Trotz guter Aussichten steckt die Aktie der international tätigen Optikerkette noch immer in einer Abwärtsbewegung fest. Das Management des Konzerns ist jedoch aktiv dabei die Ertragssituation durch Zukäufe zu stärken. Insbesondere auf dem nordamerikanischen Markt – der als der weltweit größte Markt für Sehhilfen gilt - hat Fielmann (ETR:FIEG) sich zuletzt mit mehreren Akquisitionen die Grundlage für künftiges Wachstum geschaffen. Die Umsätze konnten bereits deutlich zulegen, setzt sich der Trend fort, könnte der Aktienkurs bald folgen.
Seit wir im September 2023 über die Aktie des Optikers Fielmann (ISIN: DE0005772206) berichtet hatten, ging es tendenziell seitwärts mit der Kursentwicklung. Aufgrund der charttechnischen Situation hatten wir zunächst an der Seitenlinie abgewartet, was sich letztlich als richtig erwiesen hat. Unser prognostiziertes Nettoergebnis von 1,69 EUR je Aktie für 2023 wurde mit einem Wert von 1,52 EUR je Aktie deutlich verfehlt, weil die Marge sich weniger positiv entwickelt hat, als von uns erwartet. Mit rund 6,5 % ist aber zumindest eine deutliche Stabilisierung zu erkennen, nachdem sie 2022 zuletzt bei 5,9 % lag, was gegenüber dem Jahr 2018 einer Halbierung entspricht.
Insgesamt konnte Fielmann 2023 mit einem Gewinnwachstum von 22,6 % und einem Umsatzwachstum von knapp 12 % eine positive Entwicklung vorweisen und diese auch im neuen Jahr fortsetzen. Im ersten Quartal 2024 konnten die Hamburger ihren Umsatz gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres erneut um 10,8 % auf 529 Mio. EUR (Vj: 477 Mio.) steigern, wobei die Gewinnmarge nahezu unverändert bei rund 8 % lag. Mit einem Kostensparprogramm will Fielmann die Margen auch 2024 wieder leicht steigern. Der Konzern sieht sich „in einem Umfeld, das von politischen Konflikten und schwachem Verbrauchervertrauen geprägt ist“ gut aufgestellt, so der Geschäftsbericht.
Nordamerika als Wachstumsmotor
Wachstumschancen rechnet sich der Konzern insbesondere durch sein Engagement in Nordamerika aus. Nach den Übernahmen von Eyevious Style Inc. und SVS Vision 2023 wird ab dem 1. Juli 2024 mit Shopko Optical ein weiterer Zukauf in die Konzernbilanz einfließen. Die US-Optikerkette ist profitabel und weist ein vergleichbares Margenprofil wie Fielmann auf. Damit wächst das Filialnetz von Fielmann in den USA an auf eine Gesamtzahl von 220 Geschäften. Ziel ist, die USA zum zweitgrößten Absatzmarkt der Fielmann-Gruppe zu machen. Zum Vergleich: In Europa betrieb Fielmann 2023 zuletzt 1.100 Niederlassungen, wobei die jährlichen pro Kopf Ausgaben für Sehhilfen bei US-Verbrauchern Berichten zufolge wesentlich höher sind als beispielsweise in Deutschland.
Bereits 2024 soll Shopko Optical zur Steigerung des Konzernumsatzes beitragen. Das Umsatzziel von Fielmann für das laufende Jahr liegt bei 2,3 Mrd. EUR, was einem Umsatzzuwachs von 16,8 % gegenüber 2023 entsprechen würde. Der Ergebnisbeitrag von Shopko dürfte zunächst nur moderat ausfallen, da die Kosten der Integration zunächst belasten werden, die insgesamt aber als Sondereffekte zu betrachten sind. Die niedrigste Analystenschätzung für das Ergebnis je Aktie für 2024 liegt bei 151,2 Mio. EUR oder 1,80 EUR je Aktie. In Relation zu dem genannten Umsatzziel von 2,3 Mrd. EUR entspräche das einer Umsatzrendite von 6,57 % (Vj: 6,48 %) und erscheint uns plausibel.
Unter 9 von Refinitiv befragten Analysten sind 7, die die Aktie zum Kauf empfehlen und 2, die zum Halten raten, mit Kurszielen zwischen 46 und 62 EUR. Für die kommenden Jahre rechnen Analysten mit weiter wachsenden Gewinnen. Auf der Hauptversammlung am 11. Juli wurde eine Dividende von 1 EUR für das Geschäftsjahr 2023 beschlossen (Vj: 0,75 EUR), was beim jetzigen Kursniveau einer Dividendenrendite von knapp 2,3 % entspricht.
