Wäre es nicht ironisch, wenn genau in dem Moment, in dem die Fed das Handtuch wirft und ihre These von der vorübergehenden Inflation aufgibt, eben diese zurückgehen würde?
Die Inflation steht möglicherweise kurz vor einer Wende nach unten, die sich bereits in den November-Daten zeigen könnte.
Eine der am stärksten korrelierten Komponenten des Verbraucherpreisindex (VPI) und des Erzeugerpreisindex (EPI) ist Öl. Und der Ölpreis ist seit dem 10. November um etwa 20% gefallen. Die Preise für Benzin sind ebenfalls eingebrochen und liegen sogar über 22% tiefer.
Diese beiden Rohstoffe weisen seit vielen Jahren eine durchweg hohe Korrelation mit den Inflationsindizes auf. Normalerweise schwanken die Inflationsraten erheblich, wenn die Preise dieser Rohstoffe erhebliche Bewegungen aufweisen.
In den letzten 20 Jahren lag die Korrelation zwischen der einjährigen Veränderung des VPI und dem Ölpreis bei 0,76, was ein recht hoher Wert ist (1 ist perfekt), und über 10 Jahre steigt der Koeffizient auf etwa 0,83 an. Aus diesen Werten lässt sich schließen, dass ein Rückgang der Ölpreise zu einem geringeren Preisanstieg im Jahresvergleich führen sollte.
Bei Benzin ist die Korrelation mit 0,81 in den letzten 20 Jahren und 0,87 in den letzten 10 Jahren sogar noch ausgeprägter.
Diese Bewegung der Öl- und Benzinpreise scheint auch die 10-jährigen Breakeven-Inflationsraten zu belasten, die seit dem 15. November ebenfalls um etwa 25 Basispunkte gefallen sind.
Noch wichtiger ist, dass die Zinsstrukturkurve in den letzten Wochen dramatisch abgekippt ist, wobei das vordere Ende der Kurve gestiegen und das hintere Ende gefallen ist. Infolgedessen ist der 10/2-Spread für US-Staatsanleihen, d.h. die Renditedifferenz zwischen 2- und 10-jährigen Anleihen, auf etwa 85 Basispunkte abgefallen, während der 30/5-Spread auf etwa 65 Basispunkte zurückgegangen ist. Dies signalisiert möglicherweise eine Umkehr der Inflation und ein langsameres Wirtschaftswachstum.
Sollte die Inflation eine scharfe Wende nach unten machen und sich schnell verlangsamen, würde dies eine ganze Reihe neuer Probleme für die Fed schaffen. Gleichzeitig befürchtet der Markt eine Verlangsamung des Wachstums, denn die Fed strafft die finanziellen Bedingungen bis zu einem gewissen Grad durch die Reduzierung ihrer Wertpapierkäufe.
Der Aktienmarkt könnte sehr schnell und energisch Widerstand gegen die Ambitionen der Fed leisten, die Anleihekäufe noch schneller zu reduzieren, und damit ein großes Durcheinander verursachen.
Das wäre natürlich die größte Ironie hier. Die Fed hatte lange Zeit den Standpunkt vertreten, dass die Inflation vorübergehend sei und die himmelhohen Werte zu ihrem langfristigen Trend zurückkehren würden. Doch dann ändert sie plötzlich ihre Haltung, gerade als sich die Dynamik und der makroökonomische Hintergrund ändern und es Anzeichen für eine Abschwächung bei einigen der wichtigsten Inflationsfaktoren gibt.
Gleichzeitig nimmt das Risiko zu, dass die Fed ihre Pläne zur Reduzierung komplett verwerfen muss. Denn ein Großteil der Inflation, die wir gesehen haben, wurde durch Angebotsengpässe ausgelöst, die jedoch ihrerseits auch auf den Einbruch der Preise vieler kritischer Rohstoffe in 2020 zurückzuführen waren. Darauf folgte eine schnelle Erholung, die diese Inflationswerte überhöht erscheinen lässt.
Es wäre schon ziemlich ironisch, wenn sich die Inflation genau in dem Moment, an dem sich die Fed von der Idee einer vorübergehenden Inflation verabschiedet, als, nun ja, vorübergehend herausstellt.
Es kommt halt immer anders als man denkt.
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