Technische Indikatoren und Bewertungen senden Signale aus, ob ein Markt teuer, überkauft oder überschwänglich ist.
Doch all das scheint keine Rolle mehr zu spielen, denn die Anleger stürzen sich auf Aktien und treiben so die Kurse von Risikoanlagen in die Höhe. Laut einem aktuellen Marktbericht der BofA ist die Risikobereitschaft so hoch wie seit März 2021 nicht mehr.
Wenn die Kurse schneller steigen als das zugrunde liegende Gewinnwachstum, steigen auch die Bewertungen. Wie wir jedoch bereits in unserem Artikel "Bewertungen mahnen zur Vorsicht" erläutert haben, sind Bewertungen auf kurze Sicht ein besseres Maß für die Marktstimmung. In dem Artikel heißt es:
Bewertungskennzahlen sind genau das - ein Maß für die aktuelle Bewertung. Noch wichtiger ist, dass überhöhte Bewertungskennzahlen ein besseres Maß für die "Anlegerpsychologie" und die Manifestation der "Bigger Fool Theory" sind. Wie man sieht, besteht eine hohe Korrelation zwischen unserem zusammengesetzten Index des Verbrauchervertrauens und den 1-Jahres-Bewertungen des S&P 500.
Wenn Investoren übermütig werden und bereit sind, zu viel für zukünftiges Gewinnwachstum zu bezahlen, steigen die Bewertungen. Diese kurzfristige Steigerung des KGV, die auch als "Multiple Expansion" bekannt ist, ist eine wichtige Stütze für Bullenmärkte.
Wie man sieht, fällt der Anstieg der Multiples mit haussierenden Märkten zusammen. Natürlich gibt es auch die umgekehrte Entwicklung, die sogenannte "Multiple Kontraktion". Bei einem aktuellen Shiller-CAPE-Bewertungsmultiplikator von 34x kann man davon ausgehen, dass das Vertrauen der Anleger in die Märkte hoch ist.
Wie bereits erwähnt, sind Bewertungen sehr schlechte Indikatoren für das Markt-Timing und sollten nicht dafür verwendet werden. Während die Bewertungen die Grundlage für die Berechnung künftiger Renditen bilden, sind die technischen Kennzahlen für die Verwaltung des kurzfristigen Portfoliorisikos deutlich wichtiger.
Die technischen Indikatoren erreichen immer extremere Werte
Wir haben es bereits erwähnt - die Stimmung der Anleger ist in puncto Aktienbesitz wieder einmal überschwänglich. Das ist für weiter steigende Kurs-Gewinn-Verhältnisse und die Entwicklung des Bullenmarktes von entscheidender Bedeutung. Denn hohe Bewertungen, Optimismus und Leverage sind bedeutungslos, wenn die zugrunde liegenden Aktien nicht gekauft werden.
Wie der Artikel "Aktienbesitz der privaten Haushalte" beschreibt, sind die Investitionen der Kleinanleger wieder auf ein rekordnahes Niveau angestiegen. In der Vergangenheit war ein solcher Überschwang das Kennzeichen wichtigerer Höchstwerte im Marktzyklus.
Während der Aktienbesitz der privaten Haushalte entscheidend für die Ausdehnung der Hausse ist, geben uns technische Indikatoren Hinweise darauf, wann Übertreibungen erreicht sind. Eine Kennzahl, auf die wir achten, ist die Abweichung der Kurse von ihrem langfristigen Mittelwert oder Durchschnitt.
Der Grund dafür ist, dass sich die Märkte an langfristigen Durchschnittswerten orientieren. Um einen "Durchschnitt" oder "Mittelwert" zu bilden, müssen die Kurse im Laufe der Zeit über und unter diesem Wert liegen.
Auf dieser Grundlage können wir feststellen, wann sich die Abweichungen von den Werten der Vergangenheit einem extremeren Niveau nähern. Derzeit befindet sich die Abweichung des Marktes von seinem zugrunde liegenden 2-Jahres-Durchschnitt auf einem Extremhoch.
In der Vergangenheit gab es allerdings noch größere Abweichungen, was ein Indiz dafür ist, dass die derzeitige Abweichung vom Mittelwert noch extremer werden kann. Solche Abweichungen waren jedoch häufig Vorläufer von Ereignissen, die zu einer Rückkehr zum Mittelwert führten.
Die folgende Untersuchung basiert auf Quartalsdaten und bewertet den Markt anhand von Bewertungs- und technischen Kennzahlen. Aus langfristiger Sicht bewegt sich der Markt auf extremen Niveaus.
Der Relative-Stärke-Index (RSI) liegt auf vierteljährlicher Basis bei über 70, die Volatilität nähert sich einem historischen Höchststand und der Markt handelt fast drei Standardabweichungen über seinem vierteljährlichen Durchschnitt.
Wie bereits erwähnt, können diese Bewertungs- und technischen Messgrößen zweifellos noch extremer werden, aber die Voraussetzungen für eine Rückkehr zum Mittelwert sind gegeben.
Das Problem einer Langzeitbetrachtung besteht natürlich darin, dass langfristige Bewertungen und technische Kennzahlen, auch wenn sie extrem sind, viel länger auf diesen Niveaus verharren können, als es die Logik erwarten lässt. Wir können jedoch mit den oben genannten Daten ein Modell mit den Bewertungen und den technischen Kennzahlen erstellen.
Wie man sieht, löste das Modell Anfang 2022 eine Risikowarnung aus, als hohe Bewertungen mit einer extremen Abweichung des Marktes über den gleitenden 24-Monatsdurchschnitt hinaus kollidierten.
Dieses Signal kehrte sich im Januar 2023 um, als sich der Markt zu erholen begann. Bisher wurde noch kein neues Signal ausgelöst, aber die Voraussetzungen in Form von Bewertungen und Abweichungen sind bereits vorhanden.
Bei all den Zutaten fehlt noch ein Impulsgeber
Das Problem langfristiger technischer Kennzahlen und Bewertungen ist, dass sie sich nur langsam anpassen. Deswegen wird allgemein angenommen, dass die Kennzahlen fehlerhaft sind, wenn hohe Bewertungen nicht zu einer sofortigen Marktkorrektur führen.
Kurzfristig sind "Bewertungen" nicht wirklich wichtig für die Entscheidung, welche Positionen gekauft oder verkauft werden sollen. Was wirklich zählt, ist das Momentum - die Richtung des Kurses. Die Verwaltung von Geld, ob "professionell" oder "privat", ist langfristig ein komplizierter Prozess.
Kurzfristig scheint es ganz einfach zu sein, vor allem in spekulativen Börsenphasen. Es stimmt auch, dass in Haussezeiten ein stark steigender Markt den Anlegern viele Fehlinvestitionen verzeiht. Die darauf folgende Baisse entlarvt diese dann besonders brutal und unerbittlich.
Risikomanagement im Portfolio ist langfristig immer sinnvoll. Das Problem ist, dass die meisten Menschen ihr Geld nicht wirklich verwalten können, weil sie zu kurzfristig denken. Der beste Beweis dafür sind die sinkenden Haltedauern.
Während derzeit die Kurzfristigkeit das Denken der Investoren dominiert, sind die Voraussetzungen für eine Trendwende längst geschaffen. Das heißt aber nicht, dass diese Umkehr morgen, nächsten Monat oder gar noch in diesem Jahr eintreten wird.
Betrachten wir es einmal so. Wenn ich Ihnen Zutaten wie Stickstoff, Glycerin, Sand und Kieselgur gebe, würden Sie sie wahrscheinlich in den Mülleimer werfen und sich nichts dabei denken.
Es sind harmlose Zutaten, die für sich genommen keine wirkliche Gefahr darstellen. Aber Dynamit wird hergestellt, indem man genau diese Dinge miteinander verbindet. Aber auch Dynamit ist sicher, wenn es richtig gelagert wird. Gefährlich wird es erst, wenn das Dynamit mit dem entsprechenden Katalysator in Berührung kommt.
Bärenmärkte und Finanzkrisen sind das Ergebnis einer Kombination von Zutaten, die durch einen Katalysator ausgelöst werden. Wenn wir in der Geschichte zurückblicken, finden wir immer wieder ähnliche Elemente.
Wie bei Dynamit sind die einzelnen Komponenten relativ harmlos, in Kombination jedoch brandgefährlich.
Verschuldung + Bewertungen + Marktpsychologie + Besitz + Momentum = "Ereignisse, die eine Rückkehr zum Mittelwert auslösen.
Wichtig ist, dass diese spezielle Formel auf kurze Sicht höhere Asset-Preise sogar noch unterstützt. Je stärker die Preise steigen, desto optimistischer werden die Anleger natürlich.
Die Kombination der Inhaltsstoffe ist zwar gefährlich, aber sie bleiben "inert", also passiv, bis sie auf den richtigen Katalysator treffen.
Was die nächste "Verkaufswelle" auslöst, ist noch nicht bekannt. Es ist immer ein unerwartetes, exogenes Ereignis, das dann die "panische Flucht" auslöst.
Viele glauben, dass "Bärenmärkte" aufgrund der massiven Unterstützung durch die Zentralbanken ein Relikt aus der Vergangenheit sind. Vielleicht stimmt das. Man sollte jedoch keinesfalls vergessen, dass vor schwerwiegenderen Ereignissen, die eine Umkehr zum Mittelwert auslösten, immer genau dieser Scheuklappen-Optimismus herrschte.
Irving Fisher sagte im Jahr 1929: "Es sieht so aus, als hätten die Aktien ein dauerhaftes Hochplateau erreicht."
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