PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Vor wegweisenden Konjunktursignalen für die US-Geldpolitik sind die Anleger am Donnerstag bei europäischen Aktien vorsichtig geblieben. Der bislang schwache September setzte sich fort und machte seinem Ruf als schlechter Börsenmonat weiter alle Ehre.
Als Belastung erwies sich der trübe Börsenstart in New York. Auch dort scheuten die Investoren das Risiko. Zum Wochenschluss werden in den Vereinigten Staaten Arbeitsmarktdaten veröffentlicht, die maßgeblich sind für die Anleger, die derzeit zwischen Konjunktursorgen und Zinssenkungshoffnung schwanken.
Mit einem Abschlag von 0,68 Prozent auf 4.815,15 Punkte erreichte der EuroStoxx 50 das Niveau von Mitte August. Der Leitindex der Eurozone rutschte damit auch leicht unter die 200-Tage-Durchschnittslinie, die aufwärts gerichtet ist. Diese ist ein Maß für den langfristigen Trend.
Außerhalb der Eurozone gab der britische Leitindex FTSE 100 ("Footsie") um 0,34 Prozent auf 8.241,71 Punkte nach. Der Schweizer Leitindex SMI fiel um 1,19 Prozent auf 12.031,34 Zähler.
"Die Saisonalität trägt derzeit zur getrübten Stimmung bei", hieß es von den Experten der Bank UBS (SIX:UBSG) angesichts der Kursverluste, die Anleger in den letzten Jahren im September hinnehmen mussten. Vor allem im Technologiesektor , der in dieser Woche abverkauft wurde, rechnen sie mit anhaltenden Schwankungen. Ihrer Einschätzung nach könnten diese für Investoren aber wieder eine Einstiegschance mit sich bringen.
Im europäischen Tech-Sektor ging es denn auch am Donnerstag nochmals bergab: Der Sektorindex markierte ein Tief seit vier Wochen. Wie zuletzt waren dagegen defensivere Anlagen gefragt. Die Spitzenränge in der Sektorwertung hatten daher Versorger (NYSE:XLU) sowie Immobilien inne, deren Indizes jeweils Höchststände seit 2022 erreichten. Im Immobiliensektor herrscht neuerdings Aufbruchstimmung wegen wieder sinkender Zinsen. Aber auch Versorgern, deren Geschäft ebenfalls kapitalintensiv ist, helfen diese Perspektiven.
Am Ende des EuroStoxx verblieben die Luxusgüterwerte, allen voran Hermes (EPA:HRMS) mit einem Kursrutsch um 6,4 Prozent. Sie waren zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand seit einem Monat abgesackt. Verkauft werden die Branchenwerte seit Tagen wegen dürftiger Perspektiven in China, einem besonders wichtigen Absatzmarkt für die teuren Güter dieser Unternehmen.
Für die im EuroStoxx enthaltenen Papiere von Air Liquide (EPA:AIRP) ging es um mehr als drei Prozent abwärts. Sie wurden von der US-Bank Morgan Stanley (NYSE:MS) auf ein negatives Votum abgestuft. Bei dem Gasekonzern fürchtet der Analyst Thomas Wrigglesworth einen zyklischen Abschwung, der in der Aktienbewertung nach dem guten Lauf ignoriert werde.
In London sorgten unter anderem die Papiere von Asos (LON:ASOS) mit einem Kurssprung um gut 18 Prozent für Aufsehen. Der Online-Modehändler hatte bekanntgegeben, dass die Mehrheit an den Marken Topshop und Topman an den Eigentümer der Einzelhandelsgruppe Bestseller verkauft wird. Laut dem Experten Matthew Abraham von der Berenberg Bank setzt Asos mit dieser Maßnahme "erhebliches Kapital" frei, das nun der bereits wirksamen Strategie dienen könne.
Die Aktien von AB Foods hingegen sackten mit einem Minus von 8,5 Prozent klar an das Ende des "Footsie". Die Briten hatten davor gewarnt, dass das Umsatzwachstum bei dem zum Konzern gehörenden Textildiscounter Primark durch schlechte Wetterbedingungen beeinträchtigt worden sei und dass das Zuckergeschäft in diesem Jahr weit weniger profitabel sein werde als erhofft.