4,3 Prozent in den USA und 2,5 Prozent sichere Rendite für zehnjährige Bundesanleihen – die Zinserwartungen schnellen immer weiter nach oben, weil weiterhin keine Entspannungssignale von der Inflationsfront kommen. So ist die Teuerung in Großbritannien im September wieder zweistellig gestiegen und auch die Erzeugerpreise in Deutschland setzen ihren Höhenflug nahezu ungebremst fort. Neben den Energiepreisen verteuerten sich Lebensmittel um fast ein Viertel. Die Produzentenpreise kommen allerdings erst zeitverzögert bei den Verbrauchern an, auch hier ist also kein Hochpunkt in den Inflationsraten in Sicht. Damit bleibt der Druck auf die Notenbanken hoch. Für die USA preist der Markt Leitzinserhöhungen bis in den Bereich von fünf Prozent ein. Damit bleibt immer noch ein ganzer Prozentpunkt übrig, wenn die Fed Anfang November noch einmal 75 Basispunkte drauflegt. Damit könnte auch die Hoffnung am Aktienmarkt, dass der Zinserhöhungszyklus bald sein Ende findet, bald schon wieder schwinden und für neue Jahrestiefs in den Indizes sorgen.
Hang Seng Index fällt auf 13-Jahres-Tief
Ein Blick auf den Hang Seng an der Hongkonger Börse zeigt eindrucksvoll die Auswirkungen steigender Zinsen gerade auf die Bewertung von Technologieunternehmen an der Börse. Der Index ist am Donnerstag auf ein 13-Jahres-Tief gefallen und hat sich damit seit Anfang 2021 fast halbiert. Nach aufkommenden Spekulationen über Lockerungen der strikten Corona-Regeln durch die Regierung in Peking konnte sich der Markt zwar wieder etwas fangen, aber auch hier könnte das Ende des Bärenmarktes noch lange nicht gekommen sein. Der Deutsche Aktienindex hält sich in dieser Gemengelage weiterhin erstaunlich stabil, noch trennen den Index rund 700 Punkte von seinem Anfang des Monats erreichen Jahrestief. Gelingt es dem DAX, das aktuelle Niveau weitgehend zu halten und bleiben größere Gewinnmitnahmen aus, könnte sich das in den vergangenen Tagen errichtete Fundament als durchaus tragbar für weitere Kursgewinne erweisen. Spätestens dann, wenn die Wall Street Notiz von der durchaus gut laufenden Berichtssaison nimmt.
Insgesamt überzeugende Berichtssaison
Denn diese läuft gar nicht mal so schlecht, nur die Konzentration auf die teils deutlich über den Erwartungen liegenden Quartalsbilanzen der Unternehmen fällt den Investoren schwer. Eine positive Überraschung gab es diesmal vom Streaming-Anbieter Netflix (NASDAQ:NFLX). Der Gewinn pro Aktie im dritten Quartal überstieg die Erwartungen deutlich. Vor einem halben Jahr folgte auf die Veröffentlichung der Zahlen noch ein massiver Kursrutsch, da die Aktie von vielen Investoren aus dem Portfolio geworfen wurde. Nach den aktuellen Zahlen sieht die Situation anders aus. Die Aktie hängt mit einem Wochenplus von 15 Prozent den Gesamtmarkt ab. Ob sich das neue Geschäftsmodell mit einem billigeren, werbefinanzierten Abonnement allerdings auszahlen wird, werden erst die nächsten Quartalsberichte zeigen.
Wie blank die Nerven im Technologiesektor liegen, zeigte die Reaktion der Tesla-Aktie (NASDAQ:TSLA) nach Rekordzahlen bei Gewinn und Umsatz im dritten Quartal. Selbst angekündigte Aktienrückkäufe und die Bekräftigung des ambitionierten Absatzziels von 1,4 Millionen Fahrzeugen für das Jahr 2022 konnten die leichte Verfehlung der Umsatzerwartungen nicht kompensieren, die Aktie verliert im Wochenvergleich sieben Prozent. IBM (NYSE:IBM) überzeugte mit seinem Zahlenwerk und hob die Jahresprognose sogar an, konnte aber die Stimmung am Gesamtmarkt auch nicht drehen. In der kommenden Woche folgen die Tech-Giganten Apple (NASDAQ:AAPL) und Amazon (NASDAQ:AMZN) mit ihren Zahlen (Donnerstag), während in Deutschland SAP (ETR:SAPG) (Dienstag) interessant werden könnte.
Profis halten ihr Pulver noch trocken
Warum die Märkte aktuell nicht so recht vom Fleck kommen, könnte auch daran liegen, dass die Mehrheit unter den professionellen Marktteilnehmern ihr Pulver noch trocken hält. Nach einer Umfrage unter US-Fondsmanagern sind fast drei Viertel von ihnen der Meinung, dass am Aktienmarkt die billigeren Kurse erst noch kommen werden. Sie warten mit hohen Cash-Beständen auf den finalen Ausverkauf zusammen mit einer Kapitulation der Mehrheit der Anleger. Sollten den Fondsmanagern die Kurse in den kommenden Wochen allerdings nach oben weglaufen, müssten Sie wohl oder übel auf den Zug aufspringen, was die Aufwärtsbewegung noch beschleunigen dürfte. Wir dürfen also gespannt sein, ob die professionelle Mehrheit am Ende doch Recht behält oder das möglicherweise in den Markt strömende Geld sie Punkt für Punkt Lügen straft.
DAX – aktuelle Unterstützungen und Widerstände:
- Unterstützungen: 12.550/12.500 + 12.400/12.350 + 12.250/12.200
- Widerstände: 12.750/12.800 + 12.900/12.950 + 13.000/13.050
Dieser Artikel stammt von RoboMarkets.