Heute aktivierte der deutsche Wirtschaftsminister und Vizekanzler, Robert Habeck, die erste Stufe eines Notfallplans zur Gasversorgung. Seine Sorgen, dass Russland die Gaslieferungen nach Deutschland einstellen könnte, stiegen wohl, sodass nun ein Frühwarnsystem eingerichtet wird, um im Falle eines Stopps schnell reagieren und somit Ausfälle vermeiden zu können. Es gibt hierbei insgesamt drei Stufen: die Frühwarnstufe, welche heute aktiviert wurde, eine Alarmstufe und eine Notfallstufe. Die Begriffe sind relativ selbsterklärend, und werden je nach Dringlichkeit aktiviert. Geschützt sollen vor allem private Haushalte, Krankenhäuser, Feuerwehr und Polizei, jedoch wahrscheinlich auch Rettungsdienste und das Militär.
Mit der aktuellen Stufe wird nun ein Krisenstab eingerichtet, der die Versorgung genaustens überprüft. Dabei wird die Kooperation mit den Bundesländern, Gebietsverwaltern und Leitungsbetreibern erhöht, sodass hier schnelle Maßnahmen getroffen werden können. Was genau das bedeutet, ist für viele unklar. Einige Stimmen reden von einer Verstaatlichung des deregulierten Energiemarktes. Andere reden von Angstmache, während wieder andere von sinnvoller Prävention reden. Aktuell gäbe es keine Lieferengpässe, jedoch wies Habeck daraufhin, dass Privatpersonen und Unternehmen gleichermaßen darauf achten sollten, ihren Verbrauch bestmöglich zu verringern.
Die Notwendigkeit dieser Maßnahme, so Habeck, basiert auf potenziellen Plänen seitens Russland, wo man darüber nachdenkt die Zahlungen für Gas-, Öl- und Kohlelieferungen nur in Rubel zu akzeptieren. Indizien für einen Stopp der Lieferungen gibt es aktuell nicht. Selbst wenn dies aber der Fall sein sollte, so stellt sich die Frage, wie dieser Wegfall kompensiert werden soll. Zuletzt sank der Anteil vom Gas aus Russland von 55% auf 40%. Wenn dies doch so leicht zu überbrücken ist, wieso stellen wir nicht jetzt schon auf andere Quellen um? Planmäßig wäre man nämlich erst 2024 komplett unabhängig.
Eine Erklärung ist der Preis. Russisches Gas ist, wegen des größeren Angebots, deutlich günstiger, und diese Konditionen hat man sich auch über die Jahre mit lukrativen Verträgen diplomatisch erkämpft. Sollte das Gas ausfallen, so würde man das am Preis spüren. Dass es so weit kommt, ist aber unwahrscheinlich, da Russland mehr denn je vom Öl- und Gasexport abhängig ist. Die Zahlungen in Rubel zu akzeptieren, ist dabei nur ein Vorgehen, um den Wertverlust der nationalen Währung zu stoppen. Setzt Russland dies um, so müssen alle belieferten Nationen ihre eigene Währung erstmal in Rubel wechseln, wodurch die Nachfrage, und somit auch der Preis, steigt. Aktuell wird Russland entweder auf Basis des Euros oder Dollars bezahlt. Somit füllen sich zwar die Zentralbankreserven, aber man kann damit auch keine Rubel kaufen, da Abnehmer von den Fremdwährungen größten Teils im Ausland sind.
Ich persönlich schätze die Gefahr von Lieferungsstopps bei Öl und Gas aus Russland als sehr gering ein. Der Grund ist ganz einfach: Russland braucht jetzt wirklich jeden Cent und kann hier nicht auf so essenzielle Exporte verzichten. Das weiß auch der Rest der Welt. Während Russland nur diesen großen Trumpf hat, hat der Rest der Welt noch viel mehr politische und wirtschaftliche Druckmittel zur Hand. Nur den Rubel als Zahlungsmittel zu akzeptieren ist auch kein Schlag gegen die Abnehmer, sondern eher Schadensbegrenzung. Wie ich auch in zwei Artikeln zur Diversifizierung der globalen Wirtschaft aber schon geschrieben habe (hier und hier), ist eine breitere Aufstellung bei der Energieversorgung ein generelles Thema, was sich nicht nur Deutschland auf die Agenda für die nächsten Jahre schreiben sollte.
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