von Pinchas Cohen
Der Artikel erschien am 22. April 2018 im englischen Original unter dem Titel 'Week Ahead: Yields, Commodities, USD, VIX Higher? Gold, Stocks Lower?' auf Investing.com.
- Gewinne schlagen Schätzung, aber Aktien geben dennoch Gewinne auf
- VIX dieses Jahr höher als fast das gesamte Jahr 2017
- US-Rendite erreicht 2,96%, bestätigt Aufwärtstrend erneut
- Wieso werden Aktien und Anleihen verkauft?
- Rohstoffe, einschließlich Öl, erreichen Mehrjahreshochs
- Dollar steigt an vier Tagen in Folge
- Gold verbilligt sich an zwei Tagen nacheinander
So weit in der Quartalssaison haben die meisten Unternehmen, die schon berichtet haben, ihre Umsatzziele erreicht und die Erwartungen übertroffen, wieso sah dann die vielversprechende Rallye am US-Aktienmarkt—in der der S&P 500 am Mittwochmittag um 2,3% höher lag—den Benchmark-Index zum Ende der Handelswoche mit mageren 0,52% höher? Noch mehr verwirrend: nachdem sie eine Vielzahl von politischen Risiken in den USA und international durchlitten hatten, in der Hoffnung, dass die Unternehmensergebnisse einen Rettungsanker bereitstellen würden, wieso verkauften die Investoren dann am Donnerstag und Freitag, als die Gewinne so waren wie sie sich das erhofften...und sogar noch besser?
Trotz des eskalierenden Handelskriegs zwischen den USA und China und den anhaltenden Krisen im Nahen Osten, schloss der S&P 500 die Woche marginal höher ab. Zur gleichen Zeit kletterte der Dow um 0,44% über die Woche, der NASDAQ gewann 0,55% hinzu und der Russell 2000 zog an die Spitze, mit 0,98% Gewinn in der Woche, da die Kurse seiner kleinen, zumeist auf den Heimatmarkt fokussierten Unternehmen von ihrem Abstand von dem Geplänkel bei den Auseinandersetzungen um die Zölle profitierten.
Risikoappetit?
Basiskonsumgüter (-3,99%), ein defensiver Sektor, war der Nachzügler der Woche, während Wachstumssektoren den Aktienmarkt nach oben zogen.. Energie (+2,65%) schlug sich am besten, gefolgt von Industrieunternehmen (+2,18%), Nicht-Basiskonsumgüter (+1,74%), Grundstoffe (+1,53%) und Finanzwerte (+1,53%). Der Wachstumssektor, der für den Großteil der Gewinne im letzten Jahr verantwortlich war, die Technologieindustrie (-0,17%), fiel durch Abwesenheit von der Gewinnerliste auf, ein Resultat der neu eingeführten Zölle.
Bedeuten diese Ergebnisse, dass die Investoren bereit sind ein Risiko einzugehen, solange die Unternehmen weiter liefern?
...Oder Risikoaversion?
In den letzten drei Tagen ist die Marktvolatilität, gemessen am VIX, gestiegen. Sogar das Tief am Dienstag des VIX von 14,57—die Unterstützung des vormalig tiefsten Schlusskurses am 8. März—war immer noch höher als fast über das ganze Jahr 2017 hinweg. All dies findet statt, während die Unternehmen ihre Ergebnisse präsentieren.
Aber was passiert, wenn die Unternehmensergebnisse schlechter werden und die restlichen Risiken so bleiben (oder sogar eskalieren)? Aktien halten derzeit kaum ihr Niveau und die Volatilität nimmt zu.
Analysten sagen für diese Quartalssaison ein Ergebniswachstum von 15 bis 20% voraus und die Gewinne sind bisher glänzend ausgefallen. Dennoch steigt die Volatilität. Es ist offensichtlich, dass etwas Ungewöhnliches an den Märkten passiert.
Während der gleichen drei Tage, an denen der VIX zunahm und Aktien von ihren Höchstständen der Woche fielen, stieg die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihen und lag zu Handelsende auf 2,96, womit sie einen neuen Höchststand erreicht hat, höher als am 21. Februar, als sie zu Handelsende bei 2,592 lag nach einem Tageshoch von 2,597. Dieses neue Hoch bestätigt erneut den Aufwärtstrend, der seit dem Boden vom Juli 2016 anhält.
Es handelt sich um den höchsten Schlusskurs seit 2013. Sollten die Renditen ihren Anstieg jenseits von 3,041% fortsetzen, würde das einen massiven Boden vervollständigen, ein Muster, das sich seit Juli 2012 aufbaut.
Normalerweise gibt es eine negative Korrelation zwischen den Kursen von Aktien und Anleihen, oder um es anders auszudrücken, es gibt eine positive Korrelation zwischen Aktien und Renditen, da die Investoren ihr Kapital von einer Anlageklasse in eine andere umschichten.
