Die chinesische Zentralbank hat wie erwartet sowohl den Satz für einjährige als auch den für fünfjährige Kredite gesenkt. Ersterer ist für Anschaffungsdarlehen wichtig, letzterer für Baufinanzierungen relevant. Beide Zinssätze wurden um 10 Basispunkte reduziert, viele Marktteilnehmer hatten bei den Fünfjahreskrediten jedoch mit -15 BP (LON:BP) gerechnet. Kritiker befürchten, dies sei ein Non-Event, das würde die Nachfrage nicht beleben. Entsprechend standen in Hongkong und Festlandchina heute Immobilienaktien unter Abgabedruck. Ein Analyst der ANZ-Bank vermutet, dass Chinas Regierung eher eine sanfte Landung der „alten Ökonomie“ bewirken will anstatt eine nachhaltige Stimulation. Die Priorität läge in anderen Bereichen. Nichtsdestotrotz wird jedoch vielfach erwartet, dass in den kommenden Wochen einige kurz- und längerfristige Maßnahmen und Reformen ausgebreitet werden, um die Wirtschaft anzukurbeln. Unter hohem Verkaufsdruck standen die Werte des Hang Seng Tech Index (-2,5%), nachdem Daniel Zhang, CEO und Chariman von Alibaba (NYSE:BABA), überraschend ersetzt wurde. Freilich stammt der neue CEO, Eddie Wu, ebenfalls aus dem engen Firmengründerkreis um Jack Ma und Zhang wird sich auf das Cloud-Geschäft konzentrieren. Es scheint also dieses Mal kein politischer Druck von außen die Personaländerung herbeigeführt zu haben. Die Börsen in Japan und Australien notierten stabil. In Japan stützte die Nachricht, dass Warren Buffet weiter zugekauft hat. In Australien wurde das Notenbankprotokoll mit Erleichterung aufgenommen, denn es besagt, dass die letzte Zinserhöhung nur mit einer sehr knappen Mehrheit zustande kam. Dies spricht zumindest nun für eine Zinspause in Down Under.
Europa startet heute schwächer in den Handelstag, der STXE 600 eröffnete unterhalb der 20-Tagelinie. Gestern belastete EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel mit der Aussage, die EZB müsse eher dazu bereit sein, sich zu irren, indem sie zu viel tue anstatt zu wenig. Unterstützt wurde sie dabei von ihrem slowakischen Kollegen Peter Kazimir, der sagte, es sei zu riskant, die Inflation entgleiten zu lassen, weitere Zinsanhebungen seien der einzige vernünftige Weg. In einem tendenziell kontinuierlich stärker nachgebenden Gesamtmarkt nahezu ohne Gewinner wurde dann gestern Nachmittag das im Blog angesprochene höhergelegte Stopp Loss - Limit gerissen, weshalb wir das Gewicht in Europa um 5%-Punkte abgesenkt haben. Heute früh wurde mit Reißen des zweiten Stopp Loss -Limits eine weitere Reduzierung um 3% angestoßen, noch weitere max. 5% sind nicht auszuschließen, da auch die dritte Stopp Loss – Stufe nicht weit entfernt sind. Nachdenklich stimmt der sehr verhaltene Ausblick von Lanxess (ETR:LXSG). Der Spezialchemiekonzern kann als Frühindikator verstanden werden, denn er beliefert große Teile der Industrie. Die Kunden würden ihre Lagerbestände abbauen, Neuaufträge seien Mangelware. Erneut steht damit heute der zyklische Chemiesektor unter besonderem Abgabedruck.
Ab heute Nachmittag werden während der ganzen Woche nacheinander diverse FED-Vertreter öffentlich auftreten. Nach der Presseerklärung, die im Anschluss an die letzte Notenbanksitzung stattgefunden hatte, ist davon auszugehen, dass der Grundton der Vorträge aggressiv (hawkish) sein wird. Es ist denkbar, das die Marktteilnehmer davon überzeugt werden sollen, von ihren optimistischen Erwartungen auf einen Zinsgipfel im Juli abzurücken und sich damit anfreunden sollten, noch eine zweite Anhebung - evtl. im September - einzupreisen. Die US-Futures stehen zur Stunde etwas tiefer. Offenbar fehlen die Impulse nach dem großen Verfallstag am Freitag. Zudem dürften die Investoren auf die FED-Aussagen warten.
Der APX gewinnt zwei Punkte wegen des leicht sinkendem Goldpreis und verliert zwei wegen des STXE 600.