Deutsches Aktieninstitut e.V.:
DGAP-News: Deutsches Aktieninstitut e.V. / Schlagwort(e): Sonstiges
Deutsches Aktieninstitut e.V.:
06.03.2012 / 08:16
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'Wenn wir Innovationen nicht nutzen, tun es andere'
Interview mit Dr. Hans-Ulrich Engel, Finanzvorstand, BASF SE
Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz
Die neue Führungsriege der BASF, die das Unternehmen seit fast einem Jahr
leitet, blickt zuversichtlich in die Zukunft. Hans-Ulrich Engel,
Finanzvorstand der BASF, betont in einem Interview mit dem Finanzplatz die
Bedeutung der Chemie für die Lösung der drängenden globalen
Herausforderungen und erläutert, welchen Einfluss das Thema Nachhaltigkeit
in der Vergangenheit und in der Zukunft auf das Unternehmen haben wird.
Herr Engel, Ende letzten Jahres haben Sie zusammen mit dem
Vorstandsvorsitzenden Kurt Bock und Ihrem Vorstandskollegen Martin
Brudermüller die Unternehmensziele bis zum Jahr 2020 vorgestellt. Danach
soll der Umsatz von 64 Mrd. EUR im Jahr 2010 auf 115 Mrd. EUR im Jahr 2020
steigen. Wieso legen Sie in einem so schwierigen wirtschaftlichen Umfeld
wie gerade jetzt die Messlatte so hoch?
Die strategische Positionierung der BASF darf sich nicht an den aktuellen
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in einem Teil unserer regionalen Märkte
ausrichten. Wir haben für die Entwicklung unserer 'We create
chemistry'-Strategie den Blick auf mittel- und langfristige
Wachstumspotenziale gelenkt. Und da sehen wir gute Perspektiven für
profitables Wachstum der chemischen Industrie und vor allem auch der BASF.
Dies unter anderem, weil wir in der Lage sind, Lösungen für eine ganze
Reihe von Herausforderungen zu bieten, die sich in zunehmendem Umfang
stellen. Nur mit dem Beitrag der Chemie wird es hierfür nachhaltige
Lösungen geben. Nehmen Sie den Anstieg der Weltbevölkerung: Im Jahr 2050
werden neun Milliarden Menschen auf der Erde leben. Das stellt uns vor
große Aufgaben, eröffnet aber auch große Chancen. Mit unseren Produkten
können wir dazu beitragen, Ressourcen zu schonen, eine gesunde Ernährung zu
sichern und die Lebensqualität zu verbessern.
Welcher zentrale Bereich wird maßgeblich zur Erreichung dieses Umsatzziels
beitragen?
Das angestrebte Wachstum wird aus dem gesamten BASF-Portfolio kommen. Dabei
geht es heute weniger um die Entwicklung neuer Chemikalien, sondern immer
mehr um die Kombination von Know-how aus unterschiedlichen Bereichen zur
Entwicklung neuer Materialien und Systemlösungen. Voraussetzungen für
solche Innovationen sind interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie ein tiefes
Verständnis für die Wertschöpfungsketten unserer Kunden. Wir werden unser
Portfolio weiter in Richtung kundennaher Geschäftsfelder ausbauen, Themen
wie Batterien und Wasser gehören dazu. Unser Ziel ist es, im Jahr 2020 rund
30 Mrd. EUR unseres Umsatzes mit Innovationen zu erzielen, die weniger als
zehn Jahre auf dem Markt sind.
Überraschend ist, dass trotz aller Euphorie für die Schwellenländer Europa
im Jahre 2020 immer noch fast doppelt so viel zum Unternehmensumsatz
beitragen wird wie die Region Asien-Pazifik. Wird das so bleiben, oder ist
es nur eine Frage der Zeit, bis die BASF ihren Hauptumsatz in Asien macht?
In den Regionen Asien-Pazifik und Südamerika, Afrika, Naher Osten wollen
wir jährlich um 8% wachsen, sehr viel stärker als etwa in Europa. Das sind
ambitionierte Ziele. In den aufstrebenden Volkswirtschaften wird das
Chemiewachstum in den kommenden Jahren besonders dynamisch sein. Dieser
Trend wird dazu führen, dass der Anteil unseres Umsatzes ohne Öl und Gas in
den heutigen Schwellenländern steigt, von 34% im Jahr 2010 auf 45% im Jahr
2020. Wir wollen aber auch in unserem Heimatmarkt Europa und in Nordamerika
weiter profitabel wachsen.
Batterien für Elektroautos ist ein hervorgehobenes Wachstumsfeld für Ihr
Unternehmen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass 2020 bereits eine
Million Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sind. Ist das
überhaupt realistisch?
Wenn Industrie, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft an einem Strang
ziehen, kann die Elektromobilität zu einer bezahlbaren und nachhaltigen
Alternative werden. Ohne einen engen Schulterschluss geht es jedoch nicht.
Große Herausforderungen können nicht von einzelnen Gruppen gelöst werden,
sondern nur in Zusammenarbeit. Mit der Nationalen Plattform
Elektromobilität sind wir insoweit sehr gut aufgestellt. Deshalb bin ich
zuversichtlich, dass wir Deutschland bis 2020 nicht nur zum Leitmarkt,
sondern auch zum Leitanbieter für Elektromobilität machen können. Erklärtes
Ziel der Plattform ist, dass 2020 eine Million E-Fahrzeuge über deutsche
Straßen rollen.
Welchen Beitrag kann die BASF in diesem Bereich leisten?
Als führendes Chemieunternehmen können wir maßgeblich zu einer bezahlbaren
und nachhaltigen Elektromobilität beitragen. Derzeit bauen wir zum Beispiel
eine Anlage für die Herstellung von Kathodenmaterial für Batterien in
Elyria/Ohio und forschen an Materialien für leistungsfähigere Batterien der
nächsten Generation. BASF-Kunststoffe tragen dazu bei, Gewicht zu
reduzieren und damit die Reichweite zu erhöhen. Außerdem liefern wir
Lösungen für ein besseres Wärmemanagement im Elektroauto, wie Infrarot
reflektierende Pigmente oder isolierende Hochleistungsschäume. Tolle
Beispiele für unsere Lösungen für die Elektromobilität finden Sie im von
Daimler und BASF gemeinsam entwickelten Konzeptfahrzeug smart forvision,
das wir auf der IAA 2011 in Frankfurt vorgestellt haben.
Das Thema Nachhaltigkeit spielt für das Erreichen der Unternehmensziele
eine wichtige Rolle. Hat die BASF nicht immer eine nachhaltige
Unternehmensstrategie betrieben? Was hat sich in der Nachhaltigkeitspolitik
der BASF verändert?
Verändert hat sich im Laufe der Zeit der Umgang mit dem Thema
Nachhaltigkeit - von der Bewältigung spezifischer Probleme hin zu einer
ganzheitlichen Betrachtung, vom Kostenfaktor hin zum Wachstumsfaktor. Bis
in die 80er Jahre ging es vor allem um Arbeits- und Anlagensicherheit und
die Reduzierung von Emissionen. In den 90ern standen dann Klimaschutz und
Kostenersparnisse im Vordergrund. Ende der 90er wurde das Thema dann um die
Komponente der gesellschaftlichen Verantwortung erweitert. Wir erleben
schon jetzt und werden dies in Zukunft noch stärker sehen, dass
Nachhaltigkeit ins Geschäft integriert und ein stärkerer Werttreiber wird.
Das Wachstum der Weltbevölkerung und die damit einhergehenden
demografischen Veränderungen erfordern nachhaltige Lösungen. Wir haben
unser Streben danach im Unternehmenszweck der BASF verankert: 'We create
chemistry for a sustainable future.'
Statt eines gesonderten Nachhaltigkeitberichts ist in den letzten Jahren
das sogenannte 'integrated reporting', also die Berichterstattung, bei der
Finanz-, Umwelt- und soziale Informationen in einem 'integrierten' Format
zusammengefasst werden, in den Vordergrund gerückt. Welche Vorteile bietet
ein solches Format für Investoren?
Wir verbinden wirtschaftlichen Erfolg mit gesellschaftlicher Verantwortung
und dem Schutz der Umwelt. Nachhaltigkeit ist ein fester Bestandteil
unserer Strategie. Kunden wollen nachhaltige Produkte, die Industrie will
nachhaltige Lösungen und Mitarbeiter wollen in Unternehmen arbeiten, die
Nachhaltigkeit ernst nehmen. Den ersten Umweltbericht haben wir bereits
1988 veröffentlicht. Seit 2007 dokumentieren wir die wirtschaftliche,
ökologische und gesellschaftliche Leistung der BASF in einem integrierten
Finanz- und Nachhaltigkeitsbericht. Für die Investoren hat das den Vorteil,
dass sie nicht nur die finanziellen Kennzahlen erhalten, sondern auch die
Zukunftsfähigkeit des Unternehmens abschätzen können.
Ende letzten Jahres hat die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung harsche
Kritik an den IFRS geübt. Es wurde unter anderem gefordert, die Anwendung
von Zeitwerten (Fair Value) in den Bilanzen zu beschränken und die
Werthaltigkeitsprüfung (Impairmenttest) durch regelmäßige Abschreibungen zu
ersetzen. Wie beurteilen Sie diese Forderungen?
In Deutschland haben wir mit dem HGB ein Rechnungslegungsregelwerk, das die
Verlässlichkeit und somit die Objektivität des Zahlenmaterials in den
Vordergrund stellt. Die IFRS haben hingegen viele angloamerikanisch
geprägte Regelungen übernommen. Dies ist zum Beispiel bei der
angesprochenen Bewertung zum beizulegenden Zeitwert, dem Fair Value, der
Fall. Sollte kein aktiver Markt existieren, muss die Bewertung unter
Umständen mit Hilfe von Modellen vorgenommen werden, bei denen die
Parameter vom jeweiligen Unternehmen selbst zu bestimmen sind. Gleiches
gilt bei der Werthaltigkeitsprüfung: Auch hier hängt die Bewertung in
starkem Maße von den verwendeten Wachstumsraten, Zinssätzen sowie der
Fremd- und Eigenkapitalausstattung ab. Diese Methodik impliziert somit eine
gewisse Subjektivität.
Viele Unternehmen kritisieren auch, dass die Komplexität der IFRS ständig
zunimmt und damit die Anwendung derselben immer aufwendiger wird. Teilen
Sie diese Auffassung? Welche Aspekte halten Sie für reformbedürftig?
Die vergleichsweise häufigen Regeländerungen und die Komplexität der IFRS
stellen sicher Herausforderungen für uns dar. Die Rechnungslegung nach IFRS
ist einerseits sehr aufwendig, andererseits hat ihre Anwendung aber auch
dazu geführt, dass die veröffentlichten Daten von Unternehmen, die nach
IFRS bilanzieren, vergleichbarer geworden sind. Daher kann ich die Kritik
am hohen Aufwand nachvollziehen, sehe zugleich aber auch die Vorteile. Das
aktuelle Arbeitsprogramm des International Accounting Standards Board zeigt
zudem, dass die richtigen Prioritäten gesetzt werden.
Das europäische Gesellschaftsrecht steht dieses Jahr im Fokus der
EU-Kommission. Die BASF hat sich 2008 als eines der ersten deutschen
Großunternehmen in eine Societas Europaea (SE, europäische
Aktiengesellschaft) umgewandelt. Die komplexe rechtliche Struktur der SE
wird von vielen als Manko gesehen. Sehen Sie das auch so? Sollte in diesem
Zusammenhang eine stärkere europäische Harmonisierung erfolgen?
Die rechtliche Struktur der Societas Europaea ist weitgehend vergleichbar
mit der einer Aktiengesellschaft in ihrem jeweiligen Sitzland. Für eine
deutsche SE, wie die BASF SE, gelten mit wenigen Ausnahmen die Vorschriften
des deutschen Aktiengesetzes. Die gesellschaftsrechtlichen Regeln der SE
sind daher aus unserer Sicht kein Grund, der gegen die SE spräche. Die SE
bietet in Teilbereichen eine deutlich höhere Flexibilität: Denken Sie an
die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat. Hier gilt nicht das nur
die deutschen Arbeitnehmer berücksichtigende Mitbestimmungsgesetz. Vielmehr
können Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertretung eine für das
Unternehmen maßgeschneiderte Ausgestaltung der Mitbestimmung aushandeln.
Das sehen wir als echten Vorteil.
Herr Engel, wenn Sie einen Wunsch an die Politik frei hätten: Was würden
Sie sich wünschen?
Wir müssen noch mehr als bisher in Bildung investieren. Kluge Köpfe sind
die wichtigste Ressource, die wir hierzulande haben. Wir müssen als
Zuwanderungsland für Wissenschaftler und Fachkräfte attraktiver werden. Im
internationalen Vergleich hinken wir hinterher. Darüber hinaus wünsche ich
mir von der Politik einen Beitrag zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Dazu
zählen für mich neben der Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen vor allem
ein positives Klima für Innovationen und eine Aufgeschlossenheit für neue
Technologien. Vorsicht ist gut. Übertriebene Vorsicht kann schnell zum
Hemmschuh werden. Wenn wir Innovationen nicht nutzen, tun es andere. Im
globalen Wettbewerb wartet niemand auf Deutschland.
Ende der Corporate News
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06.03.2012 Veröffentlichung einer Corporate News/Finanznachricht,
übermittelt durch die DGAP - ein Unternehmen der EquityStory AG.
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber
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159410 06.03.2012
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'Wenn wir Innovationen nicht nutzen, tun es andere'
Interview mit Dr. Hans-Ulrich Engel, Finanzvorstand, BASF SE
Uta-Bettina von Altenbockum, Finanzplatz
Die neue Führungsriege der BASF, die das Unternehmen seit fast einem Jahr
leitet, blickt zuversichtlich in die Zukunft. Hans-Ulrich Engel,
Finanzvorstand der BASF, betont in einem Interview mit dem Finanzplatz die
Bedeutung der Chemie für die Lösung der drängenden globalen
Herausforderungen und erläutert, welchen Einfluss das Thema Nachhaltigkeit
in der Vergangenheit und in der Zukunft auf das Unternehmen haben wird.
Herr Engel, Ende letzten Jahres haben Sie zusammen mit dem
Vorstandsvorsitzenden Kurt Bock und Ihrem Vorstandskollegen Martin
Brudermüller die Unternehmensziele bis zum Jahr 2020 vorgestellt. Danach
soll der Umsatz von 64 Mrd. EUR im Jahr 2010 auf 115 Mrd. EUR im Jahr 2020
steigen. Wieso legen Sie in einem so schwierigen wirtschaftlichen Umfeld
wie gerade jetzt die Messlatte so hoch?
Die strategische Positionierung der BASF darf sich nicht an den aktuellen
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in einem Teil unserer regionalen Märkte
ausrichten. Wir haben für die Entwicklung unserer 'We create
chemistry'-Strategie den Blick auf mittel- und langfristige
Wachstumspotenziale gelenkt. Und da sehen wir gute Perspektiven für
profitables Wachstum der chemischen Industrie und vor allem auch der BASF.
Dies unter anderem, weil wir in der Lage sind, Lösungen für eine ganze
Reihe von Herausforderungen zu bieten, die sich in zunehmendem Umfang
stellen. Nur mit dem Beitrag der Chemie wird es hierfür nachhaltige
Lösungen geben. Nehmen Sie den Anstieg der Weltbevölkerung: Im Jahr 2050
werden neun Milliarden Menschen auf der Erde leben. Das stellt uns vor
große Aufgaben, eröffnet aber auch große Chancen. Mit unseren Produkten
können wir dazu beitragen, Ressourcen zu schonen, eine gesunde Ernährung zu
sichern und die Lebensqualität zu verbessern.
Welcher zentrale Bereich wird maßgeblich zur Erreichung dieses Umsatzziels
beitragen?
Das angestrebte Wachstum wird aus dem gesamten BASF-Portfolio kommen. Dabei
geht es heute weniger um die Entwicklung neuer Chemikalien, sondern immer
mehr um die Kombination von Know-how aus unterschiedlichen Bereichen zur
Entwicklung neuer Materialien und Systemlösungen. Voraussetzungen für
solche Innovationen sind interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie ein tiefes
Verständnis für die Wertschöpfungsketten unserer Kunden. Wir werden unser
Portfolio weiter in Richtung kundennaher Geschäftsfelder ausbauen, Themen
wie Batterien und Wasser gehören dazu. Unser Ziel ist es, im Jahr 2020 rund
30 Mrd. EUR unseres Umsatzes mit Innovationen zu erzielen, die weniger als
zehn Jahre auf dem Markt sind.
Überraschend ist, dass trotz aller Euphorie für die Schwellenländer Europa
im Jahre 2020 immer noch fast doppelt so viel zum Unternehmensumsatz
beitragen wird wie die Region Asien-Pazifik. Wird das so bleiben, oder ist
es nur eine Frage der Zeit, bis die BASF ihren Hauptumsatz in Asien macht?
In den Regionen Asien-Pazifik und Südamerika, Afrika, Naher Osten wollen
wir jährlich um 8% wachsen, sehr viel stärker als etwa in Europa. Das sind
ambitionierte Ziele. In den aufstrebenden Volkswirtschaften wird das
Chemiewachstum in den kommenden Jahren besonders dynamisch sein. Dieser
Trend wird dazu führen, dass der Anteil unseres Umsatzes ohne Öl und Gas in
den heutigen Schwellenländern steigt, von 34% im Jahr 2010 auf 45% im Jahr
2020. Wir wollen aber auch in unserem Heimatmarkt Europa und in Nordamerika
weiter profitabel wachsen.
Batterien für Elektroautos ist ein hervorgehobenes Wachstumsfeld für Ihr
Unternehmen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass 2020 bereits eine
Million Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sind. Ist das
überhaupt realistisch?
Wenn Industrie, Politik, Wissenschaft und Gesellschaft an einem Strang
ziehen, kann die Elektromobilität zu einer bezahlbaren und nachhaltigen
Alternative werden. Ohne einen engen Schulterschluss geht es jedoch nicht.
Große Herausforderungen können nicht von einzelnen Gruppen gelöst werden,
sondern nur in Zusammenarbeit. Mit der Nationalen Plattform
Elektromobilität sind wir insoweit sehr gut aufgestellt. Deshalb bin ich
zuversichtlich, dass wir Deutschland bis 2020 nicht nur zum Leitmarkt,
sondern auch zum Leitanbieter für Elektromobilität machen können. Erklärtes
Ziel der Plattform ist, dass 2020 eine Million E-Fahrzeuge über deutsche
Straßen rollen.
Welchen Beitrag kann die BASF in diesem Bereich leisten?
Als führendes Chemieunternehmen können wir maßgeblich zu einer bezahlbaren
und nachhaltigen Elektromobilität beitragen. Derzeit bauen wir zum Beispiel
eine Anlage für die Herstellung von Kathodenmaterial für Batterien in
Elyria/Ohio und forschen an Materialien für leistungsfähigere Batterien der
nächsten Generation. BASF-Kunststoffe tragen dazu bei, Gewicht zu
reduzieren und damit die Reichweite zu erhöhen. Außerdem liefern wir
Lösungen für ein besseres Wärmemanagement im Elektroauto, wie Infrarot
reflektierende Pigmente oder isolierende Hochleistungsschäume. Tolle
Beispiele für unsere Lösungen für die Elektromobilität finden Sie im von
Daimler und BASF gemeinsam entwickelten Konzeptfahrzeug smart forvision,
das wir auf der IAA 2011 in Frankfurt vorgestellt haben.
Das Thema Nachhaltigkeit spielt für das Erreichen der Unternehmensziele
eine wichtige Rolle. Hat die BASF nicht immer eine nachhaltige
Unternehmensstrategie betrieben? Was hat sich in der Nachhaltigkeitspolitik
der BASF verändert?
Verändert hat sich im Laufe der Zeit der Umgang mit dem Thema
Nachhaltigkeit - von der Bewältigung spezifischer Probleme hin zu einer
ganzheitlichen Betrachtung, vom Kostenfaktor hin zum Wachstumsfaktor. Bis
in die 80er Jahre ging es vor allem um Arbeits- und Anlagensicherheit und
die Reduzierung von Emissionen. In den 90ern standen dann Klimaschutz und
Kostenersparnisse im Vordergrund. Ende der 90er wurde das Thema dann um die
Komponente der gesellschaftlichen Verantwortung erweitert. Wir erleben
schon jetzt und werden dies in Zukunft noch stärker sehen, dass
Nachhaltigkeit ins Geschäft integriert und ein stärkerer Werttreiber wird.
Das Wachstum der Weltbevölkerung und die damit einhergehenden
demografischen Veränderungen erfordern nachhaltige Lösungen. Wir haben
unser Streben danach im Unternehmenszweck der BASF verankert: 'We create
chemistry for a sustainable future.'
Statt eines gesonderten Nachhaltigkeitberichts ist in den letzten Jahren
das sogenannte 'integrated reporting', also die Berichterstattung, bei der
Finanz-, Umwelt- und soziale Informationen in einem 'integrierten' Format
zusammengefasst werden, in den Vordergrund gerückt. Welche Vorteile bietet
ein solches Format für Investoren?
Wir verbinden wirtschaftlichen Erfolg mit gesellschaftlicher Verantwortung
und dem Schutz der Umwelt. Nachhaltigkeit ist ein fester Bestandteil
unserer Strategie. Kunden wollen nachhaltige Produkte, die Industrie will
nachhaltige Lösungen und Mitarbeiter wollen in Unternehmen arbeiten, die
Nachhaltigkeit ernst nehmen. Den ersten Umweltbericht haben wir bereits
1988 veröffentlicht. Seit 2007 dokumentieren wir die wirtschaftliche,
ökologische und gesellschaftliche Leistung der BASF in einem integrierten
Finanz- und Nachhaltigkeitsbericht. Für die Investoren hat das den Vorteil,
dass sie nicht nur die finanziellen Kennzahlen erhalten, sondern auch die
Zukunftsfähigkeit des Unternehmens abschätzen können.
Ende letzten Jahres hat die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung harsche
Kritik an den IFRS geübt. Es wurde unter anderem gefordert, die Anwendung
von Zeitwerten (Fair Value) in den Bilanzen zu beschränken und die
Werthaltigkeitsprüfung (Impairmenttest) durch regelmäßige Abschreibungen zu
ersetzen. Wie beurteilen Sie diese Forderungen?
In Deutschland haben wir mit dem HGB ein Rechnungslegungsregelwerk, das die
Verlässlichkeit und somit die Objektivität des Zahlenmaterials in den
Vordergrund stellt. Die IFRS haben hingegen viele angloamerikanisch
geprägte Regelungen übernommen. Dies ist zum Beispiel bei der
angesprochenen Bewertung zum beizulegenden Zeitwert, dem Fair Value, der
Fall. Sollte kein aktiver Markt existieren, muss die Bewertung unter
Umständen mit Hilfe von Modellen vorgenommen werden, bei denen die
Parameter vom jeweiligen Unternehmen selbst zu bestimmen sind. Gleiches
gilt bei der Werthaltigkeitsprüfung: Auch hier hängt die Bewertung in
starkem Maße von den verwendeten Wachstumsraten, Zinssätzen sowie der
Fremd- und Eigenkapitalausstattung ab. Diese Methodik impliziert somit eine
gewisse Subjektivität.
Viele Unternehmen kritisieren auch, dass die Komplexität der IFRS ständig
zunimmt und damit die Anwendung derselben immer aufwendiger wird. Teilen
Sie diese Auffassung? Welche Aspekte halten Sie für reformbedürftig?
Die vergleichsweise häufigen Regeländerungen und die Komplexität der IFRS
stellen sicher Herausforderungen für uns dar. Die Rechnungslegung nach IFRS
ist einerseits sehr aufwendig, andererseits hat ihre Anwendung aber auch
dazu geführt, dass die veröffentlichten Daten von Unternehmen, die nach
IFRS bilanzieren, vergleichbarer geworden sind. Daher kann ich die Kritik
am hohen Aufwand nachvollziehen, sehe zugleich aber auch die Vorteile. Das
aktuelle Arbeitsprogramm des International Accounting Standards Board zeigt
zudem, dass die richtigen Prioritäten gesetzt werden.
Das europäische Gesellschaftsrecht steht dieses Jahr im Fokus der
EU-Kommission. Die BASF hat sich 2008 als eines der ersten deutschen
Großunternehmen in eine Societas Europaea (SE, europäische
Aktiengesellschaft) umgewandelt. Die komplexe rechtliche Struktur der SE
wird von vielen als Manko gesehen. Sehen Sie das auch so? Sollte in diesem
Zusammenhang eine stärkere europäische Harmonisierung erfolgen?
Die rechtliche Struktur der Societas Europaea ist weitgehend vergleichbar
mit der einer Aktiengesellschaft in ihrem jeweiligen Sitzland. Für eine
deutsche SE, wie die BASF SE, gelten mit wenigen Ausnahmen die Vorschriften
des deutschen Aktiengesetzes. Die gesellschaftsrechtlichen Regeln der SE
sind daher aus unserer Sicht kein Grund, der gegen die SE spräche. Die SE
bietet in Teilbereichen eine deutlich höhere Flexibilität: Denken Sie an
die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat. Hier gilt nicht das nur
die deutschen Arbeitnehmer berücksichtigende Mitbestimmungsgesetz. Vielmehr
können Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertretung eine für das
Unternehmen maßgeschneiderte Ausgestaltung der Mitbestimmung aushandeln.
Das sehen wir als echten Vorteil.
Herr Engel, wenn Sie einen Wunsch an die Politik frei hätten: Was würden
Sie sich wünschen?
Wir müssen noch mehr als bisher in Bildung investieren. Kluge Köpfe sind
die wichtigste Ressource, die wir hierzulande haben. Wir müssen als
Zuwanderungsland für Wissenschaftler und Fachkräfte attraktiver werden. Im
internationalen Vergleich hinken wir hinterher. Darüber hinaus wünsche ich
mir von der Politik einen Beitrag zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit. Dazu
zählen für mich neben der Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen vor allem
ein positives Klima für Innovationen und eine Aufgeschlossenheit für neue
Technologien. Vorsicht ist gut. Übertriebene Vorsicht kann schnell zum
Hemmschuh werden. Wenn wir Innovationen nicht nutzen, tun es andere. Im
globalen Wettbewerb wartet niemand auf Deutschland.
Ende der Corporate News
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übermittelt durch die DGAP - ein Unternehmen der EquityStory AG.
Für den Inhalt der Mitteilung ist der Emittent / Herausgeber
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Corporate News/Finanznachrichten und Pressemitteilungen.
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159410 06.03.2012