Bewertung auf Basis des Gewinns
Bestätigt hat sich 2023 das von uns prognostizierte KGV auf der Oberseite, da der Höchstkurs mit dem 33,5-Fachen des Gewinns je Aktie knapp unterhalb des von uns angenommenen Wertes vom 34-Fachen lag. Insofern hat der Wert aus unserer Sicht weiterhin Gültigkeit. Auf der Unterseite notierte der jährliche Tiefstkurs der letzten beiden Jahre mit einem durchschnittlichen Wert vom 21,6-Fachen des Gewinns nach wie vor deutlich unter den Werten der Vorjahre. Dies dürfte sich auch erst wieder zum Besseren wenden, wenn entscheidende Risikofaktoren für die Märkte wegfallen. Auf Basis der genannten Analystenschätzung für den Gewinn für 2024 von 1,80 EUR je Aktie und Multiplikatoren von 21,6 und 34 ergibt sich eine voraussichtliche Handelsspanne für 2024 von 39 und 61 EUR.
Charttechnik
Wie eingangs bereits erwähnt, steckt die Notierung von Fielmann seit Januar 2020 in einer übergeordneten Abwärtsbewegung fest. Im Dezember 2023 und Mai 2024 gab es zwei Versuche, den Abwärtstrend zu überwinden, die jedoch beide gescheitert sind. Zudem hat sich im Kursverlauf der letzten 12 Monate eine Dreiecksformation herauskristallisiert, die sich aus der Oberkante des übergeordneten Abwärtstrends und dem Verlauf der letzten Zwischentiefs seit Oktober 2023 ergibt. Innerhalb dieser notiert der Kurs von Fielmann aktuell knapp unterhalb der 200-Tage-Linie (44,29 EUR). Je nach dem in welche Richtung der Ausbruch aus dem Dreieck erfolgt, würde sich aus der regelkonformen Auflösung der Formation Kurspotenzial von ca. +/- 6 EUR in eine von beiden Richtungen eröffnen.
Zum jetzigen Zeitpunkt würde sich aus technischer Sicht ein Kaufsignal erst dann ergeben, wenn das letzte Zwischenhoch bei 48 EUR überwunden wird. Darüber liegen die nächsten Widerstände bei 50 und 55 EUR. Bei einem Bruch der Formation nach unten, liegen die nächsten Unterstützungen bei 38 und 33 EUR. Die relative Stärke (RSI) auf Basis von 14 Wochen notiert aktuell mit einem Wert von 48 im neutralen Bereich. Mit dem letzten Kurstief im Februar dieses Jahres hat der RSI eine auffällige Divergenz zum Kursverlauf ausgebildet, die dadurch zum Ausdruck kommt, dass sein letztes Tief deutlich unter dem vorherigen Tief lag, während die Notierung zeitgleich ein höher liegendes Tief ausgebildet hat. Das könnte als Indiz für eine drohenden Ausbruch nach unten gewertet werden.
Fazit
Gelingt es Fielmann das erklärte Ziel zu erreichen und die USA zum zweitgrößten Markt der Fielmann-Gruppe auszubauen, dann dürften mittel- bis langfristig auch die Ertragszahlen deutlich zulegen. Hohes Steigerungspotenzial für den Gewinn besteht schon jetzt, wenn Fielmann es schafft, seine Margen wieder zu verbessern. Ob das Kostensparprogramm Früchte trägt, wird sich mit den kommenden Quartalsabschlüssen zeigen. Die Gesamtlage erscheint uns insgesamt aber positiv und auf Basis der zugrunde gelegten Gewinnschätzung von 1,80 EUR je Aktie erachten wir die Aktie zum jetzigen Zeitpunkt als stark unterbewertet. Bis zu unserem Kursziel bei 61 EUR besteht derzeit Kurspotenzial von 40 %. Wir stufen Fielmann als Kauf ein, unter der Voraussetzung, dass die charttechnische Entwicklung ein Kaufsignal liefert. Das bedeutet, dass mindestens ein Ausbruch aus dem bestehenden Abwärtstrend erfolgt sein sollte.
Investmentidee(n) auf Fielmann
Wir favorisieren aufgrund der optimistischen Grundausrichtung ein Discountzertifikat mit einem Cap (Höchstauszahlungsbetrag) etwas oberhalb des aktuellen Fielmann-Kurses. Das Papier mit der ISIN DE000HG9PRQ3 hat einen Cap bei 45 EUR und bietet eine Maximalrendite von 8,6 %, sollte der Aktienkurs am Laufzeitende im Dezember 2024 mindestens auf 45 EUR gestiegen sein. Unter 45 EUR verringert sich der Gewinn, der Break-Even liegt bei 41,41 EUR.