Die Investoren bekamen gestern nicht das zu hören, auf was sie gehofft hatten: eine klare Ansage des US-Notenbankchefs, dass der FED-Leitzins im März so wie im Februar um lediglich 0,25% angehoben wird. Stattdessen sprach Jerome Powell die sich wieder beschleunigenden Inflationsdaten und die sich mittlerweile wieder robuster präsentierenden Konjunkturdaten an. Zwar gab er die „Schuld“ daran auch externem Sonderfaktoren wie z.B. dem recht milden Winterverlauf. Dennoch machte er klar, dass die FED weiterhin entschlossen auf Sicht fährt. Falls die nächsten Schlüsseldaten (Arbeitsmarkt am Freitag und nächste Woche die Verbraucherpreise) ungünstig ausfallen, ist eine stärkere Straffung um 0,5% wieder auf dem Tisch. Die Wahrscheinlichkeit hierfür lag laut Umfragen vorher bei ca. 30 Prozent und stieg laut CME Group (NASDAQ:CME) während der Rede auf 69%. Zugleich schossen die Renditen für kurzes Geld nach oben: US-Staatspapiere mit sechsmonatiger Laufzeit rentierten bei 5,26%, das ist ein Anstieg um 14 Basispunkte zum Vortag. Zudem warnte der FED-Chef, dass der Zinsgipfel höher liegen könne als vorher angedacht, falls es erforderlich sei. CME Group`s Datenbank zeigt, dass die Markterwartungen, wo dieser Peak sein wird, mit Powells Rede auf 5,5-5,7% gestiegen ist.
Heute früh erwarten die Marktteilnehmer sogar mit einer 73%-Wahrscheinlichkeit einen 0,5%-Zinsschritt. Laut CNBC sieht BlackRock (NYSE:BLK) es als realistisch an, dass der Zinsgipfel 6% erreichen könne und dann dort für einige Zeit festgezurrt würde. Powell wird sich heute vor einem weiteren Gremium äußern, vielleicht gibt es neue Details. Die entscheidende Zahl der Woche wird 225.000 sein – so lautet die Konsensschätzung für die Zahl der im Februar geschaffenen neuen Stellen.
Ken Griffin, Chef und Gründer des Hedgefonds-Riesen Citadel, macht sich Sorgen über die extrem inverse Zinsstruktur. Der viel beachtete Renditespread zwischen den zweijährigen (aktuell 5,05%) und den zehnjährigen US-Staatsanleihen (3,99%) liegt jetzt bei über einem Prozent und ist damit der größte seit 1981. Griffin weist darauf hin, dass damals Paul Volcker der Inflation zwar das Genick brach, aber für den Preis einer lang anhaltenden Rezession.
In Fernost sackte der Hang Seng heute um 2,5% ab, der Hang Seng Tech Index um 3,2%. Chinas Festlandbörsen tendierten behauptet, die vom Thema Inflation relativ unberührten japanischen Indizes legten um 0,4% zu.
Europa präsentiert sich stabil. An den Rentenmärkten kann es nicht liegen: die Renditen ziehen weiter an. Ein Auslöser könnte aber der optimistische Ausblick von Continental (ETR:CONG) sein. Der Reifenhersteller erwartet steigende Umsätze, was sich direkt auch in den Kursen der Autohersteller widerspiegelt: der Sektor führt neben den zinsempfindlichen Banken die Branchen im STXE 600 an. Von der deutschen Konjunktur gibt es konträre Signale: die Produktion ist im Januar mit +3,5% zum Vormonat viel stärker gestiegen als erwartet. Andererseits sind die Einzelhandelsumsätze wider Erwarten um 0,3% gesunken, prognostiziert war +2%. Das reale Umsatzminus zum Januar 2022 – also unter Ausklammerung der Inflation - betrug 6,9%.
Die gestrige Kursreaktion im Zusammenhang mit Powells Rede drückte sowohl den S&P 500 als auch den STXE 600 unter unsere Stopp Loss - Marken, so dass wir die gerade erst um 10% aufgestockte Investitionsquote wieder komplett abgebaut haben. Der aktuelle Stand des apano Börsen-Stimmungsindex unterstützt diese Entscheidung: der neue Punktestand empfiehlt einen um 20% reduzierten Investitionsgrad. Soll- und Ist-Allokation (75%/71%) liegen nun fast gleichauf. Konkret kostet der Renditeanstieg der US-Staatspapiere den APX 2, der Preisrückgang im Konjunkturmetall Kupfer 4 Punkte. Der Preisrückgang des Rik off Indikators Gold bringt +2. S&P 500 und Shanghai Composite Index belasten den APX mit 4 Punkten. Wir haben die Wiedereintrittslevels dort belassen, wo wir gestern ausgestiegen sind (z.B. S&P 4017), wären also erforderlichenfalls schnell wieder an Bord.