beginn von etwas viel Größerem sein könnte. Die Anleiherenditen sind am fernen Ende der Zinsstrukturkurve gefallen, was zu einer Einengung der Spreads geführt hat. Die Ausweitung der Spreads und steigenden Kapitalmarktzinsen hatten zu den Gewinnen bei Bankaktien in den letzten Monaten beigetragen; engere Spreads und sinkende Zinsen werden diese Aktien demzufolge in die Tiefe ziehen.
Hinzu kommt, dass JPMorgan (NYSE:JPM) und Citigroup (NYSE:C) für das zweite Quartal geringere Gewinne im Handelsgeschäft als in den vergangenen Quartalen erwarten. Die Umsätze an den breiteren Aktienmärkten haben in den letzten Monaten stetig abgenommen und geringere Handelsvolumina werden diesen Banken zu Beginn des dritten Quartals nicht helfen.
Engere Spreads
Das größte Problem für die Banken sind die fallenden Kapitalmarktzinsen am fernen Ende der Zinskurve und steigende Renditen am vorderen Ende. Beispielsweise ist die Rendite der 10-Jahresanleihe seit dem 13. Mai um mehr als 20 Basispunkte auf 1,5% gefallen. Währenddessen ist die Rendite der 2-Jahresanleihe im gleichen Zeitraum um etwa 6 Basispunkte auf 21 Basispunkte gestiegen. Dadurch hat sich der Spread von einem Höchststand von 1,55% am 13. Mai auf 1,29% verengt.
Sollte sich der Spread weiter einengen, ist es möglich, dass der Bullenlauf bei den Banken vorbei ist und ihre Aktienkurse noch weiter zurückgehen. Obwohl es angesichts des vielen Geredes über Inflation und steigende Zinsen kaum glaubhaft scheint, besteht eine reale Möglichkeit, dass es dazu kommt.
Der Dreh- und Angelpunkt
Die Fed legte am Mittwoch eine deutliche Kehrtwende bei ihrer vierteljährlichen Prognose hin, die jetzt zwei Zinserhöhungen in 2023 zeigt. Die Prognose sagt auch einen Anstieg der Federal Funds Rate (d.h. dem US-Leitzins, ähnlich dem Einlagesatz der EZB) auf 60 Basispunkte voraus. Das liegt weit über den aktuellen 21 Basispunkten der 2-Jahresanleihe. Das bedeutet, dass die Märkte im Laufe der Zeit wahrscheinlich beginnen werden, Zinserhöhungen zu antizipieren. Diese Erwartung sollte die Renditen am kurzen Ende der Kurve in die Höhe treiben.
Solange die Marktkräfte weiter im Spiel bleiben und Zentralbanken wie die Fed und die EZB fortfahren, Anleihen mit längerer Laufzeit zu kaufen, dürften die Zinsen am fernen Ende der Kurve begrenzt bleiben. Außerdem korrigieren die Rohstoffpreise kräftig und sollte der Dollar weiter steigen, dürfte diese Entwicklung noch eine Weile anhalten. Damit könnte sich der jüngste Inflationsanstieg als temporär erweisen, was die langfristigen Zinssätze weiter nach unten drücken dürfte.
Technische Eintrübung
Die Charts lassen für die Bankaktien weiteres Ungemach erahnen. JPMorgan weist bereits mehrere bärische Trends auf, nachdem die Aktie Ende 2020 einen kritischen Aufwärtstrend abgebrochen hatte. Dies, zusammen mit einem RSI-Index, der jetzt nach unten tendiert, deutet an, dass die Aktie möglicherweise den Trend geändert hat und auf das nächste Unterstützungsniveau bei rund 146 US-Dollar zusteuert.
Der Trend sieht bei Citigroup ebenfalls schlecht aus, da derselbe langfristige Aufwärtstrend nun durchbrochen und der RSI-Index nach unten gedreht ist. Beide deuten an, dass Citigroup wahrscheinlich mit einer Umkehr ihres langfristigen Trends konfrontiert ist und ein Einbruch unter die Unterstützungslinie bei 68,50 US-Dollar könnte die Aktie auf etwa 63 US-Dollar fallen lassen.
Eine tiefere Korrektur des Finanzsektors könnte für den Gesamtmarkt ein großes Problem darstellen, sollte dieser Trend anhalten. Ende Mai trug der Finanzsektor fast 3,1 Prozentpunkte zur S&P 500-Rendite von 12,6% bei, legt man die Daten von S&P Dow Jones Indices zugrunde. Sollten die Finanzwerte (NYSE:XLE) weiter fallen, bräuchte der marktbreitere Index einen anderen Sektor, um die Verluste aufzufangen. Damit könnte die Zukunft wieder einmal vom Technologiesektor (NYSE:XLK) abhängen.
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