EUR/USD eröffnet bei 1,0936 (05:06 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0893 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 149,32. In der Folge notiert EUR-JPY bei 163,33. EUR-CHF oszilliert bei 0,9592.
Märkte: Europa läuft den USA davon
An den Finanzmärkten wird die "Schulden-Bonanza" der Bundesregierung goutiert. Der Markt ist auf die potentielle Quantität, nicht auf die Qualität fokussiert.
Europäische Aktienmärkte reüssierten gestern, flankiert von den ZEW-Indices ex Lageindex (Umfrage in der Finanz-, nicht der Realwirtschaft), die durch die Decke gingen. Der DAX markierte mit gut 23.478 Punkten einen neuen Rekordstand. Dagegen sanken US-Aktienmärkte trotz unterstützender Daten (Industrieproduktion, Kapazitätsauslastung, Neubaubeginne).
Nachfolgende Grafik der Bank of America (NYSE:BAC) belegt die Divergenz der Allokation zu Lasten der US-Märkte per Berichtsmonat März. Neben dem Thema der im Raum stehenden oder möglichen Befriedung des Ukraine-Konflikts wirken sich weitere Katalysatoren für Europas Märkte unterstützend aus. Die globale Investmentgemeinde war und ist in Europa unterproportional investiert. Das ändert sich derzeit. Es gibt eine Rotation in Richtung „Value“. Ergo werden hoch bewertete Märkte verkauft und niedrig bewertete Märkte gekauft (auch Emerging Markets, Zeile drei in der Grafik). Wiederaufbau in diversen Regionen als auch Unterinvestition bieten Phantasie für die Geschäftsmodelle der so genannten "Old Economy".
In dieser Phase der politischen und wirtschaftlichen Umbrüche bleiben die Edelmetalle gefragt. Gold markierte ein neues Allzeithoch. Krypto-Anlagen können von der Konstellation nicht profitieren. Der Euro bleibt gegenüber dem USD gefragt. Rentenmärkte reagierten verhalten.
Aktienmärkte: Late Dax +0,48%, EuroStoxx 50 +0,27%, S&P 500 -1,07%, Dow Jones -0,62%, NASDAQ 100 - 1,66%. Aktienmärkte in Fernost Stand 05:15 Uhr: Nikkei (Japan) +0,40%, CSI 300 (China) +0,05%, Hangseng (Hongkong) +0,15%, Sensex (Indien) +0,06% und Kospi (Südkorea) +0,85%. Rentenmärkte: Die 10-jährige Bundesanleihe rentiert heute früh mit 2,82% (Vortag 2,80%), während die 10-jährige US-Staatsanleihe eine Rendite in Höhe von 4,30% (Vortag 4,29%) abwirft.
Devisenmärkte: Der EUR (+0,0025) legte gegenüber dem USD im Tagesvergleich leicht zu. Gold (+19,60 USD, neuer Rekord bei 3.039) und Silber (+0,06 USD) stiegen gegenüber dem USD. Der Bitcoin notiert bei 82.950 USD (05:19 Uhr). Gegenüber dem Vortag ergibt sich ein Rückgang im Tagesvergleich um 150 USD.
Deutschland: Risiko der Scheinblüte ohne massive Reformen
In diesem Report habe ich mich in den letzten Tagen zu dem Thema der massiven Schuldenaufnahme klar positioniert (u.a. Ordnungspolitik). Die Aufgabe liegt darin, jetzt zu analysieren, welche Folgen dieses Programm (der Bundesrat muss noch zustimmen, angeblich ist das Votum gesichert) realwirtschaftlich und finanzwirtschaftlich haben wird.
Zunächst ist festzuhalten, dass die ökonomischen Wirkungen wegen der Planungs- und Umsetzungshorizonte erst sukzessive einsetzen werden. Nachhaltig spürbar werden sie voraussichtlich Mitte nächsten Jahres. Mit diesem Programm verbindet sich für diverse Branchen Planungssicherheit. Die positive Entwicklung in diesen Sektoren hat unterstützende Effekte für die Gesamtwirtschaft. Grundsätzlich wird eine Aufbruchstimmung generiert. Ergo ist der konjunkturelle Ausblick aufgehellt. Die verbesserte Konjunkturlage wird auf Aktienmärkte unterstützend wirken und Rentenmärkte tendenziell belasten.
