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Halbleiter vs. B2B-Software: Wende in den Unternehmensausgaben voraus?

Veröffentlicht am 11.04.2023, 07:28
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Die Kluft zwischen Halbleiter- und B2B-Softwareherstellern ist unübersehbar. In diesem Bericht fassen wir unsere Erkenntnisse aus den Geschäftszahlen (Ende Q4 2022) zusammen und erläutern, warum wir für das zweite Halbjahr 2023 eine Erholung der Unternehmensausgaben erwarten.

Inhalt

  • Was sind die Ursachen für die große Divergenz zwischen Halbleitern und B2B-Software?
  • Haben sich die Erwartungen an B2B-Software endlich geändert?
  • Informationen von der BofA-Konferenz für Industriewerte (NYSE:XLI)

Halbleiter vs. B2B-Software

Die Halbleiterindustrie (ETR:SEC0) gilt für gewöhnlich als Frühindikator für eine wirtschaftliche Erholung. Der Grund ist ihre Go-to-Market-Strategie (d. h. Vertriebskanäle), die die Auswirkungen auf dem Weg nach unten verstärken und die Erholung unterstützen können.

Für Halbleiter gibt es zahlreiche Anwendungen, die vom Endverbrauchermarkt, z. B. für Gaming, bis zum Endmarkt für Rechenzentren, z. B. für Hyperscaler, reichen. Während der Endkundenmarkt in der ersten Hälfte des Jahres 2022 als erster einen Abschwung erlebte, breitete sich die wirtschaftliche Schwäche im Laufe des Jahres schnell auf andere Endsegmente, wie beispielsweise den Markt für Rechenzentren, aus.

Die Investitionen in Rechenzentren standen im Mittelpunkt des Interesses, da mehrere Cloud-Anbieter geringere Ausgaben andeuteten. In einigen Bereichen, wie der beschleunigten Datenverarbeitung, begannen die langfristigen Trends (z. B. KI) jedoch, den zyklischen Gegenwind auszugleichen. Viele Anleger betrachten Halbleiter als einen einzigen Endmarkt, dabei unterliegt jedes einzelne Produkt einer ganz eigenen Angebots- und Nachfragedynamik.

Die Nachfrage nach beschleunigter Datenverarbeitung durch entsprechende Grafikprozessoren steigt, wobei insbesondere künstliche Intelligenz (KI) und generative KI eine starke Nachfrage nach diesen Produkten auslösen. Dieser Trend zeichnet sich bereits ab und beeinflusst die Ergebnisse. Das beschleunigte Computing hat heute nur einen kleinen Teil am Geschäft der Rechenzentren.

Unsere Untersuchungen der Vertriebskanäle zeigen, dass die Kapazitäten für Hochleistungsrechner sehr knapp bemessen sind. Nach der Ankündigung von OpenAI/ChatGPT haben bereits zahlreiche Unternehmen KI-Funktionen in ihre Produkte integriert. Diese neuen Funktionen erfordern im Backend eine passende Rechenleistung. Selbst Tech-Giganten wie Microsoft (NASDAQ:MSFT) spüren den Druck von Kapazitätsengpässen, wenn sie KI-Workloads den Vorrang geben. Es liegt offensichtlich, dass die Nachfrage nach Hochleistungsrechnern rasant ansteigt, und diejenigen, die die dazugehörigen Leistung erbringen können, haben gute Chancen auf Erfolg.

Während einige Investoren für Nvidia's (NASDAQ:NVDA) Data Center Segment Probleme prognostiziert hatten, wurden sie überrascht, als das Unternehmen ein starkes Quartalswachstum für das 1 Quartal des Gj. 2024 prognostizierte. Der Chiphersteller profitiert neben dem langfristigen Trend zum Accelerated Computing von der Einführung neuer Produkte (H100) mit einem Preisaufschlag (1,5-2x ASP). Bereits im 2. Quartal der Verfügbarkeit haben die Umsätze des H100 Tensor-Core-Grafikprozessors laut Nvidia die des A100 übertroffen.

