Nach fast einem Jahr an Gerüchten und Spekulationen wird der chinesische Technologiekonzern Xiaomi (HK:1810), der Smartphones, Haushaltsgeräte und Lifestyleprodukte herstellt, zu guter Letzt am Montag, dem 9. Juli, in Hongkong an die Börse gehen. Bei dem mit Spannung erwartete Börsengang sollte den Erwartungen nach die Firma mit 100 Mrd USD bewertet werden. Diese Zahlen sind jedoch nach unten korrigiert worden, zuerst auf 85 Mrd USD und dann auf 65 Mrd USD.
Das Unternehmen hatte auf einen Kurs von 17 bis 22 Hongkong Dollar (2,17-2,81 USD) gehofft. Es scheint so, als müsse sich Xiaomi mit dem unteren Ende des Spektrums begnügen, seit es angekündigt hat, die Anteile würden zu 17 HKD ausgegeben werden.
Das würde die Firma immer noch mit ingesamt 54 Mrd USD bewerten, erheblich weniger als die meisten—wenn nicht alle—Schätzungen. Trotz alledem wird es immer noch als einer der größten Börsengänge in diesem Jahr angesehen.
Mit einem Datum und dem Ausgabekurs etabliert, ist es an der Zeit sich das Unternehmen selbst anzuschauen. Xiaomi wurde in 2010 von gegenwärtigen Unternehmenschef Lei Jun gegründet.
Das erste Produkt, das Mi 1 Smartphone, wurde in 2011 eingeführt. Seitdem hat sich die Firma diversifiziert und ist im Verlauf weiter gewachsen, um zu einem der heißesten Technologiewerte weltweit zu werden. Und das Unternehmen hat keine Probleme das zur Kenntnis zu nehmen.
Sollten Sie es damals nicht mitbekommen haben, Anfang Mai gab Xiaomi das für einen Börsengang notwendige Material heraus. Sie können es hier finden.
Seien Sie allerdings gewarnt, es ist mehr als 600 Seiten lang und enthält 46 Seiten zu 'Risikofaktoren' für sein Geschäft, 64 Seiten zum Geschäft selbst und 51 Seiten an Finanzinformationen. Da das eine Menge zu lesen ist, gibt es hier, was ins Auge fällt.
Xiaomis Vision: "Freunde unserer Nutzer sein. Das coolste Unternehmen im Herzen unserer Nutzer" (Seite 176).
Aber Scherz beiseite, Xiaomi sieht sich selbst als Unternehmen, dass auf zwei Säulen ruht: Hardware und Internetdienstleistungen. Lei Jun behauptet, dass Xiaomi "mehr als ein Hardwarehersteller ist. [Es ist] eine innovationsgetriebene Internetfirma." Allerdings, das Hardware etwa 91% von Xiaomis Gesamtumsatz von 17,3 Mrd USD in 2017 oder 15,6 Mrd USD hereinbrachte, ist das ein guter Ausgangspunkt.
Xiaomi Hardware
Diese Division ist in zwei Bereiche gespalten: Smartphones (77% des Hardwareumsatzes, 12,1 Mrd USD) und das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) und Lifestyle-Produkte (23%, 3,5 Mrd USD). Zum jetzigen Zeitpunkt sind Smartphones de facto Xiaomis Geschäft. Glücklicherweise stieg der Umsatz in diesem Segment in 2017 um 65%, was das Unternehmen zum weltweit viertgrößten Hersteller im Hinblick auf ausgelieferte Geräte macht.
Xiaomi strebt an, eine breite Kundschaft zu erreichen und bietet daher etwa ein Dutzend Smartphones zu verschiedenen Preisen an, von 120 USD bis über 700 USD. Diese Strategie hat das Wachstum befeuert, sodass die Firma plant weiter Produkte mit hohen Umsätzen bei geringen Margen zu verkaufen. Es konkurriert hier im Wesentlichen über den Preis.
Lifestyle-Produkte und smarte Geräte sind der zweite Teil der Hardwareseite. Wie von der Graphik oben illustriert wird, stellt Xiaomi so ziemlich alles her von Staubsaugern zu Stiften. Dieser Bereich lief in 2017 sogar noch besser als Smartphones und wuchs um 88%.
Insgesamt sie Xiaomis Hardwaregeschäft vielversprechend aus. Der niedrige Preis von Xiaomis Smartphones lockt Käufer an, das klare Design ist häufig von Apples (NASDAQ:AAPL) Geräten 'inspiriert' und die Leistung ist mehr als ausreichend. Die niedrigen Preise der Firma machen sie für ein breites Spektrum für Verbraucher attraktiv. (Volle Transparenz: Ich benutze ein Smartphone von Xiaomi.)
Internet-Dienste
Internet-Dienste sind noch unbedeutend, aber die Richtung in die sich Xiaomi bewegen will. Dieses Segment mit 1,5 Mrd USD Umsatz baut auf Werbeeinnahmen und Transaktionen in Spielen und auf Inhalteplattformen auf. Die Firma schätzt, dass etwa 170 Mio Menschen täglich ihr Betriebssystem MIUI nutzen. Zum Vergleich, Apple hat etwas 1,3 Mrd aktive Geräte weltweit.