Was sagen die Verbände? Die Wirtschaft fürchtet nach den Grundgesetzänderungen für Investitionen in die Verteidigung und Infrastruktur zu wenig Reformen. Ohne ernsthafte Reformen gäbe es keine Rechtfertigung für diesen Schuldenberg, so der Präsident des Großhandelsverbands BGA. Die DIHK sieht die Politik in der Verantwortung, die zusätzlichen Milliarden klug und effizient einzusetzen. Geschehe das nicht, könne diese massive Verschuldung zu einem enormen Risiko werden. Der Handwerksverband ZDH äußerte die Sorge, dass diese Milliardeninjektion zu einer Reformnarkotisierung der Koalition führe.
Kommentar: Die Sorgen der Verbände sind berechtigt. Der massive Finanzrahmen mag Politik in Versuchung führen, die "seichten Wasser der Verschwendung" durch Umwidmung investiver Mittel qua Neubewertung des Begriffs Investition konsumtiv zu verwenden. Es gibt genügend Erfahrungswerte diesbezüglich. Sollte das der Fall sein, wird sich die konjunkturelle Entwicklung als Scheinblüte erweisen, die den kommenden Generationen Zukunft stiehlt.
Nur ein massives Reformprogramm hat das Potential, eine nachhaltige Wende zu kreieren. Im Hinblick auf die Verwerfungen, die in den letzten 20 Jahren von unseren staatstragenden Parteien CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen durch diskretionäre Politik generiert wurden, muss das Volumen umfassender sein als die Reformen Schröders in der Agenda 2010.
Essentiell ist das Thema Energie hinsichtlich nachhaltiger Versorgungssicherheit und der Preise. Der Blick auf die aktuellen Gasreserven (bei 30%) unterstreicht Notwendigkeiten!
Ohne Versorgungssicherheit und konkurrenzfähige Preise laufen wir das Risiko, unser Geschäftsmodell losgelöst von Reformen in anderen Feldern zu verlieren. Wir haben nur ein Geschäftsmodell. Es ist ein industrielles Geschäftsmodell (circa 28% des BIP) mit dem Ass der "Hidden Champions" (1.600 von weltweit 3.400) im Ärmel. Derzeit verlieren wir täglich durch die vollzogene Energiepolitik, die viel Symbolpolitik in sich trägt, Substanz in unserem Geschäftsmodell. Um das Preis-Dilemma noch einmal bildlich darzustellen, biete ich Ihnen nachfolgende Grafiken von Finanzen.net. Unter den gegebenen Umständen scheidet Deutschland bezüglich der Energiepreise im internationalen Investitionswettbewerb aus!
Die Gaspreise in Europa liegen im 5-Jahresvergleich 416,8% höher, die US-Preise stiegen im 5-Jahresvergleich um 137,4%.
Fazit:
Mahnung an Berlin und Brüssel: Ohne Wirtschaft geht nichts! Ohne konkurrenzfähige Preise und nachhaltige Versorgungssicherheit (Gaslagerfüllstände in Deutschland aktuell bei 30%, siehe unten!) geht nichts in der Wirtschaft! Es gibt sehr viel zu tun!
Ich wünsche diesem Land und Europa, dass interessenorientierte Politik, dass pragmatische Ansätze, die die Kraft des normativ Faktischen und nicht die Kraft von Ideologien spiegeln, unsere Zukunft bestimmen werden. Darüber hinaus täte Europa etwas mehr Pluralismus gut. J.D. Vance Kritik hatte und hat weiter Substanz! Schauen wir mal ...
Putin/Trump: Erste Schritte auf langem Weg
Das Telefonat zwischen Putin und Trump war ein erster erfolgreicher Schritt auf einem langen Weg. Ergebnisse in Kurzform: Bereitschaft für unverzügliche Lösung des Konflikts – 30 Tage keine Angriffe auf Energieinfrastruktur – Vorbereitung eines umfassenden Waffenstillstands – Bildung von Expertengruppen – Gefangenenaustausch – wirtschaftliche Kooperation zwischen Russland und USA geplant.
Kommentar: Für mich ist entscheidend, dass die USA wirtschaftliche Kooperation wollen, das setzt Frieden voraus. Wenn man nicht gewinnen kann (hybride Kriege, Stellvertreterkriege), dann erfordert interessenorientierte Politik eine Neuausrichtung. So etwas nennt man Pragmatismus. Kann Europa das oder haben wir dort eine Bildungslücke?
Deutschland: Lichtblick bei Baugenehmigungen
Im Januar 2025 wurde der Bau von 18.000 Wohnungen genehmigt. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, waren das 6,9% oder 1.200 Baugenehmigungen mehr als im Januar 2024. Damit stieg die Zahl der Baugenehmigungen im Vorjahresvergleich zum zweiten Mal in Folge, nachdem sie im Dezember 2024 um 5,1% gegenüber Dezember 2023 gestiegen war.
