Von Noreen Burke
Investing.com -- Die US-Aktienmärkte befinden sich an der Schwelle zu einem Bärenmarkt. Mit Spannung warten die Marktteilnehmer daher auf das Sitzungsprotokoll der Federal Reserve am Mittwoch, um mehr über die geldpolitische Reaktion der Zentralbank auf die steigende Inflation zu erfahren. Daneben rücken neue Geschäftszahlen aus dem Einzelhandel ins Rampenlicht, nachdem die enttäuschenden Ergebnisse der großen Einzelhandelskonzerne in der vergangenen Woche die Märkte erschüttert haben, die ohnehin schon durch Inflationsängste, steigende Zinssätze, geopolitische Unsicherheiten und die Erwartung einer Rezession schwer angeschlagen waren. Datenseitig bilden die Zahlen zu den persönlichen Einkommen und Ausgaben in den USA - in denen das von der Fed bevorzugte Maß für die Inflation enthalten ist - das Highlight im Wirtschaftskalender, aber auch die PMI-Daten aus der Eurozone und dem Vereinigten Königreich dürften große Beachtung finden. Hier erfahren Sie, was Sie zu Beginn der neuen Handelswoche wissen sollten.
1. Sitzungsprotokoll des Offenmarktausschusses der US-Notenbank Fed
Die Händler hoffen, dass die am Mittwoch vorgelegten Notenbankprotokolle Aufschluss darüber geben werden, ob die US-Notenbank die höchste Inflation seit vier Jahrzehnten eindämmen kann, ohne die Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen.
Fed-Chef Jerome Powell ist zuversichtlich, dass der Zentralbank eine "weiche Landung" gelingen kann. Davon ist die Wall Street jedoch nicht überzeugt, zumal sich die Warnzeichen für eine Rezession mehren.
Die Strategen von Goldman Sachs rechnen mit einer 35%igen Wahrscheinlichkeit, dass die US-Wirtschaft in den nächsten zwei Jahren in eine Rezession gerät, während die Analysten von Wells Fargo (NYSE:WFC) für Ende 2022 und Anfang 2023 eine leichte Rezession erwarten.
Die Fed hat die Zinssätze seit März bereits um 75 Basispunkte angehoben, und die Märkte rechnen mit weiteren Zinserhöhungen um jeweils 50 Basispunkte im Juni und Juli.
Powell hat versprochen, die Zinsen so hoch wie nötig anzuheben, um die Inflation einzudämmen. Das Protokoll dürfte Aufschluss darüber geben, wie hartnäckig die Inflation nach Ansicht der Notenbanker sein wird und ob die Wirtschaft robust genug ist, um eine wesentlich straffere Geldpolitik zu verkraften.
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2. Zahlen aus dem Einzelhandel
Mit großer Spannung fiebern die Marktteilnehmer in dieser Woche den Bilanzzahlen von Costco (NASDAQ:COST), Dollar General (NYSE:DG) und Best Buy (NYSE:BBY) entgegen, nachdem die großen Einzelhandelsunternehmen in der vergangenen Woche mit ihren enttäuschenden Geschäftsergebnissen die Kurse unter Druck gesetzt und die Sorgen um die Wirtschaftsaussichten noch vergrößert haben.
Walmart (NYSE:WMT), der größte Einzelhändler der USA und Konkurrent von Target (NYSE:TGT), meldete, dass die Kaufkraft der US-Verbraucher durch die hohe Inflation beeinträchtigt wird, auch wenn die Geschäfte immer noch gut besucht sind.
Zwar hatten Finanzanalysten an der Wall Street erwartet, dass die steigenden Treibstoffkosten auf die Unternehmensgewinne drücken würden, doch waren sie von der raschen Zurückhaltung der Verbraucher und deren Verlagerung hin zum Kauf von Grundbedarfsgütern mit geringerer Gewinnspanne statt profitablerer allgemeiner Produkte überrascht.
Das Ausmaß des Lageraufbaus und der starken Rabattierung durch die Einzelhändler war nach Meinung der Analysten ebenfalls ein kleiner Schock.
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3. Bärenmarkt?
Die US-Aktienmärkte befinden sich an der Schwelle zu einem Bärenmarkt, d.h. einem Rückgang von mindestens 20 % gegenüber dem letzten Höchststand.
So beendete der S&P 500 den Freitag mit einem Minus von 19 % gegenüber seinem Rekordhoch vom 3. Januar, der Nasdaq liegt mehr als ein Viertel unter seinem Höchststand vom November 2021.
Wegen der Sorge vor einer steigenden Inflation, einer aggressiven Vorgehensweise der Fed und den Aussichten für das Wirtschaftswachstum gerieten die Märkte in den letzten Wochen unter Druck. Der Krieg in der Ukraine, der die Preise für Öl und andere Rohstoffe in die Höhe getrieben hat, hat den Ausverkauf noch weiter angeheizt.
Anhand verschiedener Indikatoren versuchen die Marktteilnehmer gerade herauszufinden, wann und wo es zu einer Erholung an den breiteren Märkten kommen könnte. Zu diesem Zweck ziehen sie den Volatilitätsindex der CBOE heran, der auch als Angstbarometer der Wall Street bezeichnet wird. Obwohl der Index im Vergleich zu seinem langfristigen Durchschnitt gestiegen ist, liegt er immer noch unter den Werten, die bei anderen größeren Kurseinbrüchen erreicht wurden.
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4. Konjunkturdaten
Die USA werden am Freitag die April-Daten zum Einkommen der Privathaushalte und zu deren Ausgaben veröffentlichen. Der Bericht enthält außerdem den wichtigsten Inflationsindikator der Fed, den Kernindex der persönlichen Konsumausgaben. Ökonomen gehen davon aus, dass die Ausgaben im vergangenen Monat trotz der hohen Inflation solide geblieben sind.
Ebenfalls auf dem Wirtschaftskalender stehen die Auftragseingänge langlebiger Wirtschaftsgüter, die nach Einschätzung von Wirtschaftsexperten im Wesentlichen stabil bleiben werden, sowie die Daten zu den Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung und die revidierten Zahlen zum BIP zum 1. Quartal, die leicht nach oben korrigiert werden dürften.
In der Zwischenzeit könnten die Daten zu den Verkäufen neuer Eigenheime auf eine Abkühlung auf dem Immobilienmarkt hindeuten, da die Hypothekenzinsen steigen und die Verbraucher vorsichtiger werden.
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5. Einkaufsmanagerindizes
Das Vereinigte Königreich und die Eurozone werden diese Woche die mit Spannung erwarteten PMI-Daten veröffentlichen.
Die PMI-Daten für die Eurozone per Berichtsmonat April überraschten zwar aufgrund der Wiedereröffnungen im Dienstleistungssektor positiv, allerdings dürften die Daten dieses Monats mehr Aufschluss darüber geben, wie lange die Verbraucher angesichts des Preisanstiegs noch bereitwillig Geld für nicht essentielle Dienstleistungen ausgeben werden.
Für Bewegung an den Märkten dürfte auch der deutsche Ifo-Geschäftsklimaindex für Mai sorgen, der gleich zu Wochenbeginn auf der Agenda steht.
In Großbritannien dürfte der Einkaufsmanagerindex in diesem Monat auf einen Nachfragerückgang im Dienstleistungssektor hindeuten. Am Montag wird der Gouverneur der Bank of England, Andrew Bailey, eine Rede halten.
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-- Mit Material von Reuters