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Anleger reagieren auf die Zinswende und investieren wieder verstärkt in Bankeinlagen und Anleihen. Doch neben höheren Zinsen gibt es dafür noch weitere Gründe.
Der Bundesbank Monatsbericht für November hat es in sich. Bankkunden entdecken angesichts der Zinswende offensichtlich längst vergessen geglaubte Geldanlagen wieder. So berichtet die Bundesbank von einem „außerordentlich dynamischen“ Wachstum des Einlagenbestands. So stieg allein der Bestand an Sichteinlagen im dritten Quartal um 41 Mrd. EUR auf 2,76 Billionen EUR. Im zweiten Quartal war mit 19 Mrd. EUR ein deutlich geringeres Plus verzeichnet worden.
Bundesbank sieht nicht nur Zinswende als Ursache
Die Bundesbank will allerdings nicht nur die Zinswende als Ursache für das Comeback der Bankkonten ausmachen. Vieles deute darauf hin, „dass die Präferenz der Bankkunden für liquide Anlageformen vor dem Hintergrund der angespannten Wirtschaftsstimmung und der Unsicherheit über die weiteren Folgen des Ukrainekriegs wieder gestiegen ist“.
Offensichtlich legen sich die Verbraucher Liquiditätspolster zu, um auf steigende Energiepreise und sich eintrübende Konjunkturaussichten reagieren zu können. Da passt es ins Bild, dass die deutsche Investmentfondsbranche derzeit unter Mittelabflüssen leidet. Wie der deutsche Fondsverband BVI kürzlich berichtete, flossen im dritten Quartal 10 Milliarden EUR ab.
Nicht nur Verbraucher, sondern auch Unternehmen setzen dem Bundesbankbericht zufolge auf Liquidität. Statt Sichteinlagen stehen hier jedoch kurzfristige Termineinlagen im Vordergrund. Die Bundesbank geht davon aus, dass Unternehmen sich aufgrund der aktuellen Unsicherheiten mit größeren Investitionen zurückhalten.
Dass nicht nur die Zinswende für das veränderte Anlageverhalten ursächlich ist, könnte noch einen anderen Grund haben. Zumindest im Einlagengeschäft kommt die neue Zinswelt nur mit großer Verzögerung bei den Bankkunden an. Wer Geld auf einem Tagesgeldkonto anlegt, kann als Neukunde bestenfalls mit 1,60 % rechnen – und als Bestandskunde selten mit mehr als 0,50 %. Für zweijährige Festzinsanlagen gibt es bei den besten Anbietern am Markt knapp über 3 %, bei fünf Jahren Laufzeit sind sogar fast 3,5 % drin.
Der Anleihemarkt bietet da schon deutlich mehr. Allerdings sind Anleihen mit Kursrisiken verbunden. Steigen die Zinsen, fallen die Kurse der Schuldverschreibungen. Vor allem bei langen Restlaufzeiten und niedrigen (oder gar keinen) Zinskupons – also einer langen Duration – können Zinsänderungen zu drastischen Bewertungsverlusten führen.
60/40 Portfolio performt so schlecht wie seit 80 Jahren nicht
Für Anleger war 2022 bislang kein einfaches Jahr. An den Aktienmärkten stellten sich ausgeprägte Kursverluste ein. Dafür gab es viele Gründe: Den Krieg in der Ukraine, die (auch damit zusammenhängende) Zinswende, die hohen Inflationsraten und die Sorgen vor einem konjunkturellen Einbruch.
Doch auch für Anleiheportfolios war es bislang kein gutes Jahr. Durch die steigenden Zinsen haben Anleihen deutlich an Wert verloren. Selbst Gold erwies sich nicht als der erhoffte sichere Hafen – der Kurs entwickelte sich in den letzten Monaten leicht abwärts bis seitwärts, obwohl die Inflationsraten durch die Decke gingen.
Wie schwierig die Zeiten für Anleger sind, zeigt ein Blick auf ein klassisches Portfolio mit 60 % US-Aktien und 40 % US Anleihen. Evan Brown, Leiter Multi-Asset Strategy bei UBS (SIX:UBSG) Asset Management zufolge, haben solche Portfolios in diesem Jahr (bis Mitte Oktober) knapp 20 % an Wert verloren. Nur in drei (vollen) Kalenderjahren fiel bislang eine schwächere Performance an. Alle diese Jahre liegen mehr als 80 Jahre zurück.
Laut Wall Street Journal erzielte ein Portfolio mit 60 % US Aktien und 40 % zehnjährigen US Staatsanleihen nur 1937 (-20,5 %), 1931 (-27 %) und 1907 (-20,2 %) schlechtere Renditen als bislang in diesem Jahr. Allerdings könnte sich die Statistik noch ein wenig ändern, da die Aktienmärkte zuletzt deutlich gestiegen sind und auch die Kursverluste bei Bonds wieder ein Stück weit korrigiert wurden.