Zuvor war die Zahl der zum Bau genehmigten Wohnungen seit April 2022 durchgängig gegenüber dem jeweiligen Vorjahresmonat gesunken. In diesen Ergebnissen sind sowohl Baugenehmigungen für Wohnungen in neuen Wohn- und Nichtwohngebäuden als auch für neue Wohnungen in bestehenden Gebäuden enthalten.
Baugenehmigungen in Neubauten im Januar 2025 zum Vorjahresmonat:
- +21,7% bei Einfamilienhäusern
- -10,1% bei Zweifamilienhäusern
- +5,8 % bei Mehrfamilienhäusern
Kommentar: Die Tendenz ist erfreulich, das Niveau ist und bleibt kritisch auch im Hinblick auf den Bedarf.
IFO: Stimmung unter Selbstständigen hellt sich auf
Die Stimmung unter den Selbstständigen und Kleinstunternehmen hellte sich laut IFO-Barometer im Februar auf.. Der Geschäftsklimaindex stieg von dem historischen Tief bei -24,9 Zählern im Januar auf -21,1 Punkte. Die Unzufriedenheit mit der aktuellen Geschäftslage nahm demnach ab. Zudem blicken die Befragten weniger pessimistisch auf die kommenden Monate. O-Ton IFO-Institut: „Die Selbstständigen erhoffen sich positive Impulse von einer neuen Bundesregierung.“ Trotz des Lichtblicks sei das Geschäftsklima allerdings immer noch deutlich schlechter als das für die Gesamtwirtschaft.
Kommentar: Der Anstieg ist ein Lebenszeichen auf prekärem Niveau. Ich interpretiere dieses Lebenszeichen als Reaktion auf die Bundestagswahl, auf die Hoffnung der Erneuerung, der überfälligen Reformen. Sollte nicht geliefert werden, mag diese aktuelle Tendenz schneller Historie sein, als es wünschenswert wäre. Der Ball liegt in Berlin!
Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden
Eurozone: ZEW-Sentiment Indices gehen ex Lageindex durch die Decke
Die Handelsbilanz der Eurozone wies in der saisonal bereinigten Fassung per Berichtsmonat Januar einen Überschuss in Höhe von 14,0 Mrd. EUR nach zuvor 14,2 Mrd. EUR (revidiert von 14,6 Mrd. EUR) aus. Der ZEW-Erwartungsindex der Eurozone stellte sich per Berichtsmonat März auf 39,8 nach zuvor 24,2 Punkte. Es ist der höchste Indexstand seit Juli 2024.
USA: Starke Industrie, Kapazitätsauslastung und Neubaubeginne
Die Industrieproduktion nahm per Berichtsmonat Februar im Monatsvergleich um 0,7% (Prognose 0,2%, Vormonat revidiert von 0,5% auf 0,3%) zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 1,44% nach zuvor 1,92% (revidiert von 2,00%). Die Kapazitätsauslastung der Industrie stellte sich per Februar auf 78,2% (Prognose 77,8%) nach zuvor 77,7% (revidiert von 77,8%). Es ist die höchste Auslastung seit Juni 2024. Die Neubaubeginne lagen per Berichtsmonat Februar in der auf das Jahr hochgerechneten Fassung (annualisiert) bei 1,501 Mio. (Prognose 1,380 Mio.) nach zuvor 1,350 Mio. (revidiert von 1,366 Mio.). Damit wurde der Einbruch des Vormonats um 11,5% mit einem Anstieg um
11,2% weitgehend egalisiert.
Die Baugenehmigungen lagen per Berichtsmonat Februar in der annualisierten Darstellung bei 1,456 Mio. (Prognose 1,453 Mio.) nach zuvor 1,473 Millionen. Die US-Importpreise verzeichneten per Berichtsmonat Februar im Monatsvergleich eine Zunahme um 0,4% (Prognose -0,1%, Vormonat 0,4% revidiert von 0,3%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 2,0% (Prognose 1,6%) nach zuvor 1,8% (revidiert von 1,9%).
Japan: Reuters Tankan-Indices gaben nach
Die Industrieproduktion verzeichnete per Berichtsmonat Januar laut finaler Berechnung im Monatsvergleich einen Rückgang um 1,1% (vorläufiger Wert -1,1%). Die Industrieproduktion nahm per Januar im Jahresvergleich um 2,3% zu (vorläufiger Wert 2,6%.
Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1,0730 – 1.0760 negiert das Szenario.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe