PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die europäischen Aktienmärkte haben am Mittwoch deutlich nachgegeben. Das kräftige Minus des Schwergewichts LVMH (EPA:LVMH) zog den Leitindex EuroStoxx 50 gegen Mittag um 1,3 Prozent nach unten auf 4334,84 Punkte. Für den französischen Cac 40 ging es noch stärker um 1,62 Prozent auf 7295,13 Punkte abwärts. Der britische FTSE 100 hielt sich dagegen mit einem Minus von 0,33 Prozent auf 7666,05 Zähler etwas besser.
Zu den Abgaben trug auch die abwartende Haltung am Markt bei. Vor der US-Zinsentscheidung und im sehr dünnen Sommerhandel blieben die Marktteilnehmer "lieber an den Seitenlinien stehen", so Marktexperte Andreas Lipkow. Investoren erhoffen sich von den US-Währungshütern Aussagen zur weiteren geldpolitischen Entwicklung. "Mit Blick auf die zweite Jahreshälfte 2023 gehen wir davon aus, dass die Zentralbanken endlich die geldpolitische Wende einleiten und sich mehr Sorgen um das Wachstum als um die Inflation machen werden", merkten die Fondsmanager Ariel Bezalel und Harry Richards vom Vermögensverwalter Jupiter Asset Management an.
Damit steigt aber auch das Risiko einer Enttäuschung. "Die Fed muss heute die letzte von elf Zinserhöhungen im laufenden Zyklus beschließen, um die Erwartungen der Investoren zu erfüllen", betonte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets. "Alles andere würde wohl die von vielen herbeigesehnte Korrektur am Aktienmarkt einleiten."
Unternehmenszahlen zogen teilweise deutliche Kursbewegungen nach sich. Mit deutlichen Kursverlusten reagierten die Aktien des französischen Luxusgüterherstellers LVMH auf die Zahlen für das zweite Quartal. Diese seien insgesamt zwar solide gewesen, doch die Margenentwicklung habe etwas enttäuscht, stellte Analystin Zuzanna Pusz von der UBS (SIX:UBSG) fest. Zuletzt verlor das Marktschwergewicht 4,3 Prozent. Auch andere Werte des Sektors wie Kering (EPA:PRTP) , Hermes (EPA:HRMS) und EssilorLuxottica (EPA:ESLX) reagierten mit Kursverlusten.
Rohstoffwerte rutschten nach den Vortagesgewinnen ebenfalls ins Minus. Der britisch-australische Bergbaukonzern Rio Tinto (LON:RIO) bekam die träge Erholung der chinesischen Wirtschaft nach der Corona-Pandemie zu spüren. Der Überschuss sank im ersten Halbjahr um 43 Prozent. Die Dividende sinkt um gut ein Drittel. Die Aktie gab um 1,8 Prozent nach.
Auch der Bankensektor konnte sich den Verlusten nicht entziehen. Daran änderten auch gute Zahlen von Santander (BME:SAN) und Unicredit (BIT:CRDI) nichts. Die spanische Großbank hatte im zweiten Quartal weiter von den höheren Zinsen profitiert. Die italienische Bank hatte nach einem starken Ergebnis im zweiten Quartal die Prognose für das laufende Jahr erneut erhöht. Santander gewannen 1,3 Prozent, Unicredit 0,7 Prozent.
Der Pharmabereich notierte trotz guter Zahlen von GSK ebenfalls leichter. Der britische Pharmakonzern hatte zur Zahlenvorlage am Mittwoch die Jahresziele für Umsatz und Ergebnis angehoben. Immerhin reichte es bei der Aktie für ein kleines Plus von 0,7 Prozent.
Im Nahrungsmittelsektor belasteten unterdessen die Verluste von Danone (EPA:DANO) , die um drei Prozent fielen. Der Lebensmittelhersteller habe erneut stark abgeschnitten und mit dem organischen Umsatzwachstum sowie den Margen die Konsensschätzung übertroffen, schrieb Analyst Bruno Monteyne von Bernstein. Die Schätzung für die Marge liege aber schon am oberen Ende der Zielspanne, die Danone für das Jahr anpeile.
Mit einem Kurssprung machte dagegen die Aktie des britischen Triebwerksbauers Rolls-Royce (LON:RR) auf sich aufmerksam. Ein erhöhtes Gewinnziel des Konzerns katapultierte den Aktienkurs um mehr als 18 Prozent nach oben. Analyst David Perry von JPMorgan (NYSE:JPM) sprach von einem signifikant erhöhten Ausblick für das Gesamtjahr.