Investing.com - Die getroffene Einigung zwischen Demokraten und Republikanern nimmt eine wichtige Hürde, um den drohenden Zahlungsausfall der USA doch noch rechtzeitig abzuwenden. Unterdessen steigen die Erwartungen der Marktteilnehmer, dass die Fed bei ihrer Juni-Sitzung auf eine Zinserhöhung verzichtet.
1. US-Repräsentantenhaus verabschiedet Gesetzentwurf zur Schuldenobergrenze
Das Drama um die US-Schuldenobergrenze könnte sich in den kommenden Tagen seinem Ende nähern, nachdem das US-Repräsentantenhaus für den zwischen Republikanern und Demokraten ausgehandelten Kompromiss gestimmt hatte.
Die Verabschiedung des Gesetzentwurfs, der eine Aussetzung der Schuldenobergrenze bis 2025 und eine Begrenzung bestimmter Staatsausgaben vorsieht, rückt nun einen Schritt näher, um doch noch rechtzeitig vor dem drohenden Zahlungsausfall am 5. Juni in Kraft zu treten.
Sowohl die Demokraten als auch die Republikaner im Repräsentantenhaus gaben grünes Licht für den Gesetzesentwurf, obwohl es sowohl auf der rechten als auch auf der linken Seite heftige Einwände seitens der Hardliner gab. Das endgültige Abstimmungsergebnis von 314 zu 117 Stimmen wurde von US-Präsident Joe Biden als „parteiübergreifender Kompromiss“ und als Sieg für den Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, gefeiert.
Jetzt steht der Senat im Rampenlicht. Dessen Mehrheitsführer Chuck Schumer hat erklärt, er wolle die Maßnahme „so bald wie möglich“ zur Abstimmung bringen.
2. Gibt es eine Zinspause?
Die Wetten, dass die Fed ihre Zinsanhebungen (wenn auch nur vorübergehend) aussetzen wird, nahmen nach den Äußerungen zweier wichtiger Vertreter gestern erneut Fahrt auf. Dies ist die jüngste Wendung in der anhaltenden Debatte über den optimalen geldpolitischen Kurs der US-Notenbank.
Fed-Gouverneur Philip Jefferson sagte in einer Rede gestern, dass der Verzicht auf eine Zinserhöhung es dem zinsbestimmenden Offenmarktausschuss ermöglichen würde, „mehr Daten abzuwarten“, bevor er über eine weitere Erhöhung der Kreditkosten entscheidet. Jefferson, der von US-Präsident Biden für den stellvertretenden Vorsitz der Fed nominiert wurde, wird weithin als zentrale Figur bei der Gestaltung der künftigen Geldpolitik angesehen.
Unterdessen erklärte der Leiter der Fed in Philadelphia, Patrick Harker, ein stimmberechtigtes Mitglied des FOMC, auf einer Konferenz, dass bei der bevorstehenden Sitzung „ein kleiner Schlenker“ angebracht sein könnte.
Die Aussagen trugen dazu bei, dass die Wahrscheinlichkeit einer Zinspause laut dem Fed Rate Monitor Tool von Investing.com von 37 % am Vortag auf 63 % gestiegen ist.
Andere Fed-Mitglieder teilten diese Ansichten jedoch nicht und argumentierten, dass eine weitere Zinserhöhung erforderlich sein könnte, um die hartnäckig hohe Inflation zu bekämpfen.
3. Neue Daten vom US-Arbeitsmarkt
Vor der endgültigen Zinsentscheidung steht für die Fed-Vertreter die Prüfung einiger wichtiger Wirtschaftsdaten an, darunter eine Reihe neuer Arbeitsmarktdaten. Im Laufe des heutigen Tages wird der nationale Beschäftigungsbericht von ADP voraussichtlich zeigen, dass der Privatsektor in den USA im Mai 170.000 Arbeitskräfte eingestellt hat. Im Vormonat waren es noch 296.000.
Die Zahl wird wahrscheinlich einen ähnlichen Trend bei den mit Spannung erwarteten Arbeitsmarktdaten ohne die Landwirtschaft widerspiegeln, die am Freitag veröffentlicht werden. Ökonomen gehen davon aus, dass in der größten Volkswirtschaft der Welt im vergangenen Monat 180.000 neue Jobs geschaffen wurden. Im April waren es noch 253.000 neue Stellen.
Die geldpolitischen Entscheidungsträger haben erklärt, dass sie diese Zahlen genau im Auge behalten werden, um zu sehen, ob ihre seit über einem Jahr andauernde Straffungspolitik den Arbeitsmarkt abkühlt. Theoretisch könnte diese Abschwächung zu einer Verlangsamung des Preiswachstums beitragen.
4. Futures steigen nach Abstimmung im Repräsentantenhaus
Nach der Verabschiedung des Gesetzes über die Schuldenobergrenze durch das US-Repräsentantenhaus tendieren die US-Aktien-Futures nach oben.
Aktuell wird der Benchmark-Index S&P 500 0,22 % höher, der Dow Future 0,09 % fester und der Nasdaq 100 0,08 % höher gehandelt.
Die wichtigsten Indizes schlossen gestern im Minus, da die Anleger das Ergebnis der Abstimmung im US-Repräsentantenhaus abgewartet haben. Außerdem mussten sie frische Wirtschaftsdaten einordnen, die einen sprunghaften Anstieg offener Stellen im April zeigten. Dies wird allgemein als eine anhaltende Stärke des US-Arbeitsmarktes angesehen.
In Reaktion auf diese Zahlen stieg die Erwartung einer Zinserhöhung durch die Fed im Juni wieder an, obwohl diese Entwicklung später durch die Kommentare von Jefferson und Harker gedämpft wurde.
5. Öl kann trotz volatilem Handel zulegen
Der Ölpreis konnte seine anfänglichen Verluste bei einem unruhigen Handel im bisherigen Tagesverlauf wieder wettmachen, da die Abstimmung im US-Repräsentantenhaus über die Schuldenobergrenze die Vorhersagen beflügelte, dass der größte Ölverbraucher der Welt einen Zahlungsausfall tatsächlich noch abwenden kann.
Aktuell kostet US-Rohöl 0,21 % mehr und wird bei 68,23 USD pro Barrel gehandelt, während der Brent-Kontrakt um 0,28 % auf 72,80 USD pro Barrel steigt.
Der Markt hatte zuvor nachgegeben, nachdem Daten des American Petroleum Institute einen unerwartet starken Anstieg der US-Rohölvorräte in der vergangenen Woche um rund 5,2 Mio. Barrel gezeigt hatten. Dies hatte Befürchtungen vor einem Überangebot ausgelöst.
Die Nachfragesorgen wurden jedoch teilweise durch eine Umfrage im chinesischen Privatsektor ausgeglichen. Daraus ging hervor, dass die Produktionstätigkeit in China im Mai stärker als erwartet zunahm. Diese Zahlen standen im Gegensatz zu den Anfang der Woche veröffentlichten Regierungsdaten und nährten die Hoffnung auf eine Erholung des wichtigsten Ölimporteurs China.