Die Aktie des Modeherstellers Hugo Boss ist ein Paradebeispiel dafür, wie empfindlich Anleger derzeit auf kleinste Abweichungen von den Erwartungen reagieren. Am Folgetag der Veröffentlichung der Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr 2023 unterboten sich Anleger zeitweise und führten einen Kursrutsch von sage und schreibe 20 % herbei. In Anbetracht der starken Zahlen erscheint das übertrieben. Das Management hat in allen Belangen geliefert und so mancher dürfte sich vermutlich ärgern, dass er die Aktie verkauft hat.
Frankfurt/Main, den 10.3.2024: Bereits im November 2023 hatten wir die Aktie von Hugo Boss (ETR:BOSSn) (ISIN: DE000A1PHFF7) unter die Lupe genommen und uns dazu entschieden zunächst den weiteren Kursverlauf abzuwarten, weniger aufgrund von Zweifeln an den guten Aussichten, sondern aufgrund der Tatsache, dass der von uns ermittelte Einstiegskurs im Laufe des Jahres noch nicht tangiert wurde. Unsere Vorsicht hat sich nun ausgezahlt, denn mit der Veröffentlichung der Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr kam es dann doch noch zu dem von uns befürchteten Rückfall, der knapp oberhalb des von uns genannten Einstiegsniveaus zum Stoppen kam. Dass die Aktie ziemlich exakt bei 50 EUR zum Stillstand kam, ist aus unserer Sicht kein Zufall. Das Kursniveau von 50 EUR entspricht ziemlich exakt dem von uns für die Bewertung zuletzt zu Grunde gelegten Multiple vom 8-Fachen des operativen Ergebnisses vor Zinsen und Steuern (EBIT), wenn man dabei das vom Unternehmen in Aussicht gestellte EBIT für 2024 zu Grunde legt, beziehungsweise den niedrigeren Wert der prognostizierten Spanne von 430 bis 475 Mio. EUR, der einem Wert von 6,24 EUR je Aktie entspricht.
Damit könnte das Abwärtspotenzial bereits ausgeschöpft sein, denn was Hugo Boss geliefert hat, kann sich sehen lassen. Mit einem währungsbereinigten Rekordumsatz von 4,2 Mrd. EUR (+ 18%), einem Zuwachs beim EBIT von 22 % auf 410 Mio. EUR – einhergehend mit einer um 0,6 % verbesserten EBIT-Marge von 9,8 % – hat das Unternehmen seine Prognosen für 2023 erfüllt und in Teilen sogar übertroffen. Auch der Dividendenvorschlag von 1,35 EUR je Aktie liegt satte 35 % über dem Vorjahr. Unbehagen hatte bei Anlegern offenbar die Ankündigung ausgelöst, dass sich das Erreichen des angestrebten Umsatzziels von 5 Mrd. EUR bis 2025 aufgrund des schwachen Konsumklimas „leicht verzögern“ könnte. Allerdings scheint das Management das Konsumklima als stabil genug einzuschätzen, um Umsatz und EBIT auch 2024 weiter zu steigern. So soll der Konzernumsatz zwischen 3 und 6 % auf rund 4,30 bis 4,45 Mrd. EUR steigen und das EBIT soll um 5 bis 15 % auf 430 bis 475 Mio. EUR zulegen. Bei der EBIT-Marge wird ein Anstieg von 10,0 auf 10,7 % erwartet. Folgt man diesen Prognosen, dann sind das positive Aussichten. Die Stimmung bei Analysten zu Hugo Boss ist ebenfalls gut. Von 13 Analysten raten 9 zum Kauf und 4 zum Halten, mit Kurszielen zwischen 65 und 88 EUR. Zum Verkauf rät kein Analyst.
Bewertung auf Basis des EBIT
Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2023 haben sich die Kurse der Hugo Boss-Aktie in einer Spanne zwischen dem 9 und 12,7-Fachen des EBIT bewegt und notierten damit weiterhin auf dem relativ niedrigen Bewertungsniveau, dass seit 2019 die Kursentwicklung der Aktie prägt. (Siehe unsere Analyse vom 5. Nov. 2023.) Geändert hat sich für unsere aktuelle Bewertung damit lediglich das Ertragsniveau. Für unsere Neubewertung legen wir den kleineren Wert der von Hugo Boss selbst prognostizierten EBIT-Spanne von 430 bis 475 Mio. EUR zu Grunde. Auf Basis eines EBIT von 430 Mio. EUR – 6,24 EUR je Aktie – und Multiples von 13 und 8 ergibt sich eine Handelsspanne mit einem Kursziel von 81 EUR und einem Einstiegskurs von 50 EUR.
Charttechnik
Der mittelfristige Trendverlauf der Notierung ist nicht ganz eindeutig. Mit dem Kurseinbruch am 7. März wurde zwar eine seit 2020 bestehende mittelfristige Aufwärtstrendlinie deutlich nach unten durchbrochen, bei genauerer Betrachtung kristallisiert sich jedoch eine weitere mittelfristige Trendlinie (blau) heraus, die Unterstützung bietet. Wir gehen demnach von einer weiterhin intakten Aufwärtsbewegung aus. Mit der Ausbildung des Wochentiefs hat sich jedoch auch ein abwärts gerichteter kurzfristiger Trendkanal ausgebildet, der seinen Ausgangspunkt im Juli 2023 bei knapp 76 EUR findet. Nach dem Rückfall auf das Unterstützungsniveau von 50 EUR konnte sich der Aktienkurs schnell erholen und auch das zuvor unterschrittene Unterstützungsniveau von 55 EUR auf Wochenschlussbasis zurück erobern. Ein klares Kaufsignal würde sich aus technischer Sicht aber erst mit dem Bruch des kurzfristigen Trends nach oben ergeben – bei ca. 65 EUR (200-Tage-Linie). Dort liegt auch das letzte markante Zwischenhoch. Das Überwinden der Widerstandszone von 59 EUR auf Tages- oder Wochenschlussbasis könnte jedoch auch schon als deutlich bullisches Indiz gewertet werden. Die nächsten markanten Widerstände lägen anschließend bei 65 und 70 EUR. Sollte sich jedoch die Abwärtsbewegung fortsetzen und die Unterstützung bei 50 EUR unterschritten werden, dann lägen die nächsten Unterstützungslinien bei 46, 36 und 28,50 EUR. Die relative Stärke auf Basis von 14 Wochen hat mit dem Kursrutsch am 7. März kein neues Tief ausgebildet und weist damit eine Divergenz zum Kursverlauf auf, die als bullisches Signal gewertet werden kann.
Fazit
Die Reaktion auf den Kurseinbruch vom 7. März erscheint uns in Anbetracht der Zahlen für 2023 übertrieben. Wir sehen das Management mit der Umsetzung der Wachstumsziele auf Kurs und erachten die Aktie auf Basis der konservativ gewählten EBIT-Prognose als leicht bis stark unterbewertet. Die starke Gegenreaktion der Aktie unmittelbar nach dem Rückfall und die Stimmung der Analysten bestätigen uns in unserer Haltung. Wir nutzen das aktuelle Kursniveau zum Kauf. Bis zu unserem Kursziel bei 81 EUR besteht aktuell eine Gewinnchance von rund 45 %.
Investmentidee(n) auf Hugo Boss
Für mutige Anleger bietet sich neben einem Aktienkauf auch ein Turbo-Long auf Hugo Boss an, mit dem Anleger von steigenden Kursen profitieren. Das ausgewählte Papier mit der WKN SD8ZWY hat einen Hebel von 2,9 und partizipiert nach oben und unten um diesen Faktor. Anleger sollten das Risiko bei Hebelpapieren allerdings begrenzen, etwa den Kapitaleinsatz auf 2 Prozent des Depotwerts.
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