Anleger am Anleihemarkt beobachten weiterhin das Geschehen in den USA, zumal die Aussicht auf einen demokratischen Präsidenten und einer Mehrheit der Demokraten im Kongress weitere Konjunkturprogramme und sonstige Staatsausgaben so gut wie sicher machen.
Die Märkte schüttelten den historischen Sturm auf das US-Kapitol und den ersten Beschäftigungsrückgang seit dem anfänglichen Einbruch im März ab und trieben die Renditen der 10-jährigen Staatsanleihen auf 1,12%. Allein am Freitag legten sie um 5 Basispunkte zu und das, obwohl der Arbeitsmarktbericht enttäuschte.
Höhere Renditen belasten Gold; Anleiheemission in Europa
Die 10-jährige Rendite übersprang letzte Woche die 1 Prozent-Marke, als die Meldung über den Ticker lief, wonach die Demokraten beide Sitze in den Senatorenwahl in Georgia gewonnen hatten, was der Partei die Kontrolle über den Senat und das Repräsentantenhaus sicherte.
Die 30-jährige Treasury-Rendite stieg unterdessen am Freitag um weitere 4 Basispunkte auf 1,89%. Die Goldpreise stürzten ab, als Investoren diesen renditelosen sicheren Hafen zugunsten höherer Anleiherenditen fallen ließen.
In dieser Woche werden 58 Mrd. Dollar an dreijährigen Anleihen, 38 Mrd. Dollar an 10-jährigen Anleihen und 24 Mrd. Dollar an 30-jährigen Anleihen versteigert. Im Zuge der höheren Renditen erwarten Experten ein hohes Interesse der Investorengemeinde an den Anleihen.
Die Beschäftigung sank im Dezember um 140.000, die Arbeitslosenquote blieb jedoch unverändert bei 6,7%. Beschäftigungszuwächse in den Bereichen freiberufliche Dienstleistungen, Einzelhandel und Bauwesen glichen die Rückgänge in den Bereichen Freizeit, Gastgewerbe und privates Bildungswesen teilweise aus, die auf ein Wiederaufleben der Corona-Pandemie und erneute Lockdowns zurückzuführen waren.
Analysten erwarten, dass die Demokraten ein Konjunkturprogramm in der Größenordnung von weiteren 900 Milliarden bis 1 Billion Dollar zusätzlich zu den im Dezember beschlossenen 900 Milliarden Dollar durchsetzen werden.
Neben der Politik und dem fiskalischen Stimulus richtet sich das Augenmerk der Investoren auf die Aussicht auf eine höhere Inflation. Die 10-jährige Breakeven-Inflationsrate - abgeleitet aus der Renditedifferenz zwischen inflationsgeschützten und klassischen Staatsanleihen - stieg zum ersten Mal seit 2018 auf über 2%. In Anbetracht der erklärten Politik der Fed, die Inflation für einige Zeit deutlich über dem Zielwert von 2% laufen zu lassen, müsste die Breakeven-Rate deutlich höher liegen, um tatsächlich ein Alarmsignal auszulösen.
Den Analysten zufolge wird die Renditekurve steiler werden, da die USA und andere Staaten ihre Kreditaufnahme auf längere Laufzeiten verlagern und so die niedrigen Zinsen für längere Zeit festschreiben. Im Gegenzug strömen institutionelle Anleger in Scharen in Papiere, die höhere Renditen abwerfen. Die US-Notenbank Fed und andere Zentralbanken ziehen wohl mit ihren Asset-Käufen nach, die in hohem Tempo weitergehen dürften.
Der Abstand zwischen den Renditen der zweijährigen und 10-jährigen Treasuries - ein genau beobachtetes Maß für die Renditekurve - vergrößerte sich bis Ende letzter Woche auf 0,99%, verglichen mit 0,80% eine Woche zuvor. Die Fed kann jedoch jeden übermäßigen Anstieg der langfristigen Zinsen eindämmen, indem sie ihre Anleihekäufe auf längere Laufzeiten verlagert.
In Europa dürften die staatlichen Emittenten laut einer Schätzung allein im Januar Anleihen im Wert von 175 Mrd. Euro verkaufen. Frankreich, das im Jahr 2021 voraussichtlich 260 Mrd. Euro Schulden aufnehmen wird, platzierte zu Beginn des Jahres Anleihen mit einem Volumen von 11 Mrd. Euro in den Laufzeiten 10-, 20- und 30-Jahre an, wobei die längeren Laufzeiten mit einer positiven Rendite bewertet wurden.
Im Unterschied zu Käufern von US-Treasuries rechnen die Investoren in Eurozonen-Staatsanleihen nicht mit einer höheren Inflation, da die Käufe der Europäischen Zentralbank die Renditen niedrig halten.