Nach einem zunächst sehr schwachen Vormittag zeigten sich die Weltbörsen (ETR:SPPW) zuletzt gestern zwar nachgebend, jedoch vorsichtig stabilisiert. Zu der Beruhigung trugen drei Fakten bei: neue US-Wirtschaftszahlen zu den Einkaufsmanagerindizes fielen besser aus als befürchtet. Das ist wichtig, weil die jüngste Datenserie Rezessionsängste heraufbeschworen hatte. Außerdem konnte Nvidia (NASDAQ:NVDA) bereits kurz nach Handelsbeginn seine hohen Anfangsverluste von 15% halbieren. Die extrem hohe Gewichtung dieser Aktie ließ den freien Fall der Indizes in einen sanfteren Sinkflug übergehen und die intraday-Kursentwicklung beruhigte das angeschlagene Sentiment im Technologiesektor. Hilfreich über den Tag aber auch die Rückkäufe in Japan, erkennbar an der deutlichen Erholung des Nikkei – Futures.
Japan erlebte nach dem schlimmsten Tag seit 1987 heute nun die beste Sitzung seit 2008. Jedoch hat ein großer Teil dieser Rallye bereits gestern offshore stattgefunden, wie oben erwähnt. Der echte Zugewinn seit gestern Xetraschluss liegt nahe 0. Die Technologie lastigen Indizes von Taiwan und Südkorea legten nach ihrem gestrigen Kurseinbruch von je -8% heute um 3% zu. Chinas Indizes stagnierten, hatten sich aber gestern ausgesprochen robust gezeigt. Australiens ASX 200 legte 0,4% zu.
Europas Börsen starteten heute stabil, aber keineswegs überschwänglich. Die extremen Schwankungen der letzten Tage mit tendenziell deutlich nachgebendem Kursen lassen die Investoren zögerlich agieren. Im Hintergrund schwelen zudem die bekannten Befürchtungen: Europa steht am Rande einer Rezession und in Nahost droht weiterhin die direkte militärische Auseinandersetzung zwischen Israel und dem Iran.
Dass die Aktienmärkte heute früh versuchen, aus dem Panikmodus herauszukommen, zeigt auch die Entwicklung der US-Staatsanleihen: die Rendite der 10y Treasuries springt um 7 Stellen auf 3,85%. Recht entspannt zeigt sich BlackRock (NYSE:BLK): sobald die erforderlichen Carry Trade – Auflösungen abgewickelt seien, würden sich die Märkte von dem Ausverkauf wieder erholen. Ich stimme tendenziell, aber keineswegs vollständig zu: sollte sich nämlich das Volumen der Carry Trades perspektivisch entscheidend vermindert haben, fehlt den Börsen die Liquidität für große Sprünge. BlackRock glaubt, dass die aktuellen Rezessionsängste übertrieben sind und empfiehlt weiterhin eine Übergewichtung in US-Aktien, sieht den derzeitigen Kurseinbruch insbesondere der AI-Aktien als Kaufgelegenheit. Insbesondere die Aussagen des Finanzriesen zum US-Arbeitsmarkt halte ich für spannend: die am stärksten treibende Kraft hinter dem Anstieg der Arbeitslosenquote seien nicht etwa Entlassungen, sondern ein starker Zuwachs der zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte, ausgelöst insbesondere durch Immigration. Deshalb wäre der gestiegene Wert – anders als in früheren Phasen – keineswegs als Vorbote einer Rezession misszuverstehen. San Franciscos Fed-Gouverneurin Mary Daly äußerte sich gestern zuversichtlich zur Wirtschaft und unterstrich, dass die US-Notenbank sicherstellen wolle, dieses positive Momentum aufrecht zu erhalten. Das wird als weiterer Wink gedeutet, dass bald eine Zinssenkung ansteht.
Bloomberg hat den Vermögensverlust errechnet, der in den letzten Wochen an den globalen Aktienmärkten entstanden ist und kommt auf die astronomische Summe von 6,4 Billionen USD. Es ist zu bezweifeln, dass sich dieses Riesenloch schnell wieder schließt. Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Verwerfungen (z.B. via Zwangsliquidierungen) folgen, ggf. kann diese Vermögensvernichtung auch eine Nachfrageschwäche in der Realwirtschaft auslösen – wenn sich Aktionäre ärmer fühlen und Käufe zurück stellen oder geschrumpfte Depots als Beleihung für Immobilien nicht mehr ausreichen und Nachschuss erfordern. Deshalb ist „buy the dip“ u.U. verfrüht. Freilich signalisieren die extremen Volas (VIX 33 / VDAX 26) auch, dass momentan etwas übertriebene Panik im Markt herrscht.
APX : +2 Gold/ -3 Creditspreads / +4 STXE 600.