Im Gegensatz zu den GPUs ist der Markt für CPUs und Arbeitsspeicher nicht ganz so angespannt und zeigt auch erste Anzeichen einer Stabilisierung. Daher ist eine Outperformance von Halbleitern, insbesondere von GPUs, logisch. Zu diesem Zeitpunkt des Zyklus ist jedoch bemerkenswert, wie schlecht andere Segmente der Unternehmensausgaben abschneiden, die in der Regel sechs Monate nach den Halbleiterunternehmen ihren Tiefpunkt erreichen.

Während die Kurse von Nvidia und Advanced Micro Devices (NASDAQ:AMD) um 85 % bzw. 45 % gestiegen sind, werden hochwertige Cloud-Infrastruktur- und Cybersicherheitsunternehmen wie Zscaler (NASDAQ:ZS) und Snowflake (NYSE:SNOW) in der Nähe ihrer Tiefststände gehandelt, obwohl sie möglicherweise von ähnlichen langfristigen Trends profitieren.

Semiconductor vs. Enterprise Software - Performance YTD

B2B-Software - sind die Erwartungen schon niedrig genug?

Die Mehrheit der von uns beobachteten Technologieunternehmen hat im vergangenen Monat Geschäftszahlen vorgelegt, die im Großen und Ganzen recht enttäuschend waren. Der Tenor war in allen Berichten ähnlich wie im letzten Quartal: Längere Verkaufszyklen, Kunden kaufen nur das, was sie brauchen, Aufteilung großer Abschlüsse in kleine Teile usw.

Während die meisten Unternehmen für die Zukunft ein langsameres Umsatzwachstum als noch vor 1-2 Jahren erwarten, ist das Ausmaß der Verlangsamung doch überraschend. Für wachstumsstarke Unternehmen an der Spitze der Innovation wird nun ein Wachstum prognostiziert.

Hyper-Growth-Unternehmen

Die meisten negativen Überraschungen in diesem Quartal kamen von höherwertigen Unternehmen, die zwar gute Ergebnisse erzielten, aber hinter ihren üblichen Erfolgen bzw. Steigerungen zurückblieben. Zu dieser Kategorie gehören Zscaler, Snowflake, Datadog (NASDAQ:DDOG), MongoDB (NASDAQ:MDB) und Confluent (NASDAQ:CFLT.

Allerdings gab es in den Q4-Berichten auch einige optimistische Trends, von denen wir annehmen, dass sie sich im Laufe des Jahres und darüber hinaus fortsetzen werden.

  • Plattformen bieten mehr als punktuelle Lösungen. Während die Akquisition neuer Logos eine der größten Herausforderungen in dieser Ertragssaison war, konnten Unternehmen mit mehreren Produkten oder einer umfangreichen Kundenbasis besser abschneiden, da sie ihren bestehenden Kunden ein Upselling anbieten konnten.
  • Die Kostensenkungen wirken sich erst jetzt auf die Ergebnisse aus. Die größten Überraschungen bei den Ergebnissen im Technologiebereich kamen von Unternehmen, die ihre Kosten senkten. Wir haben diesen Trend bereits zu Beginn des Jahres besprochen, und er ist erst jetzt allmählich in den Ergebnissen festzustellen.
  • "Must-haves" schneiden besser ab als "Nice-to-haves". Segmente wie die Cybersicherheit erwiesen sich als robuster als andere Bereiche der Unternehmensausgaben, in denen die Unternehmen ihre Einkäufe optimieren konnten, z. B. Cloud-Ausgaben, DevOps und Tools für die Zusammenarbeit.

1. Plattformen schnitten besser ab als Einzellösungen

Plattformen, bei denen das Unternehmen den bestehenden Kundenstamm auf neue Lösungen umstellen kann, schnitten besser ab als Unternehmen, die auf neue Kunden angewiesen sind, das gilt insbesondere für relativ teure Produkte wie Zero Trust Security. Das Ergebnis von Palo Alto Networks (NASDAQ:PANW) glänzte insbesondere durch ein starkes Portfolio von "Next-Gen"-Lösungen und eine große Kundenbasis. Auch Crowdstrike (NASDAQ:CRWD) meldete ein solides Ergebnis, das auf die Fähigkeit des Unternehmens zurückzuführen ist, Upsell-Lösungen zu verkaufen und in KMUs zu expandieren.

Wir erwarten, dass M&A-Transaktionen in den nächsten fünf Jahren in einem Umfeld knapper werdender Liquidität eine entscheidende Rolle bei der Wertschöpfung von Unternehmen spielen werden. M&As könnten zu einem der wichtigsten Hebel werden, der es Unternehmen ermöglicht, in einem sich ständig weiterentwickelnden Markt wettbewerbsfähig und relevant zu bleiben. Daher werden Unternehmen mit einer soliden Erfolgsbilanz und bewährten Integrationsplänen von einem Premium-Multiplikator profitieren.

2. Kostensenkungen wirken sich erst allmählich auf die Ergebnisse aus

Während die Nachfrage bei den Unternehmens- und Verbraucherausgaben gedämpft war, konnten die Unternehmen Kostenstrategien umsetzen, die erhebliche Vorteile mit sich brachten.

Selbst hochwertige Unternehmen mit einem beeindruckenden zweistelligen Umsatzwachstum können von umsichtigen Kostensenkungsmaßnahmen wie einem Personalabbau (bis zu ~10 %) profitieren. Eine solche Senkung kann die Gewinnspannen erheblich verbessern, ohne die langfristigen Wachstumsaussichten zu beeinträchtigen. Nennenswerte Beispiele für Unternehmen, die diese Strategie unserer Meinung nach erfolgreich umsetzen werden, sind Salesforce (NYSE:CRM), HubSpot (NYSE:HUBS), Zoom (NASDAQ:ZM) und Shopify (NYSE:SHOP).

Kostensenkungen, die mehr als 10 % der Belegschaft betreffen, sind in der Regel ein Anzeichen für eine größeren Umstrukturierung und bergen erhebliche Risiken. Diese Strategie kann sehr erfolgreich sein, wie z.B. bei Meta (NASDAQ:META) und Twitter, aber auch ein Zeichen für ins Wanken geratenen Geschäftsmodelle sein, wie bei Upstart (NASDAQ:UPST), Opendoor (NASDAQ:OPEN) und Carvana (NYSE:CVNA).

3. "Must-haves" schnitten besser ab als "Nice-to-haves"

Wir haben während der gesamten Berichtssaison immer wieder gehört, dass Unternehmen nur für Dinge Geld ausgaben, die sie brauchten. Folglich waren die Bereiche, die am stärksten betroffen waren, DevOps, wo Unternehmen in aktuelle Projekt investiert hatten. Bei den Cloud-Ausgaben zeigte sich ein ähnlicher Trend: Die Unternehmen versuchten, ihre Ausgaben zu optimieren

Dieser Trend, nur dort zu investieren, wo es notwendig ist, wird sich vielleicht auch im restlichen Jahr fortsetzen, wir erwarten jedoch, dass es letztendlich auf die Rendite ankommt, die diese Produkte bieten. Bei Lösungen, die einen überzeugenden ROI bieten, könnte eine effizientere Bereitstellung bedeuten, dass sie in Zukunft weniger zyklisch sind.

Unternehmensausgaben könnten im zweiten Halbjahr 2023 deutlich anziehen

Letzte Woche haben wir an der BAML Industrials-Konferenz in London teilgenommen, wo wir uns mit mehr als 50 CEOs und CFOs von Unternehmen aus einer Vielzahl von Teilsektoren trafen.

Die Stimmung hat sich seit Ende 2022, als die meisten Managementteams noch von einer gewissen Unsicherheit ausgingen, deutlich geändert. Die meisten Endmärkte - mit Ausnahme des Immobilienmarktes - überraschen mit einer Aufwärtstendenz. Mehrere Unternehmen äußerten, dass das 1. Quartal 2023 für sie besser als erwartet verläuft. Darüber hinaus beginnen sich die Auswirkungen des Re-Shoring (Rückverlagerung von Produktionsstätten aus Schwellenländern zurück in Industrieländer) in den Auftragsbüchern bemerkbar zu machen, insbesondere in der Halbleiterfertigung.

Darüber hinaus zeigt der Aufschwung in China eine zunehmende Dynamik. Diese Entwicklung hat uns überrascht, da sich der chinesische Markt nach der Aufregung um die Wiedereröffnung zu Beginn dieses Jahres nur schleppend erholte.

Die meisten Unternehmen gehen davon aus, dass die Inflation hartnäckig bleibt. Im allgemeinen gelingt es den Unternehmen jedoch, Preissteigerungen weiterzugeben und ihre Gewinnspannen sogar zu verbessern. Demzufolge können die Unternehmensgewinne als Schutz vor Inflation fungieren.

Viele Anleger befürchten auch weiterhin eine Rezession mit Liquiditätsverknappung, eine Inversion der Renditekurve, Turbulenzen im Bankensystem usw. Wir sind jedoch der Meinung, dass sich dieser Abschwung stark von Konjunkturzyklen der Vergangenheit unterscheidet. Während die meisten Zyklen einem Muster folgen, unterscheidet sich die aktuelle Entwicklung dadurch, dass es zu Beginn des Abschwungs keine Überkapazitäten gab. Folglich halten sich die meisten Endmärkte selbst einer Verknappung der Liquidität und langsamerem Wirtschaftswachstum sehr gut.

Im Folgenden fassen wir unsere Notizen der Konferenz zusammen:

Unternehmen waren deutlich optimistischer als zum Ende des Jahres 2022

  • Das 1. Quartal läuft wie erwartet oder besser
  • Die Nachfrage ist in vielen Endmärkten (mit Ausnahme des Wohnungsmarktes) sehr stark. Die Stimmung ist deutlich besser als im letzten Jahr;
  • Das Fluke-Geschäft von Fortive konnte z.B. bessere Auftragseingänge und Verkaufszahlen als erwartet verzeichnen
  • Fluke stellt Test- und Messgeräte her und ist ein Indikator für die wirtschaftliche Entwicklung

Der Aufschwung Chinas ist stärker als erwartet

  • Diese Entwicklung hat überrascht, da sich der chinesische Markt nach der Aufregung um die Wiedereröffnung zu Beginn dieses Jahres nur schleppend erholte.

Höhere Preise für einen längeren Zeitraum - keine Anzeichen für eine Abkühlung der Inflation

  • Die Inflation ist hartnäckig, die meisten Unternehmen können ihre Preise jedoch vor der Inflation setzen
  • Fortive erwartet Preiserhöhungen von +2,5 % für das Jahr 2023 (nach Preissteigerungen von mehr als 6 % im 4. Quartal 2022)

Re-shoring beginnt sich in den Auftragsbüchern bemerkbar zu machen (vor allem in der Halbleiterindustrie)

  • Parker Hannifin verzeichnet starke Aufträge aus der Halbleiterindustrie
  • Weitere Bereiche sind Batteriehersteller, Dekarbonisierungsprojekte

Liquidität/Zugang zu Kapital sind kein großes Problem, vor allem nicht für größere Unternehmen, die über viel Geld verfügen

  • Airbus (EPA:AIR) wies auf leicht verschärfte Bedingungen für seine 4-5 Zulieferer hin, die aber nicht signifikant sind
  • Mehrere Unternehmen erklärten, dass sie in der Lage sind, ihre Hauptzulieferer zu unterstützen (was bisher noch nicht erforderlich war)

Der Markt für gewerbliche Ausrüstung ist immer noch sehr angespannt - die Kapazitäten sind in allen Bereichen knapp

  • Herc (Ausrüstungsverleih) stellte fest, dass ein großer Anbieter 30 % der Aufträge für 2023 in das Jahr 2024 verschoben hat
  • Laut Airbus können neue Flugzeuge erst 2029 wieder bestellt werden

ESG bleibt ein zentraler Fokusbereich für Unternehmen, aber diese Entwicklung erfordert Zeit

  • Airbus geht davon aus, dass der Treibstoffverbrauch bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts um 20-30 % gesenkt werden kann (Materialien, Tragflächen, Vortrieb).
  • Der Flugzeugbauer erwartet, dass 2035 die Nutzung von Wasserstoff für die Luftfahrtindustrie machbar sein könnte

Quelle: BofA, Spear Invest

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