Der Euro stieg gegenüber dem US-Dollar den achten Handelstag in Folge an und markierte damit die längste Gewinnserie für das Währungspaar seit April 2011. Von der Europäischen Zentralbank wurde weithin erwartet, dass sie ihr Anleihekaufprogramm aufstocken würde, und gestern haben sie dies auch tatsächlich getan. Anstatt jedoch ihr Pandemie-Notkaufprogramm um 500 Milliarden Euro zu erhöhen, steigerte sie das PEPP um 600 Milliarden Euro und verlängerte die Dauer der Anleihekäufe bis mindestens Juni 2021. Die EZB entschied sich für eine umfangreichere Antwort auf die durch COVID-19 hervorgerufene Rezession als erwartet, weil "die Erholung bisher eher zaghaft war und gehandelt werden musste".
Der Euro schnellte gen Norden, da die Investoren von der Bereitschaft der Zentralbank beeindruckt waren, die Konjunkturmaßnahmen zu beschleunigen. Wenngleich die Zentralbank die Zinssätze nicht senkte und sich gegen negative Zinssätze entschied, ging sie beim Kauf von Anleihen aggressiv vor. Die EZB senkte ihre Wirtschaftsprognosen, aber ihre Prognosen waren weniger schlecht als vom Markt befürchtet. Die EZB sieht die Wirtschaft im Jahr 2020 um 8,7% schrumpfen und 2021 um 5,2% wieder anziehen.
Die Notenbank erwarten den Beginn der Erholung im dritten Quartal, nachdem die Wirtschaft im Mai ihre Talsohle durchschritten hat. Dabei spielt es keine Rolle, ob die noch hereinkommenden Daten für das zweite Quartal weiterhin miserabel ausfallen werden. Die Zentralbank ist nach wie vor entschlossen, bei Bedarf mehr zu tun, aber die heutigen Maßnahmen waren nicht nur umfangreicher als erwartet, sondern auch von purem Optimismus durchsetzt. Der EUR/USD erreichte in den darauf folgenden Stunden die Marke von 1,13 Dollar. Der nächste Schlüsselwiderstand steht nun bei 1,15 Dollar.
Obwohl die Anleger jetzt bullisch gegenüber dem Euro eingestellt sind und das Währungspaar sehr stark unterwegs ist, hängt die Nachhaltigkeit der Rallye von dem am Freitag veröffentlichten US-Arbeitsmarktbericht ab. Der USD/JPY wurde im Vorfeld des Jobberichts deutlich höher gehandelt, weil die Renditen der 10-jährigen Treasuries um mehr als 11% gestiegen sind, was ein Zeichen dafür ist, dass die Investoren stärkere Arbeitsmarktzahlen erwarten. Ökonomen gehen davon aus, dass die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft um 7,5 Millionen sinken wird, was in jeder Hinsicht eine schreckliche Zahl ist. Im Vergleich zum Vormonat, in dem mehr als 20 Millionen Arbeitsplätze verloren gingen, ist dies jedoch eine deutliche Verbesserung. Leider bedeuten weitere Arbeitsplatzverluste, dass die Arbeitslosenquote von 14,7% auf 19,2% hochschnellen dürfte, während sich das Lohnwachstum von 4,7% im Mai auf 1% abschwächen sollte. Die US-Bundesstaaten lockern zwar die Lockdown-Beschränkungen, aber die "neue Normalität" bedeutet, dass es noch lange dauern wird, bis es zu nennenswerten Neueinstellungen kommt.
Jeder einzelne Frühindikator für die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft, den wir beobachten, signalisiert zwar weniger Arbeitsplatzverluste, doch in einigen dieser Berichte wurden nur geringfügige Verbesserungen festgestellt, was bedeutet, dass die Jobdaten zwar besser ausfallen werden, aber die Erwartungen dennoch verfehlt werden könnten. Den ganzen Monat über blickten die Anleger über sämtliche Daten hinweg und konzentrierten sich stattdessen auf Wiedereröffnungen und die Aussicht auf ein stärkeres Wachstum im zweiten Halbjahr. Bleibt nur die Frage, ob sie dasselbe tun werden, wenn die Nonfarm Payrolls die Erwartungen verfehlen?!
Sollte die Arbeitslosenquote wie erwartet zulegen und sich das Lohnwachstum verlangsamen, sofern die Beschäftigungszahlen hinter den Erwartungen zurückbleiben, was durchaus möglich ist, könnte sich der US-Dollar weiter zurückziehen und den EUR/USD nach oben treiben. Wenn die Zahlen jedoch insgesamt besser ausfallen, dürfte es zu einer dringend notwendigen Korrektur beim EUR/USD kommen, die sowohl scharf als auch aggressiv ausfallen könnte.
Argumente, die für einen besseren Jobbericht sprechen
1. Die Beschäftigungskomponente des ISM-Index Dienstleistungen stieg von 30 auf 31,8.
2. Die Beschäftigungskomponente des ISM-Index Industrie erholte sich von 27,5 auf 32,1.
3. Das ADP (NASDAQ:ADP) meldete einen Stellenverlust von nur 2,7 Millionen. Erwartet wurde ein Rückgang von 9,55 Millionen.
4. Der gleitende Vierwochendurchschnitt der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe sank von 4,18 Millionen auf 2,28 Millionen.
5. Die Folgeanträge Arbeitslosenhilfe verbesserten sich von 22,37 Millionen auf 21,48 Millionen.
6. Der Index des Verbrauchervertrauens kletterte von 85,7 auf 86,6
7. Der Index des Verbrauchervertrauens der University of Michigan steigt auf 72,3 von 71,8
8. Challenger meldete einen Anstieg der Entlassungen um 577,8% nach 1.576% zuvor.
Argumente, die für einen schwächeren Jobbericht sprechen
Keine.
Der USD/CAD notiert vor dem kanadischen Arbeitsmarktbericht nahe seinem 3-Monatstief. Wie in den USA wird mit weniger Arbeitsplatzverlusten gerechnet. Angesichts der besseren Aussichten der Bank of Canada deutet der Kursverlauf des Währungspaares auch darauf hin, dass die Anleger bessere Jobdaten aus Kanada erwarten. Abgesehen davon ist der USD/CAD extrem überverkauft und könnte eine Erholungsrallye sehen, sofern die US-Daten positiv ausfallen sollten.