Von Peter Nurse
Investing.com - Das britische Pfund setzte seine Talfahrt im europäischen Frühhandel am Montag ungebremst fort. Gegenüber dem weiter rasant aufwertenden US-Dollar fiel das Cable im Zuge von Zweifeln der Händler an der Nachhaltigkeit des Wirtschaftsplans der neuen britischen Regierung auf ein Rekordtief.
Der Kurs des britischen Pfunds stürzte am Montag um bis zu 5 % auf ein Allzeittief von 1,0327 Dollar ab, bevor er sich um 1,0714 Dollar stabilisierte. Das sind 1,7 % unter dem Schlusskurs der vorherigen Sitzung.
Der Schwächeanfall folgte auf heftige Verkäufe am Freitag, nachdem der neue britische Finanzminister Kwasi Kwarteng das größte Steuersenkungspaket des Inselstaates seit 50 Jahren vorgestellt hatte, das trotz des verlangsamten Wachstums und des massiven Zwillingsdefizits des Landes wahrscheinlich durch die größte Kreditaufnahme seit 1972 finanziert werden muss.
In einem Interview am Sonntag erklärte Kwarteng, er wolle die Steuern weiter senken, um das Wirtschaftswachstum in Großbritannien anzukurbeln. Der BBC sagte er, es werde noch "mehr kommen".
"Für die Anleger von Pfund-Anleihen hat sich eine Reihe von Herausforderungen ergeben. Das Mini-Budget des Finanzministeriums hat kaum zur Vertrauensbildung beigetragen", so die Analysten der ING (AS:INGA) in einer Kurzmitteilung. "Die sich ausweitenden Zinsdifferenzen tragen ebenfalls nicht gerade zum Wohlbefinden des Pfunds bei."
Dem Pfund drohen den Experten der US-Investmentbank Goldman Sachs (NYSE:GS) nach weitere Kursverluste.
"Angesichts der umfangreichen ungedeckten Ausgaben auf der Haushaltsseite, die von der Geldpolitik nicht ausgeglichen werden können, dürfte die Währung weiter schwächeln", so die Devisenanalysten von Goldman Sachs in einer Mitteilung. "Wir revidieren unsere GBP-Prognosen gegenüber dem EUR auf 0,92, 0,90 und 0,88 auf Sicht von 3, 6 und 12 Monaten (gegenüber 0,85, 0,83 und 0,84 zuvor). Außerdem senken wir unsere GBP/USD-Prognosen für die nächsten 3, 6 und 12 Monate auf 1,05, 1,08 und 1,19."
Die Händler rechnen nun mit einer robusteren Reaktion der Bank of England nach ihrer Anhebung um nur 50 Basispunkte in der vergangenen Woche. Der Markt preist eine Zinserhöhung um mindestens weitere 135 Basispunkte bis November ein.
Fraglich ist jedoch, inwieweit dies die angeschlagene Inselwährung stützen wird.
"Short auf das Pfund ist nicht nur der bevorzugte Handel des Marktes für einen Stagflationsproxy, sondern das Pfund steht auch vor einem Vertrauensproblem", sagte Christopher Wong, ein Währungsstratege bei der Oversea-Chinese Banking Corp. in Singapur. "Wir bleiben vorsichtig, was eine mögliche Herabstufung des britischen Staatsratings oder des Ausblicks angeht."
Die Pfund-Schwäche verhalf dem als sicherer Hafen geltenden US-Dollar zu dem höchsten Stand seit mehr als 20 Jahren im Vergleich zu einem Korb der wichtigsten Gegenwährungen.
Bis 11.50 Uhr stieg der US Dollar Index, der den Greenback gegenüber einem Korb von sechs anderen Währungen abbildet, um 0,4 % auf 113,430.
Auch der Euro musste deutliche Einbußen hinnehmen: Der EUR/USD verlor 0,6 % auf 0,9632, nachdem er zuvor auf ein neues 20-Jahres-Tief unter 0,96 gefallen war.
Die Eskalation im Ukraine-Krieg, bei der Russland weithin kritisierte Referenden abhält, die auf die gewaltsame Annexion von Territorium abzielen, hat die Einheitswährung ebenso belastet wie die Ungewissheit im Zusammenhang mit den Wahlen vom Wochenende in Italien, die ein Rechtsbündnis an die Macht in der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone bringen dürften.
Für den USD/JPY ging es um 0,4 % auf 143,86 nach oben. Der Yen gab trotz der Intervention der japanischen Behörden in der vergangenen Woche, die den Yen zum ersten Mal seit 1998 stützte, nach.
Laut aktuellen Daten hat die japanische Wirtschaftsaktivität im September leicht zugenommen, aber die Aussichten für die japanische Wirtschaft bleiben wegen der hohen Inflation und der Abwertung des Yen belastet.
Der besonders für die Risikostimmung anfällige AUD/USD fiel um 0,6 % auf 0,6491, während der Yuan um 0,5 % auf 7,1620 stieg. Trotz mehrerer Maßnahmen der People's Bank of China zur Eindämmung weiterer Währungsverluste erreichte der Yuan ein neues Zweijahrestief gegenüber dem Dollar.