Alphabet (NASDAQ:GOOG) (NASDAQ:GOOGL) steckt mitten im Dauerfeuer des Handelskriegs zwischen den USA und China. Ausgerechnet jetzt, kurz bevor das Unternehmen nach Börsenschluss seine aktuellen Quartalszahlen präsentiert, ziehen geopolitische Spannungen zusätzliche Unsicherheit ins Spiel – als ob Big Tech nicht schon genug Druck hätte.
Harte Blicke aus Peking
Die chinesische Regierung nimmt Google seit Kurzem unter die Lupe. Offiziell handelt es sich um eine kartellrechtliche Untersuchung, ausgelöst als Reaktion auf die jüngste US-Entscheidung, die Zölle auf chinesische Waren um 10 % anzuheben. Dabei war Googles Position in China ohnehin schon extrem eingeschränkt: Strenge Regulierung und umfassende Zensur sorgen dafür, dass die meisten Google-Dienste dort nur eingeschränkt nutzbar sind. Dennoch reicht dieser Schritt aus, um Anleger auf dem falschen Fuß zu erwischen – vor allem, weil Technologieaktien derzeit ohnehin auf wackeligem Fundament stehen.
Die neue Konkurrenz heißt DeepSeeck
Als wäre der Druck aus China nicht genug, hat sich mit DeepSeeck auch noch ein junges KI-Start-up aufgemacht, den etablierten US-Giganten das Wasser abzugraben. DeepSeeck wächst rasant und punktet mit innovativen Machine-Learning-Lösungen, was Alphabet in einigen Bereichen herausfordern könnte. Dass sich Alphabet-Aktionäre davon bislang kaum einschüchtern lassen, zeigt allerdings der Chart: Die Aktie pendelt nahe ihrer Höchststände von über 200 US-Dollar.
Starke Fundamentaldaten gegen geopolitische Risiken
Finanziell hat Alphabet eine Menge zu bieten. Eine beeindruckende Eigenkapitalrendite von 32 % und ein starker Cashflow wirken wie ein Sicherheitsgurt, wenn die Märkte holprig werden. Hinzu kommt ein Umsatzplus von 14 % im Vergleich zum Vorjahr beim Kerngeschäft Google Services. Noch dynamischer läuft es in der Google-Cloud-Sparte, die um satte 35 % zulegen konnte. Damit unterstreicht Alphabet seinen Anspruch, im KI-Zeitalter ganz vorne mitzuspielen. Der jüngste Meilenstein: Die KI-Plattform Gemini, die sieben Hauptprodukte integriert und damit monatlich über zwei Milliarden Nutzer erreicht. Auch YouTube erweist sich einmal mehr als heißes Eisen: 70 Milliarden Videoaufrufe am Tag sprechen für sich.
Natürlich hängt Alphabet stark vom Werbegeschäft ab – was in turbulenten Zeiten riskant sein kann, wenn Unternehmen ihre Marketingbudgets kürzen. Noch kritischer sind die diversen kartellrechtlichen Verfahren, insbesondere jene in den USA und Europa. Die jüngste Untersuchung aus China ist zwar ärgerlich, könnte aber im Vergleich zu den großen Verfahren in Washington und Brüssel eher ein Sturm im Wasserglas sein.
Spannung vor den Zahlen
Investoren wollen nun wissen, wie Alphabet sich behaupten kann, wenn die Konkurrenz in Form von Amazon (NASDAQ:AMZN) und Microsoft (NASDAQ:MSFT) ebenfalls um KI-Marktanteile kämpft.
Deren jüngste Quartalszahlen fanden am Markt ein gemischtes Echo. Microsoft meldete etwa 21 % Wachstum bei Cloud-Services, kassierte jedoch nachbörslich ein Minus von 6,2 %, weil die Erwartungen höher waren. Alphabet steht nun vor derselben Herausforderung: Cloud und Werbung müssen glänzen, damit sich das Kursniveau rechtfertigen lässt.
Die Analystengemeinde rechnet bei Google Cloud mit Erlösen von 12,1 Milliarden US-Dollar – ein Plus von 33 % zum Vorjahr. Das wäre schnelleres Wachstum als bei Microsofts Azure. Auch beim Werbegeschäft erwartet man einen Sprung von 65,5 auf 71,7 Milliarden US-Dollar. Unterm Strich hat man die Gewinnerwartungen für das vierte Quartal (EPS) im Jahresverlauf um fast 12 % angehoben. Ein Wert von 2,13 US-Dollar pro Aktie steht im Raum, verglichen mit 1,64 US-Dollar zwölf Monate zuvor. Die Gesamterlöse könnten auf 96,7 Milliarden US-Dollar steigen, das wäre ein Zuwachs von etwa 12 %.
Trotzdem haben die vergangenen zwölf Monate gezeigt, dass gute Zahlen nicht immer gleichbedeutend mit steigenden Kursen sind. Alphabet hat zwar einige Male überrascht, sah sich jedoch hinterher mit deutlichen Rücksetzern konfrontiert – gelegentlich um mehr als 8 %, obwohl die Erwartungen teils übertroffen wurden.
Aktie unter Hochspannung
Die Alphabet-Aktie legt in den letzten zwölf Monaten um stolze 40 % zu und schlägt Amazon sogar um einen Prozentpunkt. Microsoft hingegen bringt es nur auf 2 % Kursplus im selben Zeitraum. Die Frage lautet: Werden die Anleger bei erneut überzeugenden Ergebnissen diesmal euphorisch reagieren, oder folgt wieder die Ernüchterung? Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von über 26 muss Alphabet zeigen, dass die Bewertungen im Cloud- und Werbegeschäft auch wirklich gerechtfertigt sind. Vor allem wird man genau hinschauen, ob die massiven KI-Investitionen sich in nachhaltigem Wachstum niederschlagen. Im Wettlauf um die beste künstliche Intelligenz zählt längst nicht mehr nur Quantität, sondern vor allem Qualität.
Aktuell bleiben viele Analysten optimistisch und sehen ein Ziel von 7,5 % Kursplus in den kommenden zwölf Monaten, bezogen auf den gestrigen Schlusskurs von 201,23 US-Dollar.
Allerdings dreht die Stimmung an der Börse gerne schneller als man „DeepSeeck“ sagen kann. Die heutige Veröffentlichung der Geschäftszahlen könnte also erneut für einen Kurskrimi sorgen – und dann wird sich zeigen, ob Alphabet diesen Handelskrieg und den KI-Wettstreit genauso souverän meistert wie den alltäglichen Schlagabtausch mit den Big-Tech-Kollegen.