Die Werbeeinnahmen kommen von Xiaomis Online-Verteilungssystemen wie mobilen Apps und Smart-TV. Das Unternehmen betreibt einen App Store, einen Musikdienst, einen Videodienst und hat seinen eigenen Browser und noch einige andere Dinge.
Die Firma rechnet damit, dass mit ihrer wachsenden Nutzergemeinde, neue Kunden ihre Dienste nutzen werden. Auch wenn das durchaus Sinn ergibt, mit tausenden Wettbewerbern wie spezialisierten Branchengrößen (Google (NASDAQ:GOOGL)) bei Browsern, (Spotify (NYSE:SPOT) bei Musik und Apple) und im Videostreaming Netflix (NASDAQ:NFLX) und Amazon (NASDAQ:AMZN) macht es schwer zu sehen, wie effektiv Xiaomi außerhalb Chinas mithalten kann. Aber natürlich, der chinesische Markt ist enorm.
Geographische Reichweite
Xiaomi verkauft etwa 72% seine Telefone in China. Hinzu kommt, Xiaomi ist am stärksten in einem besonders umkämpften Markt innerhalb Chinas, die ländlichen Gebiete. Diese Regionen sollen in dem nächsten Jahrzehnt modernisiert werden, womit sie möglicherweise in Zukunft zu einem starken Wachstumsbringer für die Firma werden könnten. In 2017 lag die Internetverfügbarkeit in den chinesischen Städten bei 70%, während es auf dem Land nur 35% waren. Damit gibt es noch erhebliches Wachstumspotential zu heben.
Xiaomi könnte von einem weiteren Vorteil profitieren. Während viele westliche Marken Schwierigkeiten haben in dem chinesischen Markt Fuß zu fassen, haben sich chinesische Marken als attraktiver für westliche Verbraucher erwiesen. Xiaomi macht derzeit große Anstrengungen in Europa und es mehr als wahrscheinlich, dass die europäischen Verbraucher den Wert von Xiaomis Produktlinie erkennen werden. Die Marke hat noch keinen Zeitplan für eine Expansion in die USA.
Stimmrechte der Aktionäre
Wie bei jedem Börsengang ist die Verwaltungsstruktur ein wichtiger Faktor. Xiaomi ist der erste Börsengang seit eine Reform an Hongkonger Börse in Kraft getreten ist, die es den Gründern erlaubt, mehr Stimmrechte zu behalten, indem sie zwei Klassen von Aktien ausgeben, deren Stimmrechte unterschiedlich sind. Mit diesen wird Lei Jun etwa 29,4% der Aktien besitzen, aber 60% der Stimmrechte behalten. Das wird es ihm ermöglichen, das letzte Wort in allen Fragen zu haben. Dennoch, da die Firma unter seiner Führung erstaunlich gut gelaufen ist, dürfte es nicht zu riskant sein, ihm auch in Zukunft die Leitung des Unternehmens zu seinen Bedingungen zu gewähren. Dies könnte allerdings in Zukunft noch zu einem Problem werden.
Unterm Strich
Xiaomia operativer Gewinn in 2017 lag bei 1,8 Mrd USD, mehr als das Dreifache des Jahresergebnisses in 2016. Rechnet man die Ausgabe von einlösbaren Vorzugsaktien mit ein, dann dürfte der Nettogewinn 800 Mio USD betragen haben. Legt man die 54 Mrd USD Marktwert zugrunde, dann ergibt sich für Xiaomi beim Börsengang ein KGV von 67,5. Das ist sehr hoch. Andererseits, der Umstand, dass es ein KGV vorzuweisen hat, bedeutet, dass das Unternehmen schon jetzt profitabel ist.
Bloomberg News schätzt, dass die Bewertung beim Börsengang dem 22,7 fachen des Reingewinns von 2019 entspricht, unter der Annahme, dass eine Mehrzuteilungsoption (Greenshoe), die es den Konsortionalbanken erlaubt eine festgelegte Anzahl zusätzlicher Aktien zum Emissionspreis zu kaufen, voll ausgeschöpft wird.
Schlussfolgerung
Bei den Maßstäben von Technologiewerten, scheint der geforderte Preis bei diesem Börsengang vernünftig zu sein. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Kennzahlen erwarten wir weiteres Wachstum bei Xiaomi; eine Bewertung vom 22,7 fachen des Gewinns vom nächsten Jahr ist akzeptabel, da es außerhalb Chinas Marktchancen gibt. Allerdings ist der Emissionskurs häufig nicht der erste Kurs im Handel, sodass es interessant werden dürfte, was der erste 'Einzelhandelspreis' sein wird.
Xiaomi geht in Hongkong an die Börse und es nicht klar, ob und wann es zu einem Listing in den USA via American Depository Receipts (ADR) kommen wird. Allerdings, Xiaomi will ein weltweit führender Technologiekonzern werden und mit Apple, Google und Samsung (KS:005930) mithalten.
Ob man in Xiaomi investieren will oder nicht, wenn man auf den Technologiesektor setzt, dann sollte man diesen neuen und wettbewerbsfähigen Konkurrenten kennen.