Das vergangene Jahr war hart für Netflix (NASDAQ:NFLX). Seine Aktien haben aus der Gruppe der fünf Top-Technologie-Unternehmen, zu denen Amazon.com (NASDAQ:AMZN) und Apple (NASDAQ:AAPL) zählen, die stärksten Verluste erlitten.
Dieser scharfe Rückgang hat einige Anleger zu der Frage veranlasst, ob dies eine Kaufgelegenheit oder ein langfristiges Baisse-Signal für den Video-Streaming-Riesen ist, nachdem er in den letzten zehn Jahren eine machtvolle Rally verzeichnet hatte, gegenüber der die anderen Technologiewerte meistens auf der Strecke blieben.
Die Antwort auf diese grundlegende Frage ist angesichts der sich schnell ändernden Dynamik des Video-Streaming-Marktes nicht einfach. Aber ein Unterschied, der Netflix-Bullen nervös macht, ist, dass die Talfahrt diesmal anhält und Schnäppchenkäufe nicht funktionieren.
Als Beispiel, Netflix steckt immer noch tief in der Baisse fest, auch fünf Wochen nach seinem letzten Quartalsbericht, der einen schweren Kurseinbruch ausgelöst hatte. Seine Aktien stehen seitdem um mehr als 19% tiefer, im Gegensatz zu früheren Kursrückgängen, die sofort Schäppchenkäufer in den Markt brachten, die die Aktie wieder nach oben boten. Die Aktie beendete den Handel gestern zu 294,98 USD, 1,2% höher nach vier aufeinanderfolgenden Verlusttagen.
Was ist diesmal so anders, dass sich die Investoren fernhalten? Aus unserer Sicht spiegelt die aktuelle Abwärtsphase sowohl die kurzfristigen Herausforderungen für das Unternehmen als auch die Befürchtungen der Anleger über den schärferen Wettbewerb wider.
Beginnen wir damit, was beim Ergebnissen von Netflix passiert. Der größte Rückschlag für das Unternehmen kam im letzten Quartal, als die Erwartungen sowohl für den nationalen als auch den internationalen Markt verfehlt hatte. Netflix berichtete im vergangenen Monat, dass die Zahl seiner zahlenden Streaming-Abonnenten in den USA im Vergleich zum Vorquartal erstmals zurückgegangen ist. Zusätzlich zu dieser Bombe gab Netflix auch noch bekannt, dass weltweit 2,8 Millionen neue zahlende Streaming-Kunden hinzugekommen sind, während die Wall Street eher mit einer Zahl von 5 Millionen gerechnet hat.
Unter normalen Umständen hätten diese Defizite wahrscheinlich nicht so viel Negativität ausgelöst, da das zweite Quartal für Netflix in der Regel ein schwaches ist und der Konzern schließlich in der Vergangenheit ein stetiges starkes Wachstum erzielt und die Erwartungen der Analysten übertroffen hat.
Langsameres Kundenwachstum
Was die Aktie diesmal jedoch am härtesten traf, war, dass die Verbraucher nicht positiv auf die Preiserhöhungen von Netflix reagierten. Das Unternehmen verlor vor allem in den Regionen Abonnenten, in denen es die monatlichen Preise für seine Streaming-Pakete erhöhte.
Für viele zeigte dies, das Netflix bei Preiserhöhungen Grenzen gesetzt sind, die es Schließung der Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben nutzen könnte. Dies bedeutete auch, dass der Weg zur Profitabilität für das Unternehmen möglicherweise nicht so geradlinig ist, wie es viele Analysten eingepreist hatten, insbesondere in einer Zeit, in der es Geld blutet und es sich tief verschulden muss, um neue Inhalte zu produzieren.
Der Ergebnisschock im zweiten Quartal zwang die Investoren auch, den neu aufkommenden Wettbewerb ernst zu nehmen. Walt Disney Company (NYSE:DIS) kündigte diesen Monat an, dass es ein neues Paket von Streaming-Diensten zu einem überraschend niedrigen Preis von 12,99 USD pro Monat mit einem Paket aus Familienprogrammen, Live-Sport und einer umfangreichen Bibliothek von Fernsehshows anbietet. Disney zieht mit dem Standardplan von Netflix gleich und vermarktet den Dienst für 3 US-Dollar weniger als die Premium-Version.
Apple, ein weiterer Konkurrent mit vollem Geldspeicher im Streaming-Bereich, plant für November die Einführung des Apple TV+ Film- und TV-Abonnementdienstes, der Bloomberg zufolge, womöglich nur 9,99 USD im Monat kosten wird. AT & T Inc (NYSE:T) und Comcast (NASDAQ:CMCSA) Tochter NBCUniversal planen ebenfalls Streaming-Versionen anzubieten - alle mit dem Ziel, das Monopol von Netflix zu brechen.
Diese Risiken machen Netflix auf kurze Sicht definitiv zu einer riskanten Anlage, was aber nicht bedeutet, dass das Unternehmen seine Fangemeinde vollständig verloren hat. Tatsächlich gibt es eine Divergenz zwischen der Analystengemeinde und dem, was der aktuelle Aktienkurs des Unternehmens aussagt.
“Da die Content-Investitionen, Vertriebspartnerschaften und Marketingausgaben von Netflix das Kundenwachstum deutlich über den Konsenserwartungen liegen lassen und sich das Unternehmen einem Wendepunkt in der Cash-Profitabilität nähert, glauben wir weiterhin, dass NFLX-Aktien erheblich besser als der Markt laufen werden“, so die Analysten von Goldman Sachs (NYSE:GS) in einer kürzlich veröffentlichten Studie, in der sie der Aktie für die kommenden 12 Monate ein Kursziel von 420 USD zuwiesen.
Fazit
Der Aufstieg der Netflix-Aktie im letzten Jahrzehnt war weitgehend rückschlagsfrei. Angesichts des zunehmenden Wettbewerbs, der steigenden Kosten und der Sättigung auf dem heimischen Markt scheint es dem Streaming-Giganten jedoch zunehmend schwerer zu fallen, diese Entwicklung zu wiederholen. Eine Belebung des Abonnementwachstums in der zweiten Jahreshälfte wäre entscheidend, damit sich am Markt dieser Eindruck wieder zerstreut.