- US-Inflation auf Generationenhoch
- Verbraucherpreise in der Eurozone auf Rekordniveau
- Das Gleichgewichtsniveau der Inflation hat sich möglicherweise nach oben verschoben
Letzte Woche wurden erneut die höchsten Inflationsraten seit eineinhalb Generationen gemessen. Ich werde fortan nur noch von "Generationen" sprechen, denn die Zeitangabe "41 Jahre" untertreibt meines Erachtens etwas den Ernst der Lage.
Eine Gesamtinflation von 8,5 % oder mehr wurde in unserem Land zuletzt 1981 registriert. Und eine Kerninflation von 6,5 % oder mehr gab es letztmals 1982. Noch nie war der durchschnittliche VPI so hoch wie in diesem Monat (4,91 %), allerdings begann die Cleveland Fed diese Statistik auch erst 1983 zu berechnen. Als die Inflation das letzte Mal so hoch war, stand Mohammed Ali noch im Ring und AT&T hieß noch Ma Bell. Man baute noch DeLorean-Autos. Und Michael Jacksons Hit "Thriller" war noch nicht einmal geboren worden.
Wenn Ihnen das alles nichts sagt, dann ist das genau das, was ich meine. Nur für die Oldtimer unter uns ist die Inflation kein Fremdwort. Etwa die Hälfte aller heute lebenden Amerikaner hat noch nie eine so hohe Inflation mitgemacht. (Quelle: US Census, siehe hier).
Auch ist dieses Todesröcheln der Wirtschaft keineswegs nur auf die USA beschränkt. Auch der Verbraucherpreisindex für die Eurozone befindet sich auf einem Rekordhoch (die Eurozone gibt es in ihrer heutigen Form allerdings auch erst seit 1999), und im Vereinigten Königreich liegt die Teuerung, also der durchschnittliche Verbraucherpreisindex, sogar höher als in den USA und der Europäischen Union (siehe Grafik, Quelle: Bloomberg).
Ein Schritt zurück...
Die drei früher weitgehend unkorrelierten Linien im obigen Schaubild verlaufen jetzt mehr oder weniger synchron. Während die Inflation in Großbritannien im Zuge der globalen Finanzkrise noch anstieg, ging sie in Europa und den USA zurück. Was ist also der Grund dafür, dass die früher unkorrelierten Raten nun miteinander korrelieren?
Nun, wenn das Geldwachstum gering und gleichbleibend ist, richten sich die relativen Inflationsraten zum Teil nach den relativen Wechselkursänderungen und zum Teil nach dem "Rauschen", das groß genug ist, um selbst bei einer ansonsten friedfertigen Inflation spürbar zu sein. Wenn der US-Dollar gegenüber dem Pfund aufwertet, "exportieren" die USA einen Teil ihrer Inflation nach Großbritannien und umgekehrt, aber es gibt auch länderspezifische Faktoren, die eine Rolle spielen können.
Dass sich all diese Linien nun im Gleichschritt bewegen, lässt auf einen gemeinsamen Wertverlust aller Währungen schließen. Relative Währungsschwankungen fallen vergleichsweise wenig ins Gewicht, wenn wir von einem Inflationsdruck sprechen, der um einiges höher ist als in der letzten Generation. Für die einzelnen Länder ändert sich nicht die Größe ihres relativen Anteils am Inflationskuchen - vielmehr wird der ganze Kuchen viel größer, so dass jeder ein größeres Stück davon abbekommt.
Der Grund für diese Vergrößerung des Inflationskuchens liegt auf der Hand. Allen voran haben die USA ihre Staatsausgaben außerordentlich erhöht, was - und das ist ganz zentral - von der Federal Reserve finanziert wurde. Wenn die Defizitausgaben nicht durch die Währungsbehörde finanziert werden, dann werden die Staatsausgaben zu einem großen Teil durch rückläufige Ausgaben der Investoren ausgeglichen, die Staatsanleihen kaufen. Dollars rein, Dollars raus.
Aber wenn die Fed zur Finanzierung der Staatsausgaben Geld druckt, dann ist das System nicht im Gleichgewicht. Da die Regierung das Geld nicht durch explizite Besteuerung oder den Verkauf von Anleihen von den Steuerzahlern oder Investoren erhält, muss sie es durch Inflation einnehmen. Das ist keine Raketenwissenschaft. Milton Friedman (hören Sie sich hier mein "Interview" mit ihm an) hat schon vor zwei Generationen darüber gesprochen.
Das Faszinierende an der ganzen Situation ist, dass die Inflation fast alle Länder durchdringt und das, obwohl die USA viel mehr Geld ausgaben als jedes andere Land und die Geldmenge M2 in den USA viel schneller wuchs als in jeder anderen Region. Zum Teil liegt das daran, dass Liquidität fungibel ist: Kommt es in meinem Garten zu Hochwasser nach starken Regenfällen, dann dürften sich in Ihrem Garten Pfützen bilden. Ähnlich verhält es sich mit Geld.
(Japan ist im Moment noch ein Sonderfall, aber der Rückgang des Yen um 9 % im letzten Monat dürfte die Situation schon bald etwas trüben).
Die Tatsache, dass die Hälfte aller Amerikaner noch nie eine Inflation in dieser Höhe erlebt hat, hat Auswirkungen auf die Assetmärkte. Marktbasierte Messgrößen für langfristige Inflationserwartungen, wie z. B. die 10-jährigen TIPS-Inflations-Breakeven, spiegeln noch nicht den wahrscheinlichen Umstand wider, dass sich das Gleichgewichtsniveau der Inflation halbwegs dauerhaft nach oben verschoben hat.
Der zehnjährige Breakeven liegt derzeit bei 2,91 % und ein Jahr später (d. h. 10 Jahre von Anfang 2023 bis Anfang 2033) nur noch bei 2,78 %, was mit dem Kern-PCE-Ziel der Fed von etwa 2,25 % übereinstimmt. Die Marktteilnehmer können sich also nicht einmal vorstellen, dass die Teuerung mehrere Jahre lang über der Vier-Prozent-Marke liegen könnte, und weigern sich, dies einzupreisen. Auch die Aktienmultiples sind nach wie vor extrem hoch, und die abgedroschene Behauptung "Inflation ist gut für Aktien" - eine eklatante Unwahrheit, die leicht widerlegt werden kann, wenn man sich die Performance von Aktien in den 70er Jahren vor Augen führt - feiert ein Comeback. Fürs Erste.
Dass junge Investoren in einer Wirtschaft, in der der Wert des Geldes unsicher und schwach ist, nicht mit alten Denkweisen über den Wert (d. h. die sich aus Preisen ergebende quantitativ messbare Bedeutung von Wirtschaftsobjekten, die dem Tauschverhältnis eines Wirtschaftsobjekts zu einem anderen oder einem maximal akzeptablen Grenzpreis entsprechen) belastet sind, ist nicht unbedingt ein Nachteil. Es ist durchaus möglich, dass sich alle, angefangen bei Graham (NYSE:GHC) und Dodd bis hin zu Dr. Doom, einfach nur über die Auswirkungen der Inflation auf Aktien getäuscht haben und dass die in der Vergangenheit beobachtete Tendenz von Aktien, in solchen Zeiten sehr schlecht zu performen, ein Irrtum war (wie Modigliani meinte), der jetzt korrigiert wird.
Obwohl die Konjunkturdaten in dieser Woche eher eine untergeordnete Rolle spielen, behalte ich die für Dienstag anstehenden Verkäufe bestehender Häuser (Konsens: 5,80 Mio. SAAR) und insbesondere den Median der Verkaufspreise im Auge. Wie aus der nachstehenden Grafik (Quelle: Bloomberg) ersichtlich ist, stehen die Hauspreise im Jahresvergleich immer noch um mehr als 15 % höher.
Das ähnelt zwar nach wie vor dem Niveau auf dem Höhepunkt der Immobilienblase in den Jahren 2005 und 2006, liegt aber deutlich unter den jüngsten Hochs. Zugegeben, die Zinsen sind heute wesentlich niedriger als damals, während die Inflation viel höher ist. So lange die Immobilienpreise weiter steigen, werden auch die Mieten (ein wesentlicher Bestandteil des Verbraucherpreisindex) weiter kräftig zulegen. Das kann aber nicht ewig so weitergehen.
Neben den hereinkommenden Konjunkturdaten gilt mein Augenmerk insbesondere der Liquidität am Markt für Staatsanleihen. Die Bid/Offer-Spreads haben sich in letzter Zeit ausgeweitet und das Volumen ist zurückgegangen. Angesichts der gestiegenen Rendite zehnjähriger Staatsanleihen auf nahezu 3 % und zehnjähriger Realzinsen auf nahezu 0 % sowie der hohen Volatilität an den Rohstoffmärkten dürften die spekulativen Risikopositionen etwas unter Druck geraten sein.
Es ist zwar immer noch reichlich Liquidität vorhanden, aber das heißt nicht, dass auch alle am Honigtopf mitnaschen können.
Michael Ashton, auch bekannt als "The Inflation Guy", ist geschäftsführender Direktor von Enduring Investments, LLC. Er gilt als Pionier auf dem Gebiet der Inflation und hat sich auf den Schutz von Vermögenswerten vor Inflation spezialisiert, worüber er in seinem alle zwei Monate erscheinenden Podcast "Cents and Sensibility" spricht.