Während die Zeit am Mittwoch dahinschwindet, werden Goldanleger wieder darüber grübeln, was sie hierher gebracht hat und wohin es als nächstes gehen könnte.
Noch vor 24 Stunden sah alles nach einem neuen Bullen-Run sowohl beim Spot-Goldpreis als auch beim Gold-Future aus, schließlich lagen die Preise auf einem Zwei-Wochen-Hoch von mindestens 1.910 Dollar. Die Hoffnung war, dass ein neuer Covid-19-Konjunkturimpuls nach vier Monaten des Ringens der Unterhändler im Weißen Haus und ihrer demokratischen Rivalen näher denn je rückt.
Dann, wie eine gewaltige Lawine, wurde diese Hoffnung innerhalb weniger Minuten zunichte gemacht.
Die Aktien stürzten ab, der Dow, der S&P 500 und der NASDAQ fielen im Gleichschritt und Gold wurde mit nach unten gerissen, während der Dollar als sicherer Hafen wieder auf dem Vormarsch war.
Als sich der Staub legte, lag der Goldpreis wieder unter 1.900 Dollar, und die Anleger sahen nur einen Schuldigen: dieselbe Person, die den Markt in den letzten Tagen nach oben getrieben hatte - Präsident Donald Trump.
Sein Tweet um 14:48 Uhr ET am Dienstag erlegte die "goldene Gans" zusätzlicher Stimuli, die er für Risikoanleger aller Couleur seit letzter Woche geschaffen hatte.
"Ich habe meine Vertreter angewiesen, die Verhandlungen bis nach der Wahl einzustellen."
Trump machte die angebliche Forderung der Parlamentssprecherin Nancy Pelosi nach einem 2,4 Billionen Dollar Stimulus gegenüber seinem 1,6 Billionen-Dollar-Angebot als Dealbreaker verantwortlich. Andere machten für den Tweet die starke medikamentöse Behandlung des Präsidenten seit dem Wochenende verantwortlich, die ihm wegen seiner Coronavirusinfektion verabreicht wurde.
Pelosi sagte:
"Wir waren auf dem Weg zu einem Deal."
Erst am Samstag twitterte der amerikanische Oberbefehlshaber von seinem Krankenhausbett aus:
"UNSERE GROSSARTIGEN USA WOLLEN UND BRAUCHEN EINEN STIMULUS. WIR MÜSSEN ZUSAMMENARBEITEN UND ES SCHAFFEN. Danke!"
Sein jüngster Tweet impliziert aber eine 180-Grad-Drehung.
Trump twittert wieder
Offensichtlich ist auch, dass Trump trotz seiner Genesung wieder Appetit auf das Twittern hat - Mitarbeiter des Weißen Hauses sagten, er sei "noch nicht aus dem Gröbsten raus". Seine Vorliebe, die Politik in 280-Zeichen zu packen, bedeutet für Investoren, ein gewisses Verständnis dafür zu erlangen, ob die Konjunkturinitiative wirklich beendet ist oder in irgendeiner Weise wiederbelebt werden kann - was in fast allen Kämpfen zwischen Weißen Haus und Demokraten zum Standard geworden ist.
Am Dienstag um 21.54 Uhr ET feuerte der Präsident eine weitere Botschaft auf Twitter ab:
"Das Repräsentantenhaus und der Senat sollten SOFORT 25 Milliarden Dollar für die Unterstützung der Fluggesellschaften bei der Bezahlung der Löhne und 135 Milliarden Dollar für das Paycheck Protection Program für kleine Unternehmen genehmigen. Beide werden vollständig mit ungenutzten Mitteln aus dem Cares Act bezahlt. Wir haben dieses Geld. Ich werde jetzt unterschreiben!"
Das trieb die Aktien-Futures wieder in die Höhe, in der Hoffnung, dass es doch noch einen Stimulus geben könnte.
Der Goldpreis grenzte auch seine Verluste vom Tiefststand am Mittwoch von 1.877 Dollar auf nur noch rund 1.900 Dollar
Niemand anders als Trump weiß möglicherweise, was er später am Mittwoch über den Stimulus twittern wird.
Tausende von Amerikanern, vor allem in der Luftfahrtbranche, riskieren ohne weitere Hilfe der Regierung ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Trump, der sich im November zur Wiederwahl stellt, hat Pelosi beschuldigt, in dieser Frage unnachgiebig zu sein. Die Sprecherin des Repräsentantenhauses behauptet, dass jeder Deal zum Vorteil aller Amerikaner sein sollte - nicht nur der von Trump ausgewählten Gruppen und Anliegen, und sicherlich nicht wegen seiner politischen Interessen.
Für den Augenblick steht fest, dass Gold zwischen COVID-19-Konjunkturprogrammen und dem Protokoll der September-Sitzung der Fed, das später veröffentlicht werden soll, gefangen ist.
Jede der letzten drei Fed-Protokolle war für den Goldpreis katastrophal, führte aber zu einer Dollar-Rallye. Aus dem Protokoll ging hervor, dass die Zentralbank weiterhin unmissverständlich zu weiteren Käufen von Vermögenswerten bereit war, mit denen die Anleger als Alternative zu einem Stimulus gerechnet hatten.
Der Dollar-Index, der den Dollar im Vergleich zu sechs konkurrierenden Währungen bewertet, stand am Mittwoch bei 93,77. Er könnte sich auf 94 erholen.
Goldpreis: 1.860 Dollar oder über 1.930 Dollar - es hängt vom Stimulus ab
Wohin könnte Gold gehen, wenn sich die USA auf kein neues Covid-Rettungspaket einigen können?
Gold kämpfte bei 1,883 Dollar mit erheblich Widerstand, schrieb die Analystin Dhwani Mehta in einem Blog auf FX Street.
"Sollte es nicht gelingen, die kritische Unterstützung bei 1875 Dollar zu halten, könnte dies einen starken Rückgang in Richtung des nächsten relevanten Abwärtsziels von 1860 Dollar auslösen".
Hier in diesem Bereich liegt das 61,8% Fibonacci-Retracement und ein Bollinger Band auf den schnellen Zeiteinheiten.
Auf der anderen Seite könnte Gold den Bereich um 1.901 Dollar testen, falls es doch noch die Aussicht auf eine Einigung beim Stimulus geben sollte.
Eine stärkere Zusicherung des Weißen Hauses könnte weitere Widerstände ausschalten, sagte Paul Robinson, ein Goldstratege, der auf Daily FX schreibt.
Robinson meinte:
"Bei einem Ausbruch über 1930 werden die Marken von 1973 (Hoch 16. September), 1992 (Hoch 1. September) und 2015 (Hoch 18. August) ins Spiel kommen. Damit dies der Fall sein wird, müssen zunächst Widerstände überwunden werden.
Ein Rutsch unter den Trendkanal im 4-Stundenchart könnte derweil eine Verkaufswelle in Richtung 1848 Dollar lostreten, sagte der Analyst.
Was wird Trump heute twittern oder die Fed sagen?
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