Investing.com - Mehr als sechs Prozent Verlust am Donnerstag: der Online-Riese Alibaba (NYSE:BABA) ist in den Talfahrt-Modus übergegangen und verschreckt damit die Anleger. Auch die Aktienkurse des chinesischen Suchmaschinen-Riesen Baidu (NASDAQ:BIDU) und des Smartphone-Bauers Xiaomi (HK:1810) rauschen in den Keller.
Treiber für die Bewegung ist wohl ein Gesetz, das strengere Regeln für den Umgang von Unternehmen mit Nutzerdaten vorsieht. Damit nimmt China seinen Tech-Sektor weiter an die kurze Leine.
Wie das chinesische Staatsfernsehen am Freitagmorgen berichtete, hat die gesetzgebende Gewalt der asiatischen Supermacht ein Gesetz zum Schutz persönlicher Daten gebilligt. Bloomberg hatte darüber als erstes berichtet.
Nähere Details der neuen Regelung wurden noch nicht bekannt gegeben, aber aus früheren Entwürfen ging hervor, dass die Unternehmen die Zustimmung der Nutzer zur Erhebung, Nutzung und Weitergabe von Daten einholen und ihnen die Möglichkeit geben müssen, sich dagegen zu entscheiden. Unternehmen, die gegen die Vorschriften verstoßen, müssen mit Geldstrafen von bis zu 50 Millionen Yuan (7,7 Millionen Dollar) oder 5 Prozent ihres Jahresumsatzes rechnen, wie die Nachrichtenagentur berichtete.
Der Schritt belastete den gesamten chinesischen Aktienmarkt. Der Shanghai Composite sank um 1,22 Prozent, der CSI300 um 2,24 Prozent und der technologielastige ChiNext sackte um 1,66 Prozent ab.
Bereits gestern war der Golden Dragon China Index (NASDAQ:PGJ), der in chinesische Schwergewichte wie Alibaba, Baidu, JD.com (NASDAQ:JD) und Nio (NYSE:NIO) investiert, um 5,31 Prozent abgestützt. Mit 40,26 Dollar schloss der ETF von Invesco auf dem tiefsten Stand seit Anfang Mai 2020. Seit Jahresanfang steht ein Verlust von 36 Prozent zu Buche.
Die E-Commerce-Plattform Pinduoduo (NASDAQ:PDD) hat seit Anfang Juni 55 Prozent verloren, die Kurzvideo-App Bilibili (NASDAQ:BILI) ist um 39,1 Prozent gesunken, der Videospielehersteller und Betreiber der WeChat-App Tencent Holdings (HK:0700) (TCTZF) hat 26 Prozent eingebüßt, die führende E-Commerce-Plattform Alibaba Group Holding hat 29 Prozent abgegeben, die konkurrierende Plattform JD.com hat 27 Prozent verloren, der Smartphone-Hersteller Xiaomi ist um 31 Prozent gefallen und die Suchmaschine Baidu hat 36 Prozent eingebüßt.
Die chinesischen Behörden nehmen gerade viele Bereiche des Internets unter die Lupe, darunter Essenslieferungen, Fintech und Bildung, erlassen Bußgelder für schlechtes Verhalten und erzwingen Änderungen der Geschäftspraktiken. Ihr Ziel: die Eindämmung von Monopolen. Alle diese Plattformen verzeichneten im Corona-Jahr ein enormes Wachstum. Mit der Lockerung der Beschränkungen im Jahr 2021 hat die neue Regulierung jedoch für mehr Gegenwind gesorgt. Die großen Player wie Alibaba, Tencent und Meituan (HK:3690) haben versprochen, ihre Investitionen zu erhöhen, um "ein gutes Verhalten zu zeigen."
Dies werde jedoch die Gewinne für 2021 und vielleicht bis 2022 senken, sagte Alastair Campbell, Equity Investment Manager bei Aegon (AS:AEGN) AM. Die langfristigen Aussichten für viele dieser Unternehmen seien nach wie vor sehr positiv, aber kurzfristige Volatilität sei wahrscheinlich.
Allerdings gebe es auch Schlüsselbereiche, die sich laut Campbell weiterhin gut entwicklen sollten. Dazu zählt er Sportbekleidungsunternehmen und die Produktion erneuerbarer Energien. "Aktien, die dem Konsum ausgesetzt sind, sollten 2021 gut abschneiden, auch wenn die Straffung der Politik und die Vorsicht bei Plattformen das Feld einengen. Chinesische Sportbekleidungsunternehmen wie Anta Sports (HK:2020) sind gut positioniert, um vom Umschwung in der Verbraucherpräferenz hin zu heimischen Marken und der Aufmerksamkeit für Sportturniere zu profitieren", fügte er hinzu.
US-Starinvestorin Cathie Wood, die im Juli alle China-Aktien aus dem ARKK (NYSE:ARKK)-Portfolio geworfen hat, sieht das Vorgehen der chinesischen Führung gegen seine Tech-Giganten ebenfalls kritisch. Eine schnelle Erholung bei Aktien aus der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt erwartet sie nicht.
"Die Bewertungen werden noch lange Zeit niedrig bleiben, bis sie für ausländisches Kapital wieder attraktiver werden und sich eventuell etwas mehr in die Welt integrieren wollen", sagte Wood in einem Bloomberg-Interview am 13. August. Das harte Durchgreifen der chinesischen Regierung stehe "im Widerspruch zu ihrem Wunsch, eines der innovativsten Länder der Welt zu werden".
"Das ganze Land ist darauf ausgerichtet, die Nummer eins in Sachen Innovation zu werden", sagte sie. "Ich frage mich allerdings, ob sich dort etwas ändert." Dennoch hatte Wood am Dienstag vergangener Woche in einem von ihrer Firma Ark Investment Management veranstalteten Webinar gesagt, dass sie chinesischen Aktien gegenüber "aufgeschlossen" bleibe, vor allem aus dem Bereich Innovation.