Die beeindruckende Rallye der Nasdaq-Schwergewichte hat auch gestern wieder die Tristesse des breiten US-Marktes überdeckt. Mit Ausnahme einiger weniger Bereiche wie z.B. defensive Haushaltsgüter verzeichneten die meisten Aktien Kursverluste. Auf Indexebene war davon jedoch nicht zu spüren. Während aber die US-Notenbank nicht „hawkisher“ ist als nach der letzten Sitzung, überraschten in Europa Norwegen und UK mit Zinserhöhungen, die mit 0,5% doppelt so hoch ausfielen wie erwartet. In den Reihen der EZB sind die Meinungen gespalten, was natürlich an derer multinationalen Zusammensetzung mit jeweils eigenen Interessen liegt. Für den Juli gilt eine Zinsanhebung als sicher. Was den September betrifft, bremsen einige Vertreter Isabel Schnabel aus und weisen darauf hin, das bis dahin noch Einiges an zu berücksichtigenden Konjunkturdaten einfließen wird. Den europäischen Aktien gelang gestern danke der robusten US-Indizes eine Eingrenzung der Verluste vom Vormittag. Jedoch drücken die negativen Vorgaben aus Fernost heute die zyklischen Branchen erneut nach unten. Dank robuster defensiver Sektoren legt der STXE 50 jedoch leicht zu, während beim mit zyklischen Werten bestückten DAX der Rückgang aktuell 0,6% beträgt.
Aus Asien kamen mehrere Nackenschläge: MSCI verwehrt Südkorea weiterhin den Rang eines Industrielandes, mit ein Grund, weshalb der KOSPI heute 0,9% nachgab. Japan verlor wegen enttäuschender Konjunkturdaten 1,5%. Die Geschäftsaktivität hat sich laut einem Report der Jibun Bank verlangsamt: der Einkaufsmanagerindex fiel von 54,3 im Juni auf 52,3. Das verarbeitende Gewerbe weist sogar einen kontraktiven Stand aus. Mit dem heutigen Kursrückgang droht der Nikkei, aus seinem steilen Aufwärtstrend zu fallen. Hongkongs Anleger sind weiter auf dem Rückzug: -1.9%. Chinas Börsen bleiben auch heute wegen des Drachenbootfestes geschlossen.
Großbritannien meldete heute früh ein Anstieg der Einzelhandelsumsätze im Mai oberhalb der Erwartungen. Der Eurozonen-Sammelindex fiel für Juni mit 50,3 in der heutigen ersten Veröffentlichung schwächer aus als mit 52,5 prognostiziert. Im Mai betrug der Stand noch 52,8. Die Service-Sparte war mit 52,4 weiter klar expansiv, jedoch lagen die Erwartungen mit 54,5 höher. Im verarbeitenden Gewerbe beschleunigte sich die Kontraktion von 44,8 im Mai auf 43,6. Hier war ein unveränderter Stand erwartet worden. Das ist eine ungute Tendenz vor dem Hintergrund aggressiver europäischer Notenbanken und begründet, warum heute früh Branchen gesucht werden, die weniger Konjunktur anfällig sind. Aus der Kurve fliegt zur Stunde Siemens Energy (ETR:ENR1n) mit -30% nach einer Gewinnwarnung. Der schwache Eurozonenindex drückt deutlich auf die Renditen der Euroland-Staatsanleihen: der Bund-Future sprang unmittelbar von 133 auf 134,24. Die Versteifung der negativen Zinskurve zwischen kurzen Zinsen (Notenbank abhängig) und langen Laufzeiten (Konjunkturerwartungen) sind ein schädlicher Mix für das Bankengeschäft, weshalb dieser Sektor heute neben Energie am stärksten nachgibt.
Dem APX bringt die Rallye der Euroland-Staatsanleihen via Spanien +1 Punkt.