Sowohl in Europa als auch in den USA verlief der Börsenhandel gestern zäh. Offenbar warten die Investoren auf die anstehenden Juli-Konjunkturdaten (Produzenten- und Verbraucherpreise sowie Einzelhandelsumsätze und Jobdaten) aus den USA, um weitere Rückschlüsse zu ziehen, wie sich Inflation und Wirtschaft entwickeln. Zudem wird natürlich die geopolitische Entwicklung beobachtet. Wie wird Russland auf den Ukraine-Vorstoß reagieren? Wird der Iran es wagen, einen militärischen Angriff auf Israel zu starten? An den US-Märkten waren Halbleiter und die Global Titans lebhaft gefragt, außerdem Goldminen. Ansonsten überwogen zumeist Abgaben: der S&P Equal Weight notierte leicht nachgebend. Der Russell 2000 stand stärker unter Druck. Von der großen Rotation der zweiten Julihälfte ist derzeit nichts mehr zu erkennen, stattdessen wieder die konzentrierte Marktenge, die bereits das erste Halbjahr beherrschte. Zinsängste können es nicht sein: die 10y US-Treasuries rentieren mit 3,91% am Jahrestief. Es scheinen also eher Konjunkturängste zu dominieren, was resistentere Unternehmen wie die Techriesen mit ihren hohen Cash Flows begünstigt anstatt Small Caps mit schmalem Geldbeutel. Sollten diese Woche die Einzelhandelsumsätze auf eine robuste US-Wirtschaft hindeuten, dürfte der Kursaufschwung deshalb deutlich breiter werden. Goldminen profitierten vom Fakt, dass das Edelmetall sich wieder an sein Rekordhoch herangepirscht hat. Die niedrigen US-Renditen aber vor allem die Geopolitik unterstützen diesen Höhenflug.
Europas STXE 600 NR versucht momentan den dritten Tag in Folge, seinen Deckel bei 1215 zu liften. Momentan sieht es erneut nach einem Scheitern aus. Die Handelsspanne war zuletzt äußerst gering, der Index bewegte sich seit Freitag zwischen 1205 und 1215, was mit kleineren Rotationen der Branchen zusammen hängt. Das zeigt jedoch, dass nach dem „Schnäppchentag“ vom 7.8. bislang kein frisches Geld mehr zufloss. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass die Abhängigkeit von der geopolitischen Großwetterlage hier doch ungleich größer ist als in den USA. Da spielen sowohl die geografische Nähe als auch die höhere Rohstoffabhängigkeit eine Rolle. In Anbetracht der Steilvorlage aus Japan und den festen US-Futures ist die heutige zaghafte Erholung der Indizes schlichtweg enttäuschend und Ausdruck ängstlicher Zurückhaltung. Großbritannien vermeldet einen unerwarteten Rückgang der Arbeitslosigkeit in Q2 von 4,4 auf 4,2 Prozent. Erwartet war ein Anstieg auf 4,5%. Profiteur ist das Britische Pfund, das zum Euro zulegt. Hintergrund: am Donnerstag wird das BIP-Wachstum für Q2 veröffentlicht. Wird auch dieses stärker als prognostiziert ausfallen, dürfte das jegliche Zinsfantasie in UK ausbremsen.
Japans Indizes legten „offshore“ bereits gestern deutlich zu und legen heute früh eine ordentliche Schippe drauf. Weiterhin ist der Aufholbedarf hoch: es fehlen dem Nikkei 225 auch nach dem aktuellen Sprung noch 2% allein bis zur 200 Tage Linie und 14% bis zum vor einem Monat erklommenen Allzeithoch. Letzteres dürfte vorerst ein utopisches Ziel bleiben, da der feste Yen und höhere Zinsen die Ausgangslage für die Firmen erschwert haben. Aber eine Rückkehr in den Bereich um 38800 (da liegen 50- und 100- Tage Trend) erscheint kurzfristig realistisch. Das sind 7% Potenzial. Der heutige Anstieg löste in unserer Überwachung ein neues prozyklisches Kaufsignal aus, so dass wir das Japan-Exposure nun ein drittes und letztes Mal seit Anfang August erhöhen. Das japanische Parlament plant nächste Woche ein Sondertreffen, um die im Juli erfolgte Zinsanhebung durch die Bank of Japan und die damit einher gegangenen Marktturbulenzen zu diskutieren. Ansonsten verhielten sich die Börsen in Fernost ruhig. Singapur vermeldet einen BIP-Anstieg von 2,9% im Vergleich zum Vorjahr und hat die Prognosen für 2024 leicht angehoben auf 2-3% nach zuvor 1-3%.
Der APX gewinnt wegen der sich weiter beruhigenden Volatilität des VDAX daraus erneut einen Punkt.