Wie im Rausch befanden sich die Aktienmärkte in der Vorwoche. Der Dax stieg zeitweise um mehr als 600 Punkte, der Nikkei erlebte die beste Handelswoche seit 2016 und der Dow Jones, der S&P 500 und die Nasdaq verzeichneten so starke Kursgewinne wie seit Februar 2018 nicht mehr.
Wie der leitende Wirtschaftsredakteur der Welt, Holger Zschäpitz, auf Twitter zeigte, stieg die Marktkapitalisierung der globalen Aktienmärkte in der letzten Woche um 2 Billionen Dollar, nach dem Crash um 8 Billionen Dollar im Oktober.
Die jüngste Erholung kam mit Ansage: überverkaufte Marktbedingungen, positive Divergenzen und die Rückkehr der so genannten Buybacks ( wie auch hier letzte Woche beschrieben) machten es den Bullen recht einfach, um ein sensationelles Comeback zu feiern. Nun stellt sich aber die Frage, wie nachhaltig dieser Bounce in der letzten Woche war.
Für hohe Volatilität in dieser Woche werden vor allem die so genannten midterms sorgen, also die US-Zwischenwahlen, die am Dienstag stattfinden. Laut den Experten der Deutschen Bank (DE:DBKGn) legte der S&P 500 12 Monate nach den midterms im Schnitt um 15,3 Prozent zu.
Da 12 Monate ein doch recht großer Zeitraum ist, ist die andere Darstellung, die auch von der Deutschen Bank stammt, wahrscheinlich etwas aussagekräftiger. So stiegen die Aktienmärkte 1 Monat vor und 2 Monate nach den US-Zwischenwahlen um durchschnittlich 8 Prozent.
Da aktuell einiges dafür spricht, dass die Demokraten das US-Repräsentantenhaus übernehmen könnten, besteht auch die Chance darauf, dass die US-Handelspolitik in geordnetere Bahnen übergeht.
Laut der Website PreditIt stehen die Chancen bei 69 Prozent, dass die Demokraten zumindest im US-Repräsentantenhaus die absolute Mehrheit erlangen werden. BookMaker taxiert die Wahrscheinlichkeit für einen Sieg der Demokraten auf 71,5 Prozent und Bovada auf 75 Prozent.
Für eine tiefgreifendere Erholung an den Aktienmärkten spricht auch die Rückkehr der so genannten Buybacks, wo Unternehmen selbst Aktien zurückkaufen können, was ja einer der Hausse-Treiber der letzten Jahre am Aktienmarkt war.
Die Risiken sollten aber auch nicht vernachlässigt werden. So ist der S&P 500 und viele anderen Indizes in den letzten zehn Jahren gemütlich und in ruhigem Gewässer gen Norden marschiert. Jedoch gab es in diesem Jahr bereits zwei echte Korrekturen an den Märkten - im Februar und jetzt im Oktober. Grund dafür sind zwei Faktoren, die sich seit der Jahreswende geändert haben: zum einen erreichte die Bilanzsumme der Zentralbanken im März mit 16,6 Billionen Dollar ihren vorläufigen Höchststand.
Und zum anderen drehte sich die Korrelation zwischen Anleihen und Aktien am 18. Februar zum ersten Mal seit der globalen Finanzkrise.
Chief Information Officer Michael Hartnett von der Bank of America (NYSE:BAC) sagte, dass Ende der Anleihekäufe, bedeutet das Ende der niedrigen Volatilität, was auf eine hohe Volatilität in der nächsten Zeit hindeutet.
Die Chance auf eine sehr viel tiefere Korrektur an den Aktienmärkten würde also deutlich steigen, wenn die Zinsen sehr viel schneller steigen als erwartet, was Powell ja Anfang Oktober auch angedroht hatte. Sollte sich diese Sichtweise auf den nächsten Fed-Sitzungen bestätigen, so drohen größere Turbulenzen.
Auch aus charttechnischer Sicht könnte die Luft für die US-Indizes allmählich wieder dünner werden. Dank der Rallye in der letzten Woche näherten sich Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq wieder ihren Ausbruchsniveaus.
Der Dow Jones handelt zwar über seiner 200-Tage-Linie, aber unter der unteren Begrenzungslinie des langfristigen Aufwärtstrendkanals.
Der marktbreitere S&P 500 bewegt sich indes sowohl unter seiner Glättung der letzten 200 Tage als auch unter der unteren Begrenzungslinie des langfristigen Aufwärtstrendkanals.
Gleiches gilt für die Nasdaq 100 …
Fazit:
Technisch handeln die US-Indizes auf Schlüsselhürden. Ein nachhaltiger Sprung darüber könnte tatsächlich Raum für eine Jahresendrallye schaffen. Jedoch sollten Anleger dabei die fundamentalen Risiken nicht außer Acht lassen, darunter höhere Leitzinsen, eine Verlangsamung des Weltwirtschaftswachstums im kommenden Jahr und straffere Finanzierungsbedingungen. Ohne eine neue Runde von Stimuli seitens der Zentralbanken dürfte es schwer werden, die alten Rekordhochs zu erreichen oder gar zu überbieten. Eines ist aber sicher: die Volatilität wird in den nächsten Wochen hoch bleiben. Ideale Voraussetzungen also für Trader.