PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die europäischen Aktienmärkte haben am Mittwoch vor der Zinsentscheidung der US-Notenbank Fed klar nachgegeben. Deutliche Kursverluste beim Schwergewicht LVMH (EPA:LVMH) belasteten den Luxusgütersektor und hinterließen sowohl im EuroStoxx 50 als auch im Cac 40 Spuren.
Der Eurozonen-Leitindex schloss 1,03 Prozent tiefer auf 4346,15 Punkten. Für das französische Leitbarometer ging es um 1,35 Prozent auf 7315,07 Zähler bergab. Der britische FTSE 100 hielt sich mit minus 0,19 Prozent auf 7676,89 Zähler vergleichsweise besser.
Zu den Abgaben trug zudem die abwartende Haltung am Markt vor der US-Zinsentscheidung am Abend bei. Investoren erhoffen sich von den Währungshütern Aussagen zur weiteren geldpolitischen Entwicklung. "Mit Blick auf die zweite Jahreshälfte 2023 gehen wir davon aus, dass die Zentralbanken endlich die geldpolitische Wende einleiten und sich mehr Sorgen um das Wachstum als um die Inflation machen werden", merkten die Fondsmanager Ariel Bezalel und Harry Richards vom Vermögensverwalter Jupiter Asset Management an.
Damit steigt aber auch das Risiko einer Enttäuschung. "Die Fed muss heute die letzte von elf Zinserhöhungen im laufenden Zyklus beschließen, um die Erwartungen der Investoren zu erfüllen", betonte der Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets. "Alles andere würde wohl die von vielen herbeigesehnte Korrektur am Aktienmarkt einleiten."
Unternehmenszahlen bewegten am Mittwoch teils deutlich. Mit einem Minus von 5,2 Prozent quittierten die Anleger von LVMH die Zahlen des französischen Luxusgüterherstellers für das zweite Quartal. Diese seien insgesamt zwar solide gewesen, doch die Margenentwicklung habe etwas enttäuscht, stellte Analystin Zuzanna Pusz von UBS (SIX:UBSG) fest. Auch andere Werte des Sektors wie Kering (EPA:PRTP) , Hermes (EPA:HRMS) und EssilorLuxottica (EPA:ESLX) reagierten mit Kursverlusten. In Zürich ging es für Richemont (SIX:CFR) ebenfalls nach unten.
Rohstoffwerte rutschten nach den Vortagesgewinnen auch ins Minus. Der britisch-australische Bergbaukonzern Rio Tinto (LON:RIO) bekam die träge Erholung der chinesischen Wirtschaft nach der Corona-Pandemie zu spüren. Der Überschuss sank im ersten Halbjahr um 43 Prozent. Die Dividende sinkt um gut ein Drittel. Die Aktien verloren gut drei Prozent.
Auch der Bankensektor konnte sich den Verlusten nicht entziehen, die allerdings moderat ausfielen. Gute Geschäftszahlen kamen von Santander (BME:SAN) und Unicredit (BIT:CRDI) . Die spanische Großbank hatte im zweiten Quartal weiter von den höheren Zinsen profitiert. Die italienische Bank hatte nach einem starken Ergebnis im zweiten Quartal die Prognose für das laufende Jahr erneut erhöht. Santander gewannen 3,1 Prozent, bei Unicredit blieb am Ende nur noch ein Plus von 0,3 Prozent übrig.
Im Nahrungsmittelsektor belasteten die Verluste von Danone (EPA:DANO) , die um 1,5 Prozent fielen. Der Lebensmittelhersteller habe erneut stark abgeschnitten und mit dem organischen Umsatzwachstum sowie den Margen die Konsensschätzung übertroffen, schrieb Analyst Bruno Monteyne von Bernstein. Die Schätzung für die Marge liege aber schon am oberen Ende der Zielspanne, die Danone für das Jahr anpeile.
Mit einem Kurssprung von gut 21 Prozent sorgten in London die Aktien von Rolls-Royce (LON:RR) für Aufmerksamkeit. Der britische Triebwerkbauer hatte das Gewinnziel erhöht. Analyst David Perry von JPMorgan (NYSE:JPM) sprach von einem signifikant erhöhten Ausblick für das Gesamtjahr.
Noch deutlicher mit einem Aufschlag von fast einem Viertel schlossen in London die Anteile des Online-Lebensmittelhändlers Ocado . Genauere Gründe dafür waren zunächst nicht ersichtlich. Am Markt wurde teils auf mögliche Eindeckungen durch Leerverkäufer verwiesen.