Wieso wurden aber dann in der zweiten Wochenhälfte sowohl Aktien als auch Anleihen verkauft?
Steigende Renditen sind auch das Resultat von Erwartungen auf eine höhere Inflation. In der Tat, die Anleiherenditen steigen weltweit und folgen damit den Vorgaben aus den USA, der größten Volkswirtschaft der Welt.
Zur gleichen Zeit sind die Rohstoffpreise in die Höhe geschnellt. Natürlich verursachen steigende Preise auch Inflation. Am Freitag erreichte der United States Commodity ETF (NYSE:USCI), ein börsengehandelter Fonds, seinen höchsten Punkt seit Juli 2015.
Hinzu kommt, technisch gesehen, dass der Bloomberg Commodity Global Index einen Aufwärtskanal gebildet hat, was demonstriert, dass die Nachfrage das Angebot auffrisst. Wenn das einmal völlig absorbiert ist, dann müssten die Kurse weiter steigen, um neues Angebot verfügbar zu machen, womit ein Boden gefunden wäre.
Dennoch, Zölle und ein sich aufheizender Handelskrieg zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt haben ihre Spuren hinterlassen. Öl hat auch ein 3,5-Jahreshoch erreicht, getrieben von Produktionseinschnitten in Saudi-Arabien und Russland, auch wenn die Förderung in den Vereinigten Staaten so schnell steigt wie es die Infrastruktur erlaubt. Hinzu kommt das geopolitische Risiko, dass von Syrien ausgeht—das zwar kein Ölförderer ist—das die Investoren besorgt wegen der Möglichkeit von Lieferstörungen. Und auf der anderen Seite der Preisbildung steigt die globale Nachfrage.
Steigende Inflationsängste?
Die Frage, die Investoren zu fragen scheinen, ist die: Sollte die Inflation an Fahrt gewinnen, wird dann die Fed die Zinssätze erheblich anheben, um hohe Inflationsraten unter Kontrolle zu bringen, was eine Rezession nach sich ziehen könnte?
Unter den besten Werten der letzten Woche waren mit Rohstoffen korrelierte Sektoren (Energie, Industrie und Grundstoffe), deren Preisanstieg über kurz oder lang zu höheren Zinssätzen führen würden, wie oben ausgeführt und damit die Profite der Banken erhöhen und die Kurse von Finanzwerten ebenfalls anheben dürften. Allerdings, wenn die Zinssätze schneller steigen als erwartet, würden die Investoren auf diese Sektoren auch in einer Rezession setzen? Wahrscheinlich nicht.
Des weiteren, trotz ausgezeichneter Quartalsergebnisse haben US-Aktien über die Woche kaum einen Kursgewinn herausholen können. Sollten die Ergebnisse beginnen zu enttäuschen, dann haben die Investoren nichts mehr, an dem sie sich festhalten können. Daher, addiert man das Zusammentreffen verschiedener Risikofaktoren und das wachsende Potential für eine Rezession, mit Rohstoffkursen im Anstieg, und es könnte durchaus sein, dass die Investoren gerade ihre Blickwinkel verändern, sodass selbst wenn die Unternehmen weiterhin überragende Gewinne berichten, diese Zahlen dann aus der Sicht der Anleger keine rosige Zukunft reflektieren, da globale Risikofaktoren den Horizont verdüstern.
Sollte dies der Fall sein, dann könnte der Ausverkauf am Aktienmarkt in der zweiten Wochenhälfte ein Vorzeichen der alten Wall Street Weisheit sein: “Kauf auf das Gerücht (die Erwartung einer starken Gewinnsaison), verkauf auf die Nachricht (Reporte starker Ergebnisse).”.
Unterdessen stieg der Dollar in der vergangenen Woche an vier Tagen in Folge, innerhalb eines seit Januar bestehenden symmetrischen Dreiecks. Der Mangel an Richtung in dem Muster (es ist weder ein steigendes noch ein fallendes Dreieck, in dem die Bullen bzw. die Bären den Ton angeben) demonstriert Zweifel, was bedeutet, dass während einige Erwartungen auf einen Ausbruch nach unten bestehen, im Rahmen seines Abwärtstrends, könnte es genauso gut einen Boden finden.
Es gibt eine negative Korrelation zwischen Gold und dem Dollar. Sie bildet ebenfalls ein Muster, das Zweifel nahelegt, da sie ein symmetrische Dreieck formt. Während steigende Zinsen die Nachfrage nach dem Dollar erhöhen werden, führt eine höhere Inflation zu einer wachsenden Nachfrage nach Gold, als Sicherheit gegen eine Erosion der Kaufkraft.
Wir können uns natürlich nicht sicher sein, welches dieser Themen sich in der Zukunft als dominant herausstellen wird, aber wir können uns einer gewissen Volatilität in den kommenden Wochen und Monaten sicher sein.