Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0890 (05:22 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0885 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. USD/JPY stellt sich auf 131,17. In der Folge notiert EUR-JPY bei 142,80. EUR-CHF oszilliert bei 0,9878.
Finanzmarkt: US-PMIs belasten
An den Finanzmärkten ergab sich leichte Ernüchterung bezüglich der schwachen Daten aus den USA, allen voran schwächeren Einkaufsmanagerindices im US-Dienstleistungssektor. Auch enttäuschte der ADP-Arbeitsmarktbericht, während das US-Handelsbilanzdefizit etwas höher ausfiel (siehe Datenpotpourri). Die PMIs der Eurozone verfehlten ebenfalls die Prognosen, aber im Monatsvergleich kam es anders als in den USA zu einem Anstieg. Außerhalb des Westens sah das Bild deutlich besser aus. Sowohl der von Caixin ermittelte Dienstleistungs-PMI Chinas als auch der von S&P erstellte Dienstleistungs-PMI Russlands bewegen sich auf Höchstständen seit 2020.
Als Fazit lässt sich einerseits ziehen, dass sich das Konjunkturbild in der Weltwirtschaft sehenden Auges teilt und andererseits, dass sich der Finanzmarkt in der Diskontierung der Lage auf die negativen Nachrichten aus den USA fokussierte.
An den westlichen Aktienmärkten kam es in der Folge überwiegend (Ausnahme Dow Jones) zu leichten Verlusten. Asien zeigt sich mit Ausnahme Japans weitgehend stabil.
An den Kapitalmärkten kam es zu Renditerückgängen. Die Rendite der 10 jährigen Bundesanleihe stellt sich heute früh auf 2,18% (Vortag 2,25%), während 10 jährige US-Staatstitel 3,30% bringen (Vortag 3,35%).
Der USD konnte gegenüber dem EUR an Boden gewinnen, obwohl schwache US-Daten Aktienmärkte belasteten und sich auf die Renditen am Kapitalmarkt mindernd auswirkten (!). An den Edelmetallmärkten setzten Gewinnmitnahmen ein, nachdem Gold die Marke von 2030 USD zwischenzeitlich überwinden konnte. Im Zuge der "Lust" auf den USD am Devisenmarkt konnte der USD gegen Gold und Silber Boden gut machen.
Morgen stehen die US-Arbeitsmarktdaten auf der Agenda. Darauf ist der Markt fokussiert. Die Arbeitsmarktdaten, die den Finanzmärkten im Vorwege zur Verfügung standen, implizieren eher einen enttäuschenden US-Arbeitsmarktbericht. So ernüchterte der JOLTS Report für den Berichtsmonat März, aber auch hinsichtlich der Revision der Februardaten. Der ADP-Report verfehlte per März die Erwartungen. Gleichwohl belegte die jüngere Vergangenheit, dass die Daten des offiziellen US-Arbeitsmarktberichts weit von den Daten des ADP-Reports abweichen können.
Wirtschaftsinstitute sehen Zinsgipfel im Sommer
Trotz der jüngsten Bankenturbulenzen wird die EZB aus Sicht der führenden deutschen Forschungsinstitute die geldpolitischen Zügel weiter anziehen.
Kommentar: Diese Einschätzung teilen wir im Hinblick auf die aktuelle Ausrichtung und Verbalakrobatik seitens der EZB.
Die Institute gehen davon, dass die Leitzinsen bis zum Sommer um 0,5% steigen werden. Der Höhepunkt der Zinsen dürfte laut Prognose der Institute im 3. Quartal 2023 mit 4% erreicht werden. Damit würde der an den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz auf 3,5% steigen. Der Leitzins, ergo der Zinssatz der EZB für die sogenannten Hauptrefinanzierungsgeschäfte, würde auf 4,0% zulegen.
Kommentar: Das ist meines Erachtens das "Best Case" Szenario der Fraktion der "Tauben" im EZB-Rat. Es deckt sich kaum mit dem Ziel der "Falken", das eher bei 4,50% angesiedelt sein mag. Entscheidend wird auch der Pfad der US-Notenbankpolitik sein. Sollte dort die Zinswende zügig einsetzen, würde die 4,0% Leitzinsprognose der Institute deutlich gehaltvoller.
Ab dem Sommer 2024 dürften die Leitzinsen laut Prognose der Institute dann aufgrund einer nachhaltig sinkenden Kerninflationsrate und erwarteter zukünftiger Inflationsraten nahe dem Zielniveau der EZB leicht abgesenkt werden.
Kommentar: Bis Sommer 2024 läuft noch viel Wasser die Hamme bei Worpswede und die Elbe bei Hamburg herunter. Die Entwicklungen der letzten 24 Monate lehren bezüglich Prognosen mit längeren Zeitfenstern Demut.
Frankreichs Präsident warnt vor Distanzierung
Hintergrund: Macron besucht zusammen mit einer Wirtschaftsdelegation China. Heute werden er und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen mit der chinesischen Führung sprechen.
Kommentar: Im Vorwege gab es hinsichtlich der geopolitischen Bedeutung des Besuchs transatlantische Abstimmungen, die unerwartet konziliant ausfielen. Nach einem Telefonat zwischen US-Präsident Biden und Frankreichs Präsident Macron verlautete, dass beide die Bereitschaft hätten, die Regierung Chinas einzubinden, um das Ende des Krieges in der Ukraine zu beschleunigten. Zuvor zeigte der Westen Peking diesbezüglich eine kalte Schulter.
Frankreichs Präsident Macron hat sich in Peking dazu bekannt, dass China trotz politischer Differenzen wichtiger Handelspartner bleiben soll. Man müsse die eigenen Industrien in gewisser Weise von Risiken befreien, aber wir dürften uns nicht distanzieren und abgrenzen.
Kommentar: China ist mit einem Anteil von circa 20% des Welt-BIP (Basis KKP) bezüglich Quantität, aber mittlerweile auch Qualität nicht ersetzbar. Macron nimmt damit eine realistische Sichtweise ein, die dem Gebot des normativ Faktischen und des Pragmatismus folgt. Macrons Haltung steht auch im Kontext der Verantwortung, Schäden für die eigene Wirtschaft und Bevölkerung zu vermeiden.
Von der Leyen hatte zuvor eine deutlich härtere Haltung der EU gegenüber China angekündigt. Kommentar: Macron zeigt sich pragmatisch, realitätsnah und der Verantwortung für das eigene Land verpflichtet. Frau von der Leyen zeigt sich ...
BDI-Hauptgeschäftsführerin Gönner sekundierte Macron, ein Abkoppeln sei nicht im Interesse heimischer Unternehmen.
Kommentar: Ohne Wirtschaft geht nichts (Ex-US-Präsident Clinton: "It‘s the economy, stupid"). Manche in Europa begreifen es nicht im globalen Kontext und auch nicht im nationalen Zusammenhang und diskutieren die 4-Tage-Woche bei Fachkräftemangel (Standortqualität).
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:
China: Dienstleistungs-PMI auf höchstem Stand seit 11/2020
Der von Caixin ermittelte Einkaufsmanagerindex des Dienstleistungssektors legte per März von zuvor 55,0 auf 57,8 Punkte zu und markierte den höchsten Indexstand seit 11/2020.
Eurozone: Finale PMIs enttäuschend – Deutscher Auftragseingang stark
Gemäß finaler Berechnung stellte sich der S&P Einkaufsmanagerindex (Purchasing Managers Index, PMI) des Dienstleistungssektors per März auf 55,0 Punkte (Prognose und vorläufiger Wert 55,6). In der Folge lag der Composite Index bei 53,7 Zählern (Prognose und vorläufiger Wert 54,1).
Deutschland: Der Auftragseingang der Industrie verzeichnete per Februar im Monatsvergleich einen überraschend starken Anstieg um 4,8% (Prognose 0,3%) nach zuvor 0,5% (revidiert von 1,0%). Es war der höchste Anstieg auf Monatsbasis seit Juni 2020.
Frankreich: Die Industrieproduktion legte per Februar im Monatsvergleich um 1,2% (Prognose 0,5%) nach zuvor -1,4% (revidiert von -1,9%) zu.
UK: Dienstleistungs-PMI einen Hauch besser
Gemäß finaler Berechnung stellte sich der S&P PMI des Dienstleistungssektors per März auf 52,9 Punkte (Prognose und vorläufiger Wert 52,8). Der Composite Index lag wie erwartet final bei 52,2 Zählern. Das entsprach dem vorläufigen Wert.
USA: ADP-Report schwächer, Defizit höher, Stimmung schlechter als erwartet
Der ADP National Employment Report (Privatwirtschaft) wies per März einen Stellenaufbau in Höhe von 145.000 (Prognose 200.000) nach zuvor 261.000 (revidiert von 242.000) aus. Die Handelsbilanz "reüssierte" per Februar mit einem Defizit in Höhe von 70,5 Mrd. USD (Prognose -69,0 Mrd. USD) nach zuvor -68,7 Mrd. USD (revidiert von -68,3 Mrd. USD).
Gemäß finaler Berechnung stellte sich der S&P PMI des Dienstleistungssektors per März auf 52,6 Punkte (vorläufiger Wert 53,8). In der Folge lag der finale Composite Index bei 52,3 Zählern (vorläufiger Wert bei 53,3).
Der vom Institute of Supply Management (ISM) erhobene Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor sank per März von zuvor 55,1 auf 51,2 Punkte (Prognose 54,5).Der von der Mortgage Bankers Association (MBA) berechnete Hypothekenmarktindex stellte sich in der Berichtswoche per 31. März 2023 auf 217,9 nach zuvor 227,3 Punkten.
Russland: Dienstleistungs-PMI startet durch
Der Einkaufsmanagerindex des Dienstleistungssektors wies per März eine starke Performance aus. Der Index legte von zuvor 53,1 auf 58,1 Zähler zu. Es war der höchste Indexwert seit August 2020.
Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0500 – 1.0530 negiert dieses Szenario.
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe
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