Investing.com - In einer Art Flash Crash ging es für den Goldpreis am Montagmorgen im liquiditätsarmen asiatischen Handel um zeitweise knapp 100 Dollar nach unten. Mittlerweile hat sich die Lage am Goldmarkt wieder etwas beruhigt, aber viele Marktteilnehmer fragen sich, was denn da überhaupt los war und warum der Goldpreis ohne Impulsgeber so extrem abgestürzt war.
Zusammen mit dem Preissturz vom Freitag nach den US-Jobdaten war dies der stärkste 2-Tages-Einbruch des Goldpreises seit dem Crash im März 2020, wie zerohedge berichtete.
Eine Order in Höhe von 4 Milliarden Dollar oder gut 24.000 Kontrakte soll der Impulsgeber für den Goldpreis-Flash-Crash gewesen sein, woraufhin der Gold-Future binnen weniger Minuten von 1.765 Dollar auf 1.677,90 Dollar abgestürzt war.
Aber nicht nur Gold war von dem schnellen und steilen Ausverkauf betroffen. Auch der Silberpreis sackte kurzzeitig um mehr als 2 Dollar ab. Palladium, Platin und Kupfer rangieren ebenfalls im Minus.
Folker Hellmeyer, Chefanalyst bei Solvecon Invest, spricht mit Blick auf Gold und Silber von "kalter Preismanipulation".
Die Marktteilnehmer seien sich der Liquiditätsproblematik an den asiatischen Edelmetallmärkten durchaus bewusst, so der Experte. "Investoren wollen Profit maximierend verkaufen und fokussieren sich deswegen auf Märkte, die die Liquidität vorweisen, um Orders professionell und für sich preisschonend abzuwickeln".
Schon seit mehr als zwei Jahrzehnten begleite den Edelmetallmarkt die Methode, in dünnen Marktphasen "Preiswirkung zu erzielen".
Dahinter stünde aber nicht das Ziel der Gewinnmaximierung, so Hellmeyer, sondern "das der kalten Preismanipulation. Damit werden regelmäßig technische Modelle beeinflusst, die den dominanten Algorithmus-Handel zu großen Teilen determinieren (Trendumkehr)."
Die kanadische Investmentbank TD Securities hat derweil mitgeteilt, dass sie ihre taktische Short-Position auf Gold geschlossen habe, wie das Branchenportal Kitco berichtet.
Die kanadische Bank hatte den Bereich um 1.730 Dollar angepeilt und erwartete, dass das Edelmetall unter die Unterstützung bei 1.750 Dollar fallen würde. Am Sonntagabend erklärten die Analysten dann, sie hätten ihre Short-Position bei 1.707 Dollar geschlossen.
"Die Schwachstellen in der Mikrostruktur des Goldpreises halfen uns zu argumentieren, dass die Messlatte für einen tieferen Pullback bei Edelmetallen relativ gering war. Gleichzeitig führten die starken Arbeitsmarktdaten zu erheblichen Liquidationen, da der doppelte Fokus der Fed auf Inflation und Beschäftigung den Arbeitsmarktdaten zusätzliche Aufmerksamkeit schenkt, während die globalen Märkte den Zeitpunkt des Taperings und der ersten Zinserhöhung der Fed zu bestimmen versuchen. In der Folge unterschritt der Goldpreis die seit 2019 definierte Aufwärtstrendlinie, was zu erheblichen Stopp-Outs führte und den Goldpreis einbrechen ließ", so die Analysten in ihrer aktualisierten Notiz.
Obwohl sich der Goldpreis recht zügig von seinen Flash Crash-Tiefs erholen konnte und aktuell wieder bei 1.748 Dollar notiert, sieht das technische Bild für Gold nicht besonders rosig aus, und die kurzfristige Unsicherheit wird sich wahrscheinlich fortsetzen, so Harshal Barot, Senior Research Consultant für Südasien bei Metals Focus.
Allerdings "haben wir die Pandemie noch nicht wirklich überstanden... Es dürfte daher einige Investoren geben, die auf diesen Niveaus Ausschau halten werden, um Gold als Schutz zu kaufen", fügte er hinzu.
Der Goldpreis steht in diesem Monat unter Druck. Grund dafür ist die Sorge der Anleger, dass eine sich erholende US-Wirtschaft und eine steigende Inflation die US-Notenbank Fed zu einer Reduzierung ihrer beispiellosen Wertpapierkäufe veranlassen könnte.
"Der US-Dollar-Index legte kräftig zu, nachdem US-Arbeitsmarktbericht ein Stellenplus von 943.000 im Juli auswies. Gleichzeitig steigen die Anleiherenditen für Treasuries angesichts der Wetten der Händler, dass die Fed ihr Programm zum Ankauf von Vermögenswerten im Jahr 2021 reduzieren wird. Auch das Gold-Silber-Verhältnis entwickelte sich nach oben und kehrte zum Höchststand der Vorwoche zurück und pendelte sich in dieser Woche bei 7 2,45 ein. Das ist ebenso ein bärisches Zeichen für den Silberpreis", so CapitalVia Investment Advisor in einem Bericht.
Die Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen stieg im Anschluss an den Arbeitsmarktbericht auf 1,30 Prozent. In der vergangenen Woche hatte sie mit 1,177 Prozent den niedrigsten Stand seit Februar erreicht.
Das US-Arbeitsministerium teilte am Freitag mit, dass die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft im vergangenen Monat um 943.000 gestiegen ist. Erwartet wurden rund 850.000/870.000. Der Stellenzuwachs für Juni und Mai wurde zudem nach oben korrigiert.
Viele Fed-Vertreter, darunter auch der stellvertretende Vorsitzende Richard Clarida, hatten zuvor erklärt, dass sie sich eine Verringerung der Anleihekäufe der Zentralbank vorstellen könnten, wenn sich die Arbeitsplatzgewinne beschleunigen.
Vor Kurzem hatte Fed-Mitglied Christopher Waller gesagt, dass ein erneuter Anstieg der Zahl der Beschäftigten um 850.000 wie im Juni ausreichen würde, damit die Falken wie er grünes Licht für ein Tapering des QE-Programms ab dem vierten Quartal dieses Jahres geben könnten.
Auch die schwachen Zuflüsse bei den börsengehandelten Fonds belasteten den Goldpreis. Die Bestände des SPDR® Gold Shares (NYSE:GLD), des weltweit größten börsengehandelten Goldfonds, fielen am Freitag auf 1.025,28 Tonnen, gegenüber 1.027,61 Tonnen am Donnerstag.
Mit Spannung blicken die Edelmetallanleger nun auf die Inflationsdaten aus den USA, wo am Mittwoch um 14.30 Uhr der Verbraucherpreisindex per Berichtsmonat Juli auf der Agenda steht.
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