Die Europäische Zentralbank wird am Donnerstag über die Geldpolitik entscheiden und viele Anleger fragen sich, ob der Euro das gleiche Schicksal wie der kanadische und der australische Dollar erleiden wird. Beide Währungen wurden nach den Zinsankündigungen trotz eines Anflugs von Optimismus ihrer Zentralbanken verkauft. Bisher war die EZB eine der taubenhaftesten Zentralbanken. Bei ihrer letzten Sitzung im Juli versprach sie, die Zinsen angesichts der schwachen Inflation und der Unsicherheit wegen der Delta-Variante des Coronavirus länger niedrig zu halten.
Sieben Wochen später liegt die Inflation auf einem 10-Jahreshoch. Die Delta-Variante bringt die Welt zum Stillstand durch die verschärften Beschränkungen und die Sorgen über steigende Fallzahlen im Herbst nehmen zu. Dennoch leistet Europa viel bessere Arbeit, um die Ausbreitung zu kontrollieren als andere Länder. Die Fallzahlen in Deutschland nehmen zu, aber die Neuinfektionen in Frankreich, Italien und Spanien sind in diesem Sommer tendenziell gesunken.
Europa lockerte die Beschränkungen und begrüßte Reisende, was zu erheblichen Verbesserungen der Konjunkturdaten im Mai, Juni und Juli führte. Aber die Dynamik ließ im August nach und fast alle wichtigen Kennzahlen der Eurozone abgesehen von der Inflation schwächten sich ab. Die Einkaufsmanagerindizes fielen niedriger aus und die Erwartungskomponente der deutschen ZEW-Umfrage, welche die Investitionsstimmung misst, ist auf den niedrigsten Stand seit März 2020 gesunken. Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel ebenfalls, aber nicht ganz so steil wie die Zahlen vom ZEW.
Schon allein wegen der Inflation sollte die EZB ihre Wertpapierkäufe reduzieren, aber viele Zentralbanken äußerten sich zu diesem Thema in den letzten Wochen eher zurückhaltend. Die meisten Notenbanker sind optimistisch und glauben, dass sich die Erholung fortsetzen wird, aber sie sehen den Anstieg der Inflation nur als vorübergehend an. Nimmt man die Ungewissheit über die Pandemie hinzu, wird klar, warum sie es nicht eilig haben, die Geldschleusen zu schließen.
Die EZB steht heute vor der gleichen Entscheidung, hat aber im Gegensatz zur Federal Reserve und anderen Zentralbanken etwas mehr Spielraum. Sie kauft Anleihen sowohl im Rahmen des Pandemic Emergency Purchase Program (PEPP) als auch des Asset Purchase Program (APP), sodass sie das PEPP reduzieren könnte und erst später beginnen könnte, die APP-Käufe zu drosseln. Dennoch würde jede Änderung der Anleihekäufe als positiv für den Euro empfunden. Neben der Zinsentscheidung wird die Zentralbank ihre Konjunkturprognosen aktualisieren. Die Inflations- und Wachstumsprognosen werden voraussichtlich höher ausfallen. Daher, obwohl der EUR/USD Kurs in den letzten drei Tagen gesunken ist, könnte die Gemeinschaftswährung sich dem Schwächetrend widersetzen, sollten die Anleihekäufe reduziert und die Wirtschaftsprognosen angehoben werden. Sollte die EZB ihre Prognosen nicht ändern und der Ton der Pressekonferenz von Präsidentin Christine Lagarde nach der geldpolitischen Sitzung vorsichtig sein, könnte der EUR/USD Kurs natürlich auf 1,1750 abrutschen.
Der kanadische Dollar wurde niedriger gehandelt, nachdem die Bank of Canada die Zinssätze und ihr quantitatives Lockerungsprogramm unverändert ließ. Obwohl der Rückgang teilweise auf die Entscheidung der Zentralbank zurückgeführt werden kann, in diesem Monat auf eine weitere Drosselung zu verzichten, bleibt der Ausblick positiv. Die BoC erwartet eine stärkere Erholung und eine solide Dynamik für das dritte Quartal in der Weltwirtschaft. Sie stellte Risiken durch Unterbrechungen der Lieferkette und das Virus fest, aber nach allem, was sie sehen kann, sind Beschäftigung, Konsum und Unternehmensinvestitionen stark.
Der US-Dollar blieb gegenüber den meisten wichtigen Leitwährungen stabil oder legte sogar zu und das, obwohl das Beige Book etwas verhaltener ausgefallen ist. Nach Angaben der Fed-Bezirke verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum von Anfang Juli bis August leicht auf ein moderates Tempo. Da die Aktienkurse den dritten Tag in Folge zurückgingen, ignorierten die Anleger den Zinsrückgang am Kapitalmarkt und parkten ihr Geld lieber in dem sicheren Hafen US-Dollar.