PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Europas Börsen haben am Donnerstag nach einem Erholungstag schon wieder den Rückwärtsgang eingelegt. Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) verlor 0,86 Prozent auf 3126,67 Punkte, womit sich seine Vortagsgewinne als Strohfeuer erwiesen. Weil die New Yorker Börsen wegen des Feiertags "Thanksgiving" geschlossen blieben, kamen von dort am Nachmittag keine neuen Impulse mehr für den hiesigen Markt.
Am Vortag hatte sich der Leitindex der Eurozone nach fünf Verlusttagen in Folge um mehr als ein Prozent erholt. Doch der Haushaltsstreit mit Italien sowie die Brexit-Verhandlungen seien neben den globalen Handelskonflikten weiterhin ungelöste Belastungsfaktoren, schrieben die Experten der Postbank. Tags zuvor hätten Schnäppchenjäger diese nur vorübergehend ausgeblendet.
An den wichtigsten Länderbörsen herrschten am Donnerstag entsprechend wieder negative Vorzeichen: Der Pariser Cac 40 (CAC 40) verlor 0,75 Prozent auf 4938,14 Punkte. Der Londoner FTSE 100 (GB0001383545) gab um 1,28 Prozent auf 6960,32 Zähler nach und in Mailand ging es für den FTSE MIB um knapp 0,7 Prozent bergab.
Die Anleger auf Trab hielt am Donnerstag einmal mehr der Streit Italiens mit der EU über die Schuldenpläne. Die Regierung in Rom gibt sich unverändert wenig kompromissbereit, erlitt aber mit dem Verkauf von sogenannten "Patriotenanleihen" eine Schlappe. Am Markt wurde eine geringe Nachfrage unter inländischen Anlegern als Misstrauensvotum gegen die Wirtschaftspolitik gewertet.
In puncto Brexit-Gespräche gab es derweil aber neue Hoffnung auf Fortschritte: wie EU-Ratspräsident Donald Tusk am Donnerstag bestätigte, einigten sich Unterhändler der britischen Regierung und der EU-Kommission "im Prinzip" auf den Entwurf für eine politische Erklärung zu den künftigen gegenseitigen Beziehungen. Gewertet wurde dies als wichtiger Schritt, wenngleich der Prozess noch nicht am Ziel sei. Europaweit standen endeten fast alle Branchen im Minus, einzig Einzelhandel (STOXX Europe 600 Retail) und die Touristik (Stoxx 600 Travel & Leisure PR) konnten sich mit ihren Branchenindizes knapp über Wasser halten. Am stärksten gerieten dieses Mal Telekom- (STOXX Europe 600 Telecom), Chemie- (Stoxx 600 Chemicals PR) sowie Rohstoffwerte (Stoxx 600 Basic Resources PR) mit Abschlägen von bis zu 1,6 Prozent unter Druck.
Unter den Rohstoffwerten, die vor allem an der Londoner Börse gehandelt werden, fielen jene des Gold- und Silberminenbetreibers Fresnillo (3:FRES) mit einem Kursrutsch um 12 Prozent negativ auf. Als Ursache galt hier ein negativer Kommentar der Experten von Morgan Stanley (112:MWD), die eine Abstufung auf "Underweight" mit Rechtsrisiken bei den Minen in Mexiko begründeten.
In der Telekombranche waren die Blicke unter anderem auf die Anteilscheine des Internet- und Breitbandkonzerns Altice (7:ATCA) Europe (7:ATCA) gerichtet, die in Amsterdam wegen enttäuschender Quartalszahlen um fast 12 Prozent einbrachen. Am Markt wurde dies mit den Folgen eines Preiskampfes in Frankreich begründet.
Auch Versorgeraktien verloren deutlich mit schwachen Branchennachrichten als Auslöser. In London waren die Anteile von Centrica (3:CNA) (3:CNA) um mehr als 9 Prozent abgesackt, weil der Energiekonzern im ersten Quartal wegen der in Großbritannien beschlossenen Preisdeckelung mit einem deutlichen Rückgang des operativen Gewinns